Einstmals, vor siebzig Jahren, als die Mohammedaner MálagaMálaga, Ort beherrschten, töteten sie alle Christen bis zum letzten. Deshalb schwor der König, das gleiche zu tun. Aber er war von Milde und Menschlichkeit bewegt und verkaufte sie (die unterworfenen SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime)) deshalb als Gefangene9. In den Tagen des Januar 1494 (schon vor 10 Monaten), gab es in Málaga ein großes Erdbeben, das viele Türme und Gebäude einstürzen ließ10. Auch die Erde im HafenMálaga, OrtHafen bebte so sehr, dass viele Schiffe aufs Trockene gehoben wurden, bis dass das Land sich wieder beruhigt hatte.
Nachdem der KönigFerdinand II., Kg. von Aragón (1479–1516) MálagaMálaga, Ort erobert hatte, stellte man ihm 752 christliche Gefangene vor, die durch so starken Hunger ausgemergelt waren, dass der König sie mit einer Hühnersuppe und anderen Lebensmitteln wieder zur Gesundheit zurückführte. Unter ihnen befand sich ein gewisser Deutscher aus ZürichZürich, Ort, Heinrich MurerMurer, Heinrich (Heinricus Murer), Zürcher Bürger11, der 4 Jahre lang in harter Sklaverei gelebt hatte12. Unter den anderen gab es auch einen sehr Alten mit Bart, der versicherte, 48 Jahre lang gefangen gewesen zu sein. Zu ihm sagte die Königin: „Was hättest Du gedacht, wenn man Dir im ersten Jahr deiner Gefangenschaft gesagt hätte: Dein Retter ist wie wir noch nicht geboren worden?“. Darauf antwortete dieser traurig: „Ich wäre vor Schmerz gestorben“. Die Gefangenen verließen die Kerker mit einem kleinen Holzkreuz und riefen mit lauter Stimme: „Du bist gekommen, oh Retter der Welt!13 Du hast uns aus den Schatten der Hölle befreit!“ Sie warfen sich vor dem König und der Königin zu Boden und sagten unter großen Tränen: „Oh Kreuz, rette uns, Du einzige Hoffnung! Nicht uns, sondern Deinem Namen gebührt die Ehre!“14 Wieviel Traurigkeit war dort mit Jubel gemischt! 9 christliche Gefangene, die dem Glauben weiterhin absagten, wurden nach der Eroberung Málagas vom christlichen König mit zugespitzten Schilfrohren tödlich durchbohrt. 2 waren Lombarden und 7 Spanier aus KastilienKastilien, L.. Nachdem sie mit Rohren getötet worden waren, verbrannte man ihre Leichname. Oh christlichster König15, dein Lob werde ich ewig singen!
In einem gut bewässerten Tal, 5 Meilen von MálagaMálaga, Ort entfernt, liegt eine Burg, die der König mit Gewalt einnahm. Nachdem er sich der Burg bemächtigt hatte, verlangte er nach den christlichen Gefangenen, welche die SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) vorher in Höhlen mit Steinen gepeinigt hatten. Als die Sarazenen nur noch die Leichen herbeibrachten, befahl der König, alle Sarazenen zu töten. So blieb es: Wenn er irgendeine Stadt belagerte, ordnete er zunächst an, dass sie die Gefangenen nicht töten sollten, andernfalls würde er im Fall des Sieges alle enthaupten lassen. Aus Furcht töteten die Sarazenen später nur noch sehr wenige. Im ganzen Heer hatte (der KönigFerdinand II., Kg. von Aragón (1479–1516)) immer Glocken, bei deren Geläut die Sarazenen sagten, als sie das vernahmen: „Wir hörten den Klang der Glocken und der kleinen Glocken, aber dem König fehlt noch die Kuh“. Schließlich jedoch besiegte der König mit göttlicher Hilfe alle Kühe, das heißt die Sarazenen. Während aber die christlichen Gefangenen Málaga verließen, gab es viel Trauer, blieb das Bild des Todes lebendig und waren so viele mit Ketten gefesselt, dass kaum zwei große Wagen die Ketten transportieren konnten, die man ihnen von den Füßen genommen hatte.
Am 30. Oktober nach Mittag verließen wir MálagaMálaga, Ort über sehr hohe Berge, wie den Puerto de LeónPuerto de León, Berg oder andere, und durch einige Täler, wo der König zu Kriegszeiten einen wunderbaren Weg hatte befestigen lassen, um Kriegsgerät zu transportieren. Wir ließen zur Linken RondaRonda, Ort und MarbellaMarbella, Ort liegen und kamen nach vielen Ortschaften und Häusern am dritten Tag nach OsunaOsuna, Ort, einer Stadt des Marquis von CádizRodrigo Ponce de León († 1492), Marquez de Cádiz, Historiograph16. Wir sahen dort mehr als 300 SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) hinter Gittern gefangen. MarchenaMarchena, Ort und MairenaMairena, Ort (del Alcor), Orte unter der Herrschaft des gleichen Marquis, waren ebenso voller Gefangener. Schließlich kamen wir am vierten Tag nach SevillaSevilla, Ort. Der König hatte den Gefangenen das Vorrecht gewährt, dass alle, die nach GranadaGranada, Ort gingen (das schon drei Jahre zuvor erobert worden war), die Freiheit erhielten. Deshalb bewachten die Christen sie in ihren Gebieten sorgfältig, um zu vermeiden, dass die Gefangenen – von ihren Fesseln befreit – nach Granada als Asyl der Freiheit flüchteten.
Über die Stadt Hispalis , die heute SevillaSevilla, Ort heißt
Am 4. November verließen wir früh MairenaMairena, Ort, und nach 4 Meilen kamen wir zu der sehr bekannten Stadt des andalusischen Reiches, die heute SevillaSevilla, Ort und auf Latein Hispalis heißt. Diese Stadt liegt in einer sehr schönen und wunderbaren Ebene, größer, als ich je eine in SpanienSpanien, L. sah, sehr fruchtbar an Öl, edelstem Wein und allen Arten von Früchten. Ich stieg auf den höchsten Turm1 der Kirche der seligen JungfrauSevilla, OrtSanta María de la Sede, K.Maria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi Maria, dies war zuvor die Hauptmoschee gewesen2; von dort aus betrachtete ich selbst die Stadt und bemerkte, dass sie zweimal größer als NürnbergNürnberg, Ort war. Sie ist insgesamt rund angelegt und liegt auf flachem Grund. Entlang der Mauern gegen Westen fließt der GuadalquivirGuadalquivir (Betis), Fluß, ein sehr edler Fluss, der breit und schiffbar ist; zu Zeiten von Meeresflut steigt der Wasserstand tagsüber bis zu drei oder 4 Ellen an, dann führt der Fluss ein etwas salziges Wasser. Bei Ebbe sinkt der Wasserspiegel, und das Wasser ist sehr gut und sehr süß. Sevilla verfügt über noch mehr Trinkwasser. Unter anderem gibt es eine Wasserleitung mit 390 Bögen, von denen manche sogar doppelt wegen der Ungleichheit und Unebenheit des Geländes gebaut sind. Dieses Wasser, ich wiederhole es, ist sehr nützlich zum Bewässern der Gärten, zum Säubern der Straßen, der Häuser und auch zu anderen Dingen3. Der Ort hat weiterhin viele bekannte Klöster von FranziskanernSevilla, OrtSan Francisco, Kl.4, AugustinernSevilla, OrtSan Agustín, Kl.5, DominikanernSevilla, OrtSan Pablo, Kl.6, von Nonnen und anderen7.
Über die HauptkircheSevilla, OrtSanta María de la Sede, K. der heiligen Jungfrau MariaMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi
Die Stadt SevillaSevilla, Ort wurde vor einhundertsiebzig Jahren den Händen der SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) entrissen und wurde christlich1. Noch heute gibt es unzählige Gebäude und Überreste der Sarazenenzeit. Die Leute von Sevilla und CórdobaCórdoba, Ort unterstützten den König deshalb mit großen Hilfstruppen bei der Eroberung von GranadaGranada, Ort, weil sie benachbart und diesem Gefahrenherd nahe waren. Die Sevillaner trugen zu diesem Krieg mehr als eine Million Dukaten bei, das heißt zehnmal hunderttausend. Das gleiche taten die Cordobeser2.
Unter anderen Dingen gab es eine sehr große Moschee, deren Garten und drei Gebäude noch bestehen. Die Länge der gesamten Moschee misst 250 Schritte, und die Breite beträgt 190. Die Länge des Gartens messe ich heute mit 140 meiner Schritte. In der Mitte des Gartens gibt es einen sehr schönen Brunnen, in dem sich die Muslime wuschen. Nachdem der Brunnen aber zerstört worden war, wurde an seiner Stelle ein besserer, schönerer aufgestellt. Vorne auf den Steinen stehen folgende Verse geschrieben:
„Seine königliche Majestät gab mir nach dem Sieg über die Mauren dieses schöne Wasser, nachdem ich zusammengebrochen war.“3
Mit diesem Wasser wird heute der ganze Garten bewässert, in dem viele Zitronen- und Limonenbäume, Apfelsinenbäume, Zypressen und Dattelpalmen wachsen. Die Hälfte von dem, was ehemals Moschee war, ist heute verfallen, und an der Stelle erhebt sich eine wunderbare Kirche zu Ehren der seligen Jungfrau MariaMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi. Es ist ein so bewundernswertes Werk, wie es in ganz SpanienSpanien, L. kaum mehrere gibt. Die Kirche ist schon vollendet, aber der Chorraum bisher noch nicht. Das ganze Gebäude misst 200 Schritte in der Länge und 117 in der Breite. Es gibt sieben Schiffe4, an deren beiden Seiten wunderbare Kapellen anschließen, weiterhin 45 freistehende Säulen und ein sehr schönes Chorgestühl. Dort dienen 40 Kanoniker und 40 Pfründner sowie 20 weitere Würdenträger und Ministranten. Sie erhalten fette Pfründen von zweihundert und 300 Dukaten, und der Klerus folgt dort der Observanz. Manche sehr hohe und oktogonale Säulen haben einen Umfang von 25 Schritten. Außerdem gibt es sehr hohe und sehr breite Bögen. Ich glaube, dass die Kirche in 6 Jahren vollständig vollendet sein wird5. Alles ist aus behauenen, härtesten Steinquadern, die aus dem Küstengebirge des Reiches von GranadaGranada, Ort stammen und über den Fluss GuadalquivirGuadalquivir (Betis), Fluß nach SevillaSevilla, Ort transportiert werden.
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