In einem Baderaum gab es ein schönes Marmorbassin, wo die Frauen und Konkubinen nackt badeten. Der König jedoch konnte sie von einem Ort mit Jalousien aus, in einem höheren Stock gelegen, den wir besichtigten, betrachten, und derjenigen, die ihm am besten gefiel, warf er von oben herab einen Apfel zu. Dies war ein Zeichen, dass er in dieser Nacht mit ihr schlafen wollte12.
Ich fragte den Kastellan nach dem Zeichen des Königs, ob er auch einen Granatapfel als Wappen habe und ob dieses an irgendeiner Stelle abgebildet sei. Er antwortete, dass der König kein Emblem habe, nur einen Schild in jener Form, in dessen Mitte in arabischen Buchstaben geschrieben war: „Bile gallila“, was heißt: „Kein Sieger außer Gott“, oder nur: „Gott ist allmächtig“13. Dieses Emblem ist in hellblauer Farbe gemalt und an verschiedenen Stellen angebracht.
Alle Palasträume werden durch die Wasserkanäle geziert, die kunstvoll an die verschiedensten Orte gelenkt werden, dass es nichts Bewundernswerteres gibt. Von einem sehr hohen Berg wird das fließende Wasser durch einen Graben geleitet und im ganzen Palastbereich verteilt.
Abb. 2:
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 431, fol. 140r
Auf die Frage nach dem Wappenschild der spanischen Könige verwies man Münzer darauf, dass dieses angeblich arabische Schriftzüge trage; in der Zeichnung der Handschrift steht neben dem Schild „bile gallila“, was lautmalerisch den Gebetsruf der Muslime nachempfindet.
So führte uns der Graf, ein Adeliger, als wir den Palast des KönigsAlhambraDar al-Horra, Palast verließen, zu einer neuen quadratischen Zisterne, so groß wie die SebalduskircheNürnberg, OrtSt. Sebald, K. (in Nürnberg)Nürnberg, Ort, die er für zehntausend Dukaten im selben Jahre hatte bauen lassen. Es ist ein phantastisches Werk, das seinesgleichen sucht. Alle Paläste und Säle im oberen Teil haben wunderschöne Wölbungen und Dächer, die aus Gold, Lapislazuli, Elfenbein, Zypressenholz und verschiedenen anderen Materialien gefertigt worden sind; man kann es weder aufschreiben noch erzählen. Es gibt allein im SchlossGranada, OrtAlhambra fünfhundert Ritter mit ihren wunderschönen Pferden, die „jinetes“ heißen14. Sie kämpfen unter dem Grafen und leisten ihm Gefolgschaft. Wir stiegen auf zwei sehr hohe Türme und betrachteten die Lage der Stadt; wie uns der Graf versicherte, konnten wir kaum die Hälfte der Stadt sehen. Ich glaube, es gibt keine größere Stadt, weder in ganz Europa noch in AfrikaAfrika, L.. Wir sahen unterhalb des Schlosses gegen Süden ein anderes Kastell, das sehr stark befestigt, aber noch nicht ganz vollendet war. Ebenso liegt ein weiteres Schloss beim Südtor zwischen zwei Mauern mit einem Weg.15 So kann der König, auch wenn es die SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) nicht wollen, die Stadt verlassen und die AlhambraGranada, OrtAlhambra betreten oder verlassen.
Es gibt zahlreiche SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime), die dort bauen. Ebenso findet man viele, die im SchlossGranada, OrtAlhambra und auf königlichem Grund das wiedererrichten, was zerstört war. Als der König von GranadaGranada, Ort sich dessen bewusst wurde, dass er dem christlichsten König von SpanienSpanien, L. keinen Widerstand mehr leisten konnte, erlaubte er, viele Gebäude zu zerstören. Es gibt viele Lebensmittelgeschäfte und Unterkünfte für Geschützmeister und für andere. Keinem Sarazenen ist es erlaubt, im SchlossGranada, OrtAlhambra zu schlafen, sondern jeder muss in die Stadt hinuntergehen oder zu einer anderen Schlafstatt.
Wir verließen das SchlossGranada, OrtAlhambra nach Sonnenuntergang und kamen schon spät in der Nacht zu unserem Quartier. Dort trafen wir einen edlen Ritter, der auf einem Maultier saß, mit Hafer, Wein, Brot, Hennen und Fasanen. Alles dies hatte der großzügige Graf zu unserem Quartier schicken lassen. Wir konnten diese Großmut nicht erwidern, aber beim König und unseren Fürsten werden wir sie gebührend loben16. Als wir uns von dem Grafen verabschiedeten, erbaten wir eine neue Empfehlung für den Kastellan von MálagaMálaga, Ort und von SevillaSevilla, Ort, die er uns wohlwollend und gern ausstellte. Es gibt auch in der AlhambraGranada, OrtAlhambra eine wunderbare und edle MoscheeAlhambraKathedrale, die heute der seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi MariaMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi geweiht und Sitz des Erzbischofs ist17. Dort sind 40 Kanoniker und 140 Pfründner, das heißt Vikare, die Pfründen erhalten. Ebenso wurde dort ein Kloster von MinderbrüdernAlhambraSan Francisco de la Alhambra, Kl. des Ordens des heiligen FranziskusFranz von Assisi(† 1226), Hl., Ordensgründer gegründet18. Der König besitzt außerhalb der Mauern der Alhambra auf der Spitze des Berges einen Garten mit Quellen, Wasserbecken und Wasserläufen; dies alles wurde so wunderbar durch die Mauren gebaut, dass es nichts Besseres gibt19.
Am 26. Oktober, als wir dort weilten, sahen wir mehrere SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime), die Gemälde und andere Dinge in der ihnen eigenen Art schmückten und restaurierten; wir konnten dort ein wunderbares Schauspiel erleben. Als wir einen anderen, noch höheren Berg hinaufstiegen und die Lage betrachteten, fanden wir eine sehr schöne Ebene mit drei äußerst hohen Türmen, die innen sehr wertvoll, außen jedoch halb zerstört sind; dort veranstalteten die Könige von GranadaGranada, Ort einstmals ihre Spiele20.
Über ihren Friedhof außerhalb des Elviratores
Am 24. Oktober verließen wir früh die Stadt durch das ElviratorGranada, OrtPuerta de Elvira, nahe bei unserem Hospiz, und gelangten zu jenem Friedhof1, der sehr groß und auf verschiedenen Ebenen liegt, so dass er Bewunderung hervorruft. Ein Teil war alt und mit Olivenbäumen bewachsen, ein anderer ohne Bäume. Die Gräber der Reichen waren von Mauerquadern umgeben, wie Gärten mit besten Steinen. Wir kamen sodann zu einem neuen Friedhof, wo wir sahen, wie ein Mann begraben wurde; es gab sieben weiß gekleidete Frauen, die in der Nähe des Grabes kauerten, sowie den Priester, der mit dem Kopf in Richtung Süden saß und kontinuierlich laute Schreie ausstieß, während die Frauen ununterbrochen duftende Myrtenzweige auf das Grab warfen2. Dieser Friedhof ist zweimal größer als der von NürnbergNürnberg, Ort. Ich übergehe die anderen Friedhöfe, auch jenen, der am Fuße der AlhambraGranada, OrtAlhambra liegt und ebenso sehr groß ist3. Größer, glaube ich sogar, als die Stadt NördlingenNördlingen, Ort. Ebenso wie sie Gott in Richtung Süden verehren, so begraben sie auch die Toten mit gen Süden4 geneigtem Kopf.
Auf dem höchsten Berg nach Norden hin, gegenüber der AlhambraGranada, OrtAlhambra, gibt es eine weitere Stadt, die an das große GranadaGranada, Ort anschließt, aber durch eine Mauer abgetrennt ist; sie heißt AlbaicínGranada, OrtAlbaicín5. Dort hatte der junge König6 seine Bleibe. Ebenso befindet sich dort, so sage ich euch, ein größerer Friedhof als jener, der zu Füßen der Alhambra liegt. Am selben Tag, als wir zur Stadt Albaicín hinaufgingen, hatte ich tatsächlich Gelegenheit, diesen Friedhof zu besuchen. Er nimmt einen großen Teil auf der einen Seite des Berges ein und ist in der Tat so ausgedehnt wie die Stadt UlmUlm, Ort. Auf der Höhe steht ein sehr hoher Turm, in dem sich die Gräber der Könige von Granada befinden7.
Über die Moschee im AlbaicínGranada, OrtAlbaicín, einem Teil der Stadt
Außerhalb der großen Stadt GranadaGranada, Ort und außerhalb der Mauern, aber nahe gelegen gibt es eine weitere große Stadt namens AlbaicínGranada, OrtAlbaicín mit mehr als vierzehntausend Häusern, die man von der AlhambraGranada, OrtAlhambra nicht sehen kann1. In dieser Stadt, oder eher in diesem Teil von Granada, steht, wie ich sage, eine sehr schöne MoscheeGranada, OrtNuestro Salvador, K. mit 86 freistehenden Säulen2; sie ist kleiner, aber sehr viel schöner als die große Moschee der Stadt, und sie besitzt einen wunderschönen Garten mit Zitronenbäumen. Vom Gipfel des Berges gegenüber der Alhambra sahen wir, als wir zur großen Stadt hinabstiegen, eine andere schöne MoscheeAlbaicínSan José, K., die nicht so groß ist. Diese nahm der Erzbischof auf Befehl des Königs den SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) ab, weihte sie zu Ehren des heiligen Joseph, des Mannes der seligen Maria3, und stattete sie mit Priestern aus. Wir sahen im Garten einen riesigen Olivenbaum, größer als eine Steineiche und voller Oliven. Als wir den Turm bestiegen, zählte ich eine so große Zahl von Moscheen, dass man es kaum glauben kann.
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