1 ...7 8 9 11 12 13 ...24 Adam wurde über die meisten Sachen, die Omegas betrafen, wütend. Beau fragte sich schon seit einer Weile, ob er einen Omega-Bruder hatte, den er beschützen wollte, aber er hatte keinen Weg gefunden, danach zu fragen, ohne zu klingen, als wollte er Adams hypothetischen Bruder daten. Das war nicht die Art von Frage, die ein Alpha stellen konnte, ohne einen Kampf auszulösen, und Adam schien sowieso ständig auf einen aus zu sein.
Auf den zweiten Blick war Adam vielleicht genau die falsche Person, die man um Rat wegen dem kranken, verängstigen Omega, den Beau Hals über Kopf heiraten wollte, fragen sollte. Es war sowieso egal. Beau wusste, was mit Roland los war, und Roland war alles, worüber er sich gerade Sorgen machte.
***
Er hatte nicht geschlafen, aber wenigstens geduscht, gegessen und frische Kleider angezogen. Er steckte seinen Laptop in seine Tasche, zusammen mit dem Ordner mit Papieren, die er ausgedruckt hatte, und an dessen Rand er seinen Prüfungs-Glücks-Stift gesteckt hatte.
Auf seinem Weg in das Schutzgebiet sah er ein halbes Dutzend Mal auf seine Uhr, um sich daran zu erinnern, dass der Mond immer noch abnahm, dass der Einfluss des Vollmonds vorbei war. Das juckende, unruhige Gefühl, das er hatte, kam nicht vom Mond, es war Mr Lea und dass er wissen wollte, ob er in Sicherheit war, egal ob er Beau nun heiraten wollte oder nicht.
Vorübergehend. Zu ihrem gegenseitigen, legal erklärten Nutzen.
Als er sein Ziel erreicht hatte, war der Drang zur Verwandlung so stark, wie er es nicht mehr gespürt hatte, seit er sein Rudel verlassen musste. Auf der Straße vor dem Schutzgebiet musste er stehen bleiben und einige tiefe Atemzüge machen, um sich unter Kontrolle zu bringen.
Das dauerte allerdings nur so lange, bis er einen Hauch von Mr Leas Geruch in der Luft bemerkte, der kränklich-süß und blutunterlaufen war. Beau rannte die Stufen hinauf, um zu klingeln.
„Ah ja“, sagte der Omega, der die Tür öffnete. Er war fast so groß wie Beau und ausgesprochen männlich. „Mr Leas Besucher? Er wartet im Innenhof auf Sie. Folgen Sie mir.“
Beau zwang sich, einen halben Schritt hinter dem unbekannten Omega zu bleiben, während sie durch die öffentlichen Bereiche des Schutzgebiets zur Tür zum Innenhof gingen.
Als die Tür offen war, interessierte ihn nichts anderes mehr als Roland, der an der Bank auf und ab ging, auf der er am Tag zuvor gesessen hatte. Seine Schritte waren qualvoll langsam und zittrig. Er hielt an, als Beau in den Innenhof kam, sah nervös und mit einem Ausdruck von nicht völligem Erkennen auf seinem Gesicht in Beaus Richtung, als ob die paar Meter zwischen ihnen für ihn zu viel wären, um klar zu sehen.
Als Beau auf ihn zueilte, sah er den Moment, in dem Roland ihn mit Sicherheit erkannte, unmittelbar gefolgt von Roland, der sich umdrehte und entschlossen zu dem Baum ging, bei dem er sich am Tag zuvor versteckt hatte.
Beau passte seine Schrittgeschwindigkeit Rolands an, um den Eindruck zu vermeiden, er wolle ihn jagen. Er folgte ihm lediglich, wohin Roland ihn führte.
Roland saß bereits gegen den Baum gelehnt, als Beau ihn erreichte, und Beau ergriff die Chance und ging um den Baum herum, ehe er sich neben ihn ins Gras setzte und ihn ansah.
Roland hatte die Arme um sich geschlungen, sein Kopf war so weit gesenkt, dass sein Gesicht halb durch den weichen Strickschal, den er trug und der absolut nicht zur Jahreszeit passte, verdeckt wurde.
„Hi“, sagte Beau leise, weil er nicht wusste, wie er anfangen sollte.
Roland umklammerte sich noch fester und murmelte in seinen Schal: „Ich konnte nicht. Ich habe es versucht, aber ich … ich konnte nicht. Es tut mir leid, ich konnte nur nicht … ich konnte sie nicht weglassen. Ich konnte es nicht.“
Beau hielt seine Atmung und seinen Herzschlag gleichmäßig. Er durfte Roland nicht erschrecken. „Du meinst, du hast deine Beruhigungsmittel heute wieder genommen?“
Roland nickte steif. „Ich … ich konnte nicht …“
„Es ist in Ordnung.“ Es war nicht in Ordnung, aber das zu sagen half nicht, wenn Roland ohnehin so verletzt war, und Beau wollte ihm tatsächlich helfen und nicht nur mit seiner Diagnose recht haben. „Daran zu denken ist schon ein guter Anfang. Es heißt, dass Sie mir glauben, was ich Ihnen gestern gesagt habe.“
Roland zuckte die Schultern, dann nickte er ruckartig. „Es ergibt Sinn. Ich habe eine der Tabletten zerbrochen und wusste dann, dass eine Art Eisenhut enthalten ist. Selbst die Spaßmischungen von Eisenhut sind … Ich meine, es steckt giftig in vergiftet.“
Beau versuchte, nicht zu beeindruckt auszusehen, obwohl er nicht erwartet hatte, dass Roland diese Verbindung herstellte. Die meisten Menschen verstanden nicht, dass high zu werden bedeutete, sich selbst auf eine gewisse Weise zu vergiften.
„Sie haben recht“, sagte Beau leise. „Eisenhut tut niemandem einen Gefallen. Sie sehen …“
Er sah schlimmer aus, mehr als Beau von einem Tag auf den anderen befürchtet hatte. Vermutlich war es die Angst, aber auch seine Haut hatte einen stärkeren Gelbstich als am Tag zuvor. Beaus Alpha-Instinkte, die auf dem Weg hierher ziellos geflattert hatten, konzentrierten sich jetzt perfekt: Alles, was er im Leben wollte, war, Roland in seine Arme zu nehmen, ihn zu halten und das hier irgendwie besser werden zu lassen.
„Würden Sie …“ Roland sah ihn zum ersten Mal an, er hob sein Gesicht zwar nicht aus dem Schal, sondern sah durch seine Wimpern zu Beau auf. „Wenn ich mit Ihnen käme, würden Sie sie mich weiter nehmen lassen?“
Es war verlockend, einfach weich zu werden, doch Beau erwiderte ein hartes: „Nein.“
Roland sah aus, als wäre das die Antwort, die er erwartet hatte. Er nickte leicht, sah aber immer noch nicht auf.
„Ich würde Sie aber auch niemals zwingen, eine Hitze mit mir zu verbringen“, sagte Beau und lehnte sich dabei ein wenig nach vorn. „Und sobald Sie sich erholt haben, würde ich eine Hebamme suchen, die Ihnen hilft, eine sichere Dosis oder ein besseres Medikament zu finden, damit Sie keine Hitzen mehr bekommen, wenn Sie das nicht wollen. Ich schwöre dir, Roland, ich werde niemals etwas davon erzwingen. Niemals.“
„Ich kann nicht.“ Roland senkte den Blick wieder und lockerte einen Arm aus der Umklammerung, in der er sich selbst hielt, um seinen Unterbauch zu berühren, eine Geste, die von Schmerz erzählte. „Ich bin innerlich kaputt. Deshalb kann ich nie … egal, wie viele Hitzen, egal was, ich werde nie Kinder haben können. Aber wenn Sie mich nur für eine gewisse Zeit wollen, ist das vielleicht sogar besser?“
Einen Augenblick lang konnte Beau nicht antworten und erstickte beinahe an der Trauer um den Verlust, von dem Rolands verkrampfte Finger sprachen, und an der Wut über jeden, der ihn so verletzt hatte. Kaputt, sagte er, und Beau konnte das Echo seiner schmerzhaften Erinnerungen in seiner Stimme hören. Das war keine bloße theoretische Diagnose.
„Das ändert nichts an meiner Meinung“, brachte Beau schließlich ruhig heraus. „Ich würde dir gerne helfen. Ich möchte, dass du mich heiratest.“
„Du willst mich wirklich heiraten?“ Rolands Blick wanderte wieder nach oben. „Mit Papieren und so, und Trauzeugen? Und dem – Ehevertrag, sagtest du? Richtig?“
„Ja“, antwortete Beau, warf seine Tasche auf den Boden und öffnete sie. „Ja, ich habe einen ausgedruckt, du kannst ihn dir ansehen.“
Er zog die Unterlagen aus der Tasche und hielt sie Roland hin, aber Roland behielt seine Hände, wo sie waren, und vergrub sein Gesicht tiefer im Schal. „Ich kann nicht, äh …“
Beau begann jedes Mal, wenn Roland ‚Ich kann nicht‘ sagte, Schmerzen zu empfinden. Seine Hand stockte, dann legte er die Papiere zwischen sie. Rolands Augen folgten ihnen, ehe er sie wieder hob, um Beau anzusehen.
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