Omega erforderlich
Welt der Wölfe Band 1
von Dessa Lux
Aus dem Englischen von Lena Seidel
© dead soft verlag Mettingen 2021
http://www.deadsoft.de
© the author
Titel der Originalausgabe: Omega Required
Übersetzung: Lena Seidel
Cover: Irene Repp
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Bildrechte:
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© Derek R. Audette – shutterstock.com
1. Auflage
ISBN 978-3-96089-433-9
ISBN 978-3-96089-434-6 (epub)
Der Alpha Werwolf Beau Jeffries geht seine eigenen Wege, nachdem er als Teenager aus seinem Rudel verwiesen wurde, weil er einem Menschen geholfen und damit die Geheimnisse des Rudels gefährdet hatte – in einer Zeit, in der die Menschheit die Wahrheit über die Existenz der Werwölfe erst lernen musste.
Jetzt soll er der erste Werwolf sein, der in einem speziellen Programm seine Zeit als Assistenzarzt absolvieren darf. Doch für ihn gelten Regeln – denn ohne Rudelzugehörigkeit muss er verheiratet sein.
Der Omega-Werwolf Roland Lea versucht nur zu überleben. Nach der letzten und schlimmsten Beziehung in seinem Leben hat er einen Unterschlupf in einem Haus für heimatlose Omegas gefunden. Doch es geht ihm von Tag zu Tag schlechter. Als ihm das Angebot gemacht wird, sich bei einer Dating-Agentur anzumelden, ist er der Meinung, dass er nichts zu verlieren hat.
Als Beau Rolands Profil sieht, weiß er auf Anhieb, warum es dem Omega so schlecht geht und er sieht sich verpflichtet, ihm zu helfen. Wenn er Roland überreden kann, ihn zu heiraten, kann er Rolands Leben retten – und Roland kann ihm helfen, den Platz an der Klinik zu bekommen.
Aber kann eine Beziehung, die aus Vernunftgründen entsteht, auch zu echter Liebe führen?
Der kurz vor seiner Promovierung stehende Arzt Beau Jeffries tat sein Bestes, es nicht zu zeigen, aber er konnte kaum glauben, dass er auf dem Campus der Rochester-Klinik herumwanderte, die vielleicht sein zukünftiges Zuhause war. Das Bewerbungsgespräch für das Assistenzprogramm war eigentlich ein kompletter Tag voller Gespräche, unterbrochen von Mahlzeiten und anderen ‚nebensächlichen‘ Ereignissen, von denen Beau wusste, dass sie für den Eindruck, den er machte, nicht weniger entscheidend waren.
Er musste einen makellosen Eindruck hinterlassen. Beau war der einzige Werwolf, der für einen Aufenthalt in Rochester ausgewählt worden war.
Selbst mit exzellenten Noten und brillanten Empfehlungen würde es ein harter Kampf werden, sich einen Platz in dem Programm, das den Schwerpunkt Humanmedizin hatte, zu sichern.
Als er zum Wartebereich vor dem Büro des Direktors dieses Programms geführt wurde, lächelte ihn die Verwaltungsassistentin leicht an, und er versuchte, das mit der gleichen Intensität zu erwidern. „Dr. Aster wird gleich bei Ihnen sein.“
„Kein Problem“, sagte Beau und ging zu den Stühlen, auf die sie gedeutet hatte, um sich zu setzen. Sie nickte und kehrte an ihren Schreibtisch zurück.
Wie praktisch jeder Mensch, also jede Person, die er in Rochester getroffen hatte, wirkte sie überhaupt nicht verängstigt oder übermäßig neugierig. Er hatte hier sogar Werwölfe bemerkt, die als Sicherheitskräfte oder Ordner arbeiteten. Er war keinem von ihnen vorgestellt worden und hatte sie nicht verraten, indem er sich anmerken ließ, dass sie ihm aufgefallen waren, aber sie waren da, arbeiteten mit diesen Menschen und wurden von ihnen akzeptiert. Abgesehen von der Rochester-Klinik war das nur ein weiterer Punkt, der ihn veranlasste, dieses Programm gedanklich als seine erste Wahl einzustufen, noch bevor er sein Gespräch beendet hatte.
Bei sämtlichen Bewerbungsgesprächen, die er allesamt hervorragend gemeistert hatte, war Beau der einzige Werwolf-Medizinstudent gewesen. In seiner Abschlussklasse hatte sich eine Handvoll anderer befunden, aber er hatte sich für die Northwestern entschieden, weil es eine der wenigen Medizinfakultäten im Land war, die bekennende Werwolf-Studenten hatte. Es gab nicht viele Werwölfe in der Medizin, und außer Beau gab es keinen, den er kannte, der Menschen behandeln wollte, statt in den brandneuen Bereich der Werwolfforschung zu gehen.
Natürlich konnte man dort viel Gutes tun. Beau war genauso neugierig wie jeder zu erfahren, wie seine eigene Art wirklich tickte. Aber Werwölfe waren Jahrhunderte lang vor der Offenbarung ohne moderne Medizin ausgekommen, vor allem weil Werwölfe verdammt schwer zu töten waren. Die Entscheidung, dass Werwölfe Menschen waren und sie zu töten Mord bedeutete, war im gleichen Jahr in Kraft getreten, in dem Beau die Highschool abgeschlossen hatte, und diese Entscheidung hatte die Lebenserwartung der Werwölfe mehr verbessert, als es die gesamte Ärzteschaft jemals konnte.
Menschen dagegen konnten von allen möglichen Dingen umgebracht werden. Beau wollte Arzt werden, weil er Menschen retten wollte – und das bedeutete, dass er ein Arzt für die Menschen sein wollte, die Rettung brauchten.
Er hatte davon geträumt, am Rochester zu arbeiten, lange bevor er die medizinische Ausbildung anfing. Rochester war die letzte Zuflucht für viele kranke Menschen, die weltbekannte Klinik für schwierige Fälle. Wenn Beau beweisen wollte, dass die Sinne eines Werwolfs, in Verbindung mit einer fundierten medizinischen Ausbildung, durch eine verbesserte Diagnose Leben retten konnten, war dies der richtige Ort, um es zu tun.
Also musste er wirklich aufhören, jedes Mal zu grinsen wie ein Idiot, wenn er ein neues Schild, einen Briefkopf oder ein Mitarbeiterschildchen mit dem Rochester-Klinik-Emblem sah. Er war hier, um für eine Assistenzarztgenehmigung in Betracht gezogen zu werden, und nicht um ein Autogramm einer medizinischen Einrichtung zu bitten.
Während er wartete, hielt er den Blick gesenkt, und konnte nicht anders, als auf sein eigenes Besucherschild zu starren. Sein Bild prangte darauf, kopiert von einem Foto, das er mit seiner Bewerbung mitgeschickt hatte. Er hatte sich große Mühe gegeben, sein Lächeln richtig in Szene zu setzen, ein warmer Ausdruck, der dem Klischee eines dunkelhaarigen, dunkeläugigen Alpha-Werwolfs entgegenwirkte. Er war gut zwei Meter groß, mit der breiten, muskulösen Alpha-Figur, die die Menschen vor ihm zurückschrecken ließ, noch bevor sie wussten, was er war, wenn er nicht darauf achtete, freundlich und ungefährlich auszusehen. Es erinnerte ihn daran, wie er auszusehen versuchte, liebenswürdig und zugänglich, und nicht vor idiotischer Freude zu strahlen.
„Mr Jeffries?“ Die Direktorin selbst stand in der Tür zu ihrem Büro, und Beau sprang vielleicht ein wenig zu schnell auf seine Füße. Sie und ihre Assistentin zeigten kurze Anzeichen von Schreck, aber nicht mehr.
Beau lächelte und strich sein Hemd glatt. Er schritt langsam vor, während Dr. Asters Gesichtsausdruck zu einem professionellen Lächeln wurde.
Dieses Gespräch war sein letztes des Tages und es war nur für ungefähr fünfzehn Minuten angesetzt, keine Zeit für eine ausführliche Unterhaltung. Beau nahm an, dass es nur ein Händedruck und ein kleines Schwätzchen wurden – eine Formalität.
Diese Vorstellung hielt ungefähr zwei Minuten, während er mit Dr. Aster Höflichkeiten austauschte. Dann sagte sie: „Ich möchte den Elefanten im Raum nicht länger ignorieren. Sie sind anders als jeder andere Medizinstudent, den wir interviewen.“
Beau nickte, behielt jedoch seinen Gesichtsausdruck bei. In seinen anderen Bewerbungsgesprächen waren ihm mehrmals verschiedene offene Fragen zur Lykanthropie gestellt worden. Auf alle hatte er sehr gute Antworten gefunden.
„Wenn Sie angenommen werden“, fuhr die Direktorin fort, „hätten Sie andere Bedürfnisse als alle anderen Kollegen, und wir versuchen, einen Überblick darüber zu bekommen, was das bedeuten würde. Das ist Teil unserer Aufnahmepolitik für Werwölfe im Eingliederungsprogramm hier in Rochester. Ich hätte gern, dass Sie es sich ansehen und mir sagen, was Sie davon halten, oder mir alle Fragen stellen, die Ihnen dabei einfallen.“
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