Über den Hafen AlmeríaAlmería, Ort und die Stadt (im Reich) GranadaGranada, Ort
Am 18. Oktober ritten wir von TabernasTabernas, Ort zwei Stunden vor Sonnenaufgang zwei Meilen, bei Sonnenaufgang sahen wir dann ein sehr schönes Tal und ein kleines Flüsschen, an beiden Ufern schöne Gärten und Felder mit Oliven, Palmen, Feigen und Mandeln, als ob wir ein Paradies durchquerten. Dort gewahrten wir auch einen Aquädukt, der von einem fließenden Gewässer aus große Wassermengen etwa eine Meile weit zur Stadt beförderte. Als wir uns der Stadt weiter näherten, erblickten wir wunderschöne Gärten mit Ummauerungen, Wasserbecken, Türmen und Wasserspielen, die in der Art und Weise der Heiden gebaut waren. Es gibt nichts Großartigeres! Die Stadt liegt am Fuße eines Berges, gegen Süden erstreckt sich das offene Meer, und auf dem Berg steht eine sehr hochaufragende und sehr große weitläufige BurgAlmería, OrtKastell mit vielen eisernen Toren1. Zurzeit errichtet der König auf der Spitze des Berges ein neues KastellAlmería, OrtKastell auf den Mauern des alten; es ist aus hartem behauenen Stein gebaut und erweckt Erstaunen. Er ließ auch einen bemerkenswerten quadratischen Garten anlegen, in dessen Mitte fließendes Wasser aus einem Rohr sprudelt. Wir sahen dort auch viele Gefangene in eisernen Fußfesseln arbeiten. Der Kastellan erwies uns jedoch große Ehren, er war ein adliger und sehr gelehrter Mann, der in NeapelNeapel, Ort geboren war.2 Er zeigte uns alle Waffen, die man von den SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) erbeutet hatte. Es gab Bögen, Katapulte, Schwerter, Pfeile in unzähliger Menge. Wir sahen ebenso einen sehr großen Straußen mit tiefschwarzen Federn. Der Kastellan führte uns auch zu seiner bildhübschen Frau3, die sich sehr nett mit mir unterhielt und mir Empfehlungsschreiben für den Vorsteher von GranadaGranada, Ort mitgab4. Die Kastellane heißen aber in ihrer Sprache „Alkayr“5.
Die Stadt (AlmeríaAlmería, Ort) ist dreieckig. Sie ist von einer Mauer mit vielen Türmen umgeben, im Inneren jedoch durch ein Erdbeben und seit der Eroberung so sehr beschädigt, dass sie an vielen Orten zerstört und unbewohnt ist6. Früher hatte sie fünftausend bewohnte Häuser, heute sind es kaum achthundert, und jeder Fremde, der dort mit dem Wunsch ankommt sich niederzulassen, erhält umsonst Haus, Gärten, Felder und Olivenhaine, damit er sich leicht ernähren kann7. Deshalb dürfte die Stadt bald wieder besiedelt sein.
Über die Moschee in AlmeríaAlmería, Ort
Die MoscheeAlmería, OrtMoschee / Kathedrale, das heißt die Hauptkirche von AlmeríaAlmería, Ort, gehört zu den schönsten im ganzen Reich von GranadaGranada, Ort1. Vor dem Krieg und vor dem Erdbeben gab es so viele Kaufleute, dass in der Stadt und der Umgebung jedes Jahr mehr als zweihundert Zentner Seide umgesetzt wurden. Wegen dieser und wegen anderer Reichtümer erscheint jener teuflische Tempel (!) hervorragend ausgestattet. Er ist wunderschön und hat mehr als achthundert Säulen. Zu Zeiten der SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) brannten im Innern den ganzen Tag lang mehr als hundert Lichter. Wir besuchten auch den Raum, in dem das dem Tempel geschenkte Öl aufbewahrt wird, sowie den geheimen Ort, wo ihr Kali2, das heißt der oberste Priester, zu den Gläubigen sprach. Im Zentrum der Kirche gibt es einen großen quadratischen Garten mit Zitronen- und anderen Bäumen sowie mit Marmorstatuen gesäumt; in der Mitte plätschert fließendes Wasser, wo man sich, entsprechend den Riten, vor dem Eintritt in den Tempel wusch. Die MoscheeAlmería, OrtMoschee / Kathedrale ist sehr schön, sie ist 113 Schritte lang und 72 Schritte breit. Man sagte mir, dass es zu Zeiten der Sarazenen 50 Priester gab, die Fakini3 genannt wurden; sie standen dem Gottesdienst vor, und jeden Nachmittag stiegen 12 oder 14 von ihnen zum Turm hinauf und mit verstopften Ohren und weißgekleidet schrien sie entsprechend ihren Gebräuchen: „Halo, halo“ und so weiter4. Anschließend spielten sie auf ihren Trompeten. Danach wagte keiner, ohne ein Licht durch die Straßen zu gehen. Heute ist die Moschee der seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi MariaMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi geweiht, es gibt einen Bischof und etwa 20 Kanoniker. Zur Zeit der Sarazenen bezog dieses Gotteshaus eine Jahresrente aus den Besitzungen, Feldern und Gärten, die sechsundsechzigtausend Reales betrug, was 600 Dukaten entspricht5. Über diese Einnahmen verfügen nun die Kirche, der Bischof und die Kanoniker. Der Ort besitzt weitere kleine Moscheen, deren gesamte Einkünfte nun dem Bischof und dem Klerus zukommen, weil die Gotteshäuser der Kathedralkirche inkorporiert wurden. Ebenso gibt es jährliche Einkünfte von 24 000 rubae an Öl für die Lampen, eine Abgabe, die etwa fünfhundert Zentnern unserer Rechnung entspricht6. Zwei vertrauenswürdige Deutsche, die den Kastellan gut kannten, einer namens Andreas aus FuldaAndreas aus Fulda, einer Stadt in HessenHessen, L., und der andere, Johannes aus StraßburgStraßburg, Ort7, versicherten mir, sie hätten gesehen, dass im obersten Teil der MoscheeAlmería, OrtMoschee / Kathedrale an verschiedenen Stellen Glocken aufgehängt seien, welche sie den Christen in verschiedenen Kriegszügen abgenommen hätten. Diese Glocken hätten sie überall durchbohrt und auf der Konvexseite viele Ringe mit kleinen Kandelabern versehen, in die sie Lichter stellten, zuweilen in einer Glocke bis zu dreihundert Lampen8. So brennen nachmittags zweitausend oder mehr Lampen in der Moschee. Wir sahen vor dem Altar auch zwei große Leuchter mit Kristallen verschiedener Färbung, die sie aus MekkaMekka, Ort in Arabien, wo MohammedMohammed / Muhammad, Begründer des Islam begraben ist, herbeigebracht haben. Es ist nicht verwunderlich, denn die Seestädte, die vom Handel leben, wachsen und schrumpfen schnell.
Über die Entfernung AlmeríasAlmería, Ort zu AfrikaAfrika, L. und zur Berberei
Almeria ist 25 Meilen von der Stadt OránOran, Ort im Reich der Berber entfernt. Gegen Osten liegt ein größeres Vorgebirge in etwa 8 Meilen Distanz, das Cabo de GataCabo de Gata, L.. Von da aus kann man an einem klaren Tag die afrikanischen Berge sehen. Dieses Vorgebirge liegt etwa 20 Meilen von der Berberei; bei gutem Wind segelt man in 12, 16 oder 20 Stunden bis nach Orán. TremesinTlemcen, Ort liegt auf dem afrikanischen Kontinent 30 Meilen von Orán entfernt und ist größer als ValenciaValencia, Ort. Wir sahen im Hafen von AlmeríaAlmería, Ort ein Schiff, das mit Feigen, Bohnen, Reis und anderen Lebensmitteln beladen war und nach Orán in See stechen sollte. Weil es dort drei Jahre lang nicht geregnet hatte, herrschte eine so große Hungersnot in AfrikaAfrika, L., wie man sie kaum beschreiben kann. In jenen Tagen hatte auch ein Genuese heimlich ein Getreideschiff von AndalusienAndalusien, L. nach TunisTunis, Ort gesteuert. Dort kaufte er mit großem Gewinn Seide und brachte 300 SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) von Tunis nach GranadaGranada, Ort. Diese drängte er, für ein Jahr in SpanienSpanien, L. zu bleiben1, und nahm von jedem von ihnen eine Dobla für die Überfahrt ein2.
Über die neuerbauten Klöster
Drei Klöster gibt es inzwischen dort1. Der König gewährte ihnen in der Stadt einen sehr schönen Ort mit Häusern der Heiden, großen und schönen Gärten, mit Aquädukten, Wasserläufen und Kanälen im Stile der SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime). Der größte Teil aller dieser Häuser besitzt Brunnen oder Wasserläufe mit oberen und unteren Läufen sowie gutem Wasser, mit Wasserbecken aus Stein, Gips oder anderen Materialien, um das Wasser aufzubewahren. Die Sarazenen sind nämlich sehr erfinderisch in der Anlage von Aquädukten.
Sehr gut gebaut sind die Häuser des PredigerAlmería, OrtSan Domingo y la Santissima Trinidad, Kl.- und MinoritenordensAlmería, OrtSan Francisco, Kl. des heiligen FranziskusFranz von Assisi(† 1226), Hl., Ordensgründer. Die Mönche führen ein zölibatäres Leben. Ihre Frömmigkeit sagte uns ausgesprochen zu.
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