Das Ei Das Ei Wir waren zu Besuch bei Freunden meiner Eltern. Mehrere Leute saßen um einen Tisch, es gab zu essen und zu trinken. In der Familie, die wir besuchten, waren drei Kinder. Ein Mädchen, das schon älter war, und zwei Jungs ungefähr in meinem Alter. Vater sagte später, dass er dadurch, dass sich jemand lautstark geschnäuzt hatte, auf die Idee gekommen war, »das mit dem Ei« zu machen. Er kannte den Schmäh aus dem Fernsehen, irgendwer hatte dort davon erzählt. Er nahm sich heimlich ein rohes Ei aus dem Kühlschrank und versteckte es unter dem Tisch in einem Taschentuch. Er sagte, dass irgendwas mit seiner Nase nicht stimme, er habe auch plötzlich sehr starkes Kopfweh, und dann schnäuzte er sich in das Taschentuch. Er tat das sehr laut – das Geräusch machte er mit dem Mund –, dabei zerdrückte er das Ei in der Hand und ein Schwall gelben Schleims klatschte auf den Tisch, ein grausiger, undefinierbarer Rotz! Alle waren entsetzt. Aber dann wurde viel gelacht. Vor allem das Mädchen ist fast gestorben vor Lachen. Mein Vater hatte einen roten Kopf.
Ostern Ostern Zu Ostern schenkte mir mein Vater einmal eine Banane, auf die er mit Kugelschreiber geschrieben hatte: Die Osterbanane vom Osteraffen .
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Es war an meinem zehnten oder elften Geburtstag, als mein Vater bei meiner Geburtstagsfeier, die in einem Garten stattfand, auf einen Baum kletterte.
Als er oben war, rief er: »Ich bin ein Vogel!«
Dann begann er zu pfeifen und zu zwitschern.
Meine Freunde fanden das lustig, ich nicht.
Mein Vater bewegte die Arme, als ob sie Flügel wären.
Dabei fiel er fast vom Baum.
Meine Freunde lachten, ich nicht.
»Komm sofort herunter!«, rief ich.
Als er endlich wieder unten war, sagte ich: »Wenn du noch einmal lustig bist, dann bringe ich mich um.«
Er hat nicht aufgehört, lustig zu sein.
Und ich lebe immer noch.
Mein Vater erzählte mir einmal, dass er als Jugendlicher in einer Sommernacht mit zwei Freunden auf einen Baum geklettert sei, um eine Flasche Wein zu trinken.
Der Baum stand auf dem Grundstück eines alten Mannes.
Als mein Vater und seine Freunde es gerade besonders lustig hatten, hörten sie eine laute Stimme rufen: »Runter vom Baum oder es passiert was!«
Die Freunde erschraken.
Der alte Mann stand am Fenster und wiederholte: »Runter vom Baum«, und jetzt fügte er hinzu, »oder ich hole mein Gewehr!«
Als die drei Freunde das hörten, mussten sie lachen, aber der Mann meinte es ernst.
»Ich schieße euch runter vom Baum!«, rief er wütend und verschwand.
Als er kurz darauf mit einem Gewehr in der Hand am Fenster auftauchte, verging den Freunden das Lachen und sie »machten eine Fliege«, wie mein Vater sagte.
Mein Vater lag im Wohnzimmer auf dem Sofa und hatte die Augen geschlossen. Er lag auf dem Rücken und auf seiner Brust lag Billie, unsere Katze.
Als ich ins Zimmer kam, wandten mir die beiden ihre Gesichter zu. Das war ein lustiger Anblick: das große und das kleine Gesicht, die mich fragend ansahen.
Mir fiel ein, wie er sich ganz am Anfang, als wir Billie bekommen hatten, einmal lautstark über sie beschwerte: »Die spinnt! Zuerst schleckt sie sich den Hintern ab und dann will sie mit mir schmusen!«
Es dauerte eine Zeit lang, bis er Billie akzeptierte, aber dann konnte er nicht genug bekommen von ihr, auch wenn er sie manchmal als »Stinktier«, »faulen Hund« oder »gemeine Vogelmörderin!« bezeichnete.
Einmal sagte er zu mir: »Du darfst nie vergessen: Wenn wir so klein wie Mäuse wären, würde Billie uns fressen!«
Alle meine Freunde hatten Eltern, die ein Auto besaßen, manche sogar zwei davon.
Meine Mutter besaß nicht einmal einen Führerschein. Den hatte mein Vater zwar irgendwann in seiner Jugend gemacht, aber er hat nie ein eigenes Auto besessen. Manchmal hat er sich eines ausgeliehen.
Mein Vater besaß nur ein Fahrrad und oft nicht einmal das, weil ihm immer wieder eines gestohlen wurde.
Als ihm das dritte Fahrrad gestohlen worden war, sagte er zum Fahrradhändler: »Ich hätte gerne eines, das mir nicht gestohlen wird.«
Der Händler führte ihn zu einem Fahrrad im hintersten Winkel des Verkaufsraumes, zeigte mit dem Finger darauf und sagte: »Das hier stiehlt Ihnen bestimmt niemand!«
Das Fahrrad, das dort in der Ecke stand, war nicht nur uralt, sondern schrottreif und billig. »Ausgezeichnet!«, rief mein Vater und kaufte das Fahrrad, auf dem großspurig stand: Toscana Sport de Luxe .
Mit Luxus hatte der billige Drahtesel gar nichts zu tun, aber mein Vater war begeistert. Er meinte, das gute Stück sehe so ähnlich aus wie das Fahrrad, das er als Kind gehabt hatte.
Meiner Meinung nach sah es nur alt und schäbig aus, außerdem machte es scheppernde Geräusche, die irgendwie ungesund klangen – in meinen Augen und Ohren war es ein krankes Fahrrad, kurz vor dem Abkratzen.
Noch ein paar Worte über dieses »Prachtexemplar«:
Es war rostig und hatte kein Licht, nicht einmal eine Rückblende. Der Ständer war abgebrochen, er war nur noch ein Stummelständer. Wollte mein Vater das Fahrrad abstellen, musste er es irgendwo anlehnen. Oft lag es am Boden, wenn er zurückkam.
Einmal glaubte er, sein Fahrrad sei schon wieder gestohlen worden, das geliebte Toscana Sport de Luxe , an dem er wirklich sehr hing.
Er war fest davon überzeugt, dass er es vor dem Haus bei einem Verkehrszeichen angekettet hatte, jetzt war es weg.
Das war im Herbst.
Im Frühjahr fand er es wieder.
Es stand zwischen anderen Fahrrädern in der Nähe der U-Bahn-Station, die er oft benützte, und war angekettet. Nur sah es jetzt nach dem langen Winter noch schäbiger aus.
Kein Mensch war auf die Idee gekommen, es zu stehlen.
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