Arno Alexander - Abteilung G.

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Verbrecherbanden tyrannisieren New York, allen voran die einander bekriegenden Banden von Mc Carthy und Petersen. Zu deren Bekämpfung hat die New Yorker Polizei eigens die Abteilung G. eingerichtet – ausgesuchte «Gorillas», die speziell geschult sind und von denen die anderen Polizisten nicht einmal den Namen kennen. Als Maud Murray zusammen mit dem Polizisten Arthur Lennox am Pennsylvania-Bahnhof auf Mauds Mann Dick wartet, der nach sieben Monaten von einer Kur in Europa zurückkehrt, erleben sie eine böse Überraschung: Dick wird, kaum ausgestiegen, von der Polizei verhaftet; er hat, wie er ihnen noch selbst mitteilen kann, im Zug einen Mann erschossen. Da wissen die beiden noch nicht, dass es mit Dick Murrays Arbeit bei der Feuerwehr eine ganz besondere Bewandtnis hat und dass nach seiner Freilassung nun Dick selbst in höchster Lebensgefahr schwebt. Am gleichen Abend noch erhält Maud Besuch von Inspektor Hearn, dem gefährlichsten Geheimpolizisten von New York. Maud scheint ein seltsames Doppelspiel zu betreiben. Und sie ist, wie sich herausstellt, nicht die Einzige. Bald ereignet sich ein grässlicher Mord. Geheimpolizist Hearn wird derweil durch den Besuch seiner Nichte Edith aufgehalten, die sich, sehr zu seinem Missfallen, aus Europa angekündigt hat. Doch schließlich soll Edith bei der Aufklärung der Verbrechen und der Bekämpfung der Bande Mc Carthys unerwartet eine ganz besondere Rolle zukommen … Ein spannender, actionreicher und zugleich humorvoller Kriminalroman aus der Verbrecher- und Polizeiwelt New Yorks, wie ihn kein anderer besser zu schreiben vermochte als Arno Alexander!-

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Arno Alexander

Abteilung G.

Kriminalroman

Abteilung G.

© 1950 Arno Alexander

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711626061

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

SAGA Egmont www.saga-books.com– a part of Egmont, www.egmont.com

I

„Siebzehn Uhr dreizehn“, sagte Arthur Lennox gedankenvoll und streifte den Ärmel seines feinen Mantels wieder über die Armbanduhr. „Ich wußte es doch: Wir würden viel zu früh hier sein.“

Maud Murray lächelte.

„Das macht nichts“, sagte sie freundlich. „Wir können ja warten. Oder haben Sie keine Zeit?“

„Für Sie keine Zeit?“ antwortete Lennox und schüttelte wehmütig den Kopf. „Sie wissen doch —“ Er unterbrach sich und deutete auf eine Glastür, hinter der man Menschen sah, die behaglich ihren Kaffee tranken. „Wollen wir nicht auch eine Tasse trinken, statt hier zu frieren?“

Maud nickte.

„Gern, aber nur im Stehen. Ich bin zu ungeduldig. Ich könnte nicht einen Augenblick ruhig sitzen, — jetzt, wo es sich nur noch um Minuten handelt!“

„Also gut — im Stehen!“ sagte er, schritt neben ihr her zur Glastür.

Es war in New York, auf dem Pennsylvania Bahnhof, und obwohl hier nur wenige Leute waren, die Zeit zu verlieren hatten, sahen doch fast alle etwas verwundert diesem Paar nach. Es war nicht der Umstand, daß beide — er und sie — gleich hübsch, von gleich geschmeidiger, feingebauter Gestalt waren, der die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkte; es war vielmehr der schroffe Gegensatz in der Kleidung der beiden. Was Lennox trug, stammte von einem der besten Schneider — das sah man auf den ersten Blick. Sie dagegen trug ein billiges Jackett von Kaninfell, ein ebensolches Fellmützchen, einen einfachen, wenn auch kleidsamen Wollrock und Überschuhe, die nicht mehr sehr neu aussahen. Hätte man die Frau allein getroffen, so würde sich niemand über sie gewundert haben, denn sie verstand auch diese billigen Dinge mit Würde zu tragen; aber in Begleitung dieses Mannes wirkte sie befremdend: seine Krawattennadel allein mußte das Zehnfache von dem gekostet haben, was Maud Murray anhatte.

„Sie freuen sich also sehr?“ fragte Lennox leise und wärmte seine erstarrten Hände an der eben gebrachten dampfenden Tasse. „Sehr, ja?“

Maud trank langsam, Schluck für Schluck, den heißen Kaffee.

„Wie können Sie nur fragen?“ gab sie vorwurfsvoll zur Antwort. „Sieben Monate war er weg. Sieben Monate und drei Tage. Und jeder Monat hat dreißig Tage. Es gibt aber auch böse Monate, die haben einen Tag mehr …“

Lennox schob seufzend seine Tasse beiseite und brannte sich eine Zigarette an.

„Ich hatte immer gehofft, Sie würden ihn ein wenig vergessen“, sagte er nachdenklich und starrte auf seine weißen, gepflegten Fingernägel. „Sieben Monate sind doch eigentlich eine recht lange Zeit. Man kann sich umsehen, man kann zur Besinnung kommen, man kann … Nun, man kann schließlich auch mal Vergleiche ziehen. Ich will nichts gegen Dick gesagt haben. Er ist gewiß ein prächtiger Mensch …“

Sie unterbrach ihn lächelnd:

„Aber wenn man ihn mit Ihnen vergleicht, zieht er doch den kürzeren? Das wollten Sie wohl sagen, Mr. Lennox? Bitte, geben Sie mir auch eine Zigarette! Danke. Das wollten Sie doch sagen?“

Lennox lächelte auch, aber es war ein trauriges Lächeln.

„Nein, das wollte ich nicht sagen“, widersprach er. „Ich meinte nur, daß Sie etwas mehr an sich denken sollten. Sie sind nicht dazu geschaffen, die Frau eines armen Feuerwehrmannes …“

„Bitte, nicht!“ sagte sie und hob warnend den Zeigefinger. „Unsere Freundschaft könnte sehr schnell zu Ende sein, wenn Sie etwas Häßliches über Dick sagten. Und — wissen Sie — wozu ich geschaffen bin, das kann ich selbst am besten beurteilen. Wie spät ist es jetzt?“

„Noch nicht ganz halb sechs. Jetzt ist der Zug erst vor der Stadt, und die Dampflokomotive wird mit der elektrischen ausgewechselt . . Maud!“ Er beugte sich vor. „Sie wissen, was Sie mir sind. Ich muß es einmal aussprechen …“

Sie schüttelte den Kopf.

„Sprechen Sie nichts aus, lieber Lennox. Sie können sich denken, so viel Sie wollen, aber ja nichts aussprechen. Ich bin eine tugendhafte Frau, ein bißchen altmodisch …“

„Aber das ist ja nicht wahr“, sagte er heftig. „Sie verleugnen Ihr eigentliches Wesen. Zu etwas ganz anderem sind Sie geschaffen … Und ich — — — wissen Sie, daß ich für Sie alles tun würde, was Sie wünschen … Kein Geldopfer wäre mir zu schade . .“

„Ach Geld!“ warf sie achtlos hin. Dann sah sie ihn ein wenig neugierig von der Seite an. „Gut“, fuhr sie fort, „dann schenken Sie Dick eine Million!“

„Eine Million? Wozu braucht Dick so viel Geld?“

„Dick braucht eine Million, damit er es nicht mehr nötig hat zu arbeiten, damit er eine Wohnung mit Bad nehmen kann, sich jeden Tag massieren lassen kann und alle Länder bereisen, nach denen er Sehnsucht hat.“

Lennox lachte gereizt.

„Sie belieben zu scherzen, und ich dachte schon, Sie machen ernst. Eine Million? Nun, ich wäre froh, wenn ich den zehnten Teil davon hätte. Aber wenn ich Dick nun fünftausend Dollar schenke …“

„Was soll er damit?“ fragte sie leichthin und zog ihre Handschuhe an.

„Nun, dasselbe, was Sie vorhin aufzählten: Wohnung mit Bad, Masseur, Reisen …“

„Und das alles mit Ihren fünftausend Dollar?“ rief sie und lachte hell auf. „Sie scherzen, und ich dachte schon, Sie meinten es im Ernst. Sie vergessen bei Ihrem Scherz aber, daß fünftausend Dollar ein recht armseliges Geschenk an einen Freund sind, wenn man — — — Aber genug des Scherzens. Kommen Sie, wir gehen!“

Er faßte sie beim Arm und hielt sie zurück.

„Nur einen Augenblick noch. Sie sagten … Sie ließen den Satz unbeendet. Es wäre ein armseliges Geschenk an einen Freund, wenn man — nun?“

„Wenn man damit auch nur das winzigste Anrecht auf die Frau des Freundes erkaufen will“, sagte sie ruhig und schritt hinaus, ohne ihn anzusehen.

Lennox warf ein Geldstück auf den Tisch und folgte ihr rasch. Wieder sahen sich die Leute nach dem ungleichen Paar um, aber jetzt verweilten ihre Blicke nur für Sekunden bei ihnen, denn die allgemeine Aufmerksamkeit hatte sich anderen Dingen zugewendet.

„Der Zug! Der Zug!“ rief Maud und winkte Lennox, ihr zu folgen. Sie lief so schnell, daß er nur mit Mühe mitkommen konnte, und er war doch nicht alt und hatte oft Gelegenheit, sich im Laufen zu üben.

Wie eine lebendige Mauer standen die Menschen da, als der Zug langsam einfuhr. Befehle wurden laut, verzweifeltes Rufen nach dem Gepäckträger, erstickte Schreie der Wiedersehensfreude. Maud lief hin und her, von Wagen zu Wagen. Ihre Wangen glühten, die Augen leuchteten, aber noch immer suchte sie vergeblich nach dem Erwarteten.

„Maud! Maud!“

Das war seine Stimme! Maud warf sich herum, stieß sich zornig durch die Reihen der ihr entgegendrängenden Menschen, und dann stand sie vor ihm — einem kräftigen Mann von mittlerem Wuchs, mit wettergebräuntem, frischem Gesicht.

„Dick! Mein Dick!“ Sie flog ihm in die Arme, daß ringsherum einige Leute belustigt auflachten.

„Da bist du ja! Ja, da bist du ja“, murmelte er. „Meine Maud! Mein Einziges … Ist Lennox nicht da?“

„Oh, er ist auch da!“ rief sie glücklich. „Irgendwo hier in der Nähe wird er sein. Aber ich habe dich zuerst gefunden! Oder du mich. Ach, das ist ja ganz gleich!“

„Maud, wo ist Lennox? Ich muß ihn sofort sprechen.“

Sie horchte unwillkürlich auf. Sein Ton war so ganz anders, als sie ihn sich sieben Monate lang für diese Stunde vorgestellt hatte. Rasch löste sie sich aus seiner Umarmung und sah ihn an. Sein Gesicht, so braun und frisch es aussah, verriet doch etwas Besorgtes, fast Ängstliches.

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