Dass Darts wenig mit Glück und Zufall zu tun hat, bewies ein gewisser Jim Garside mithilfe von William „Bigfoot“ Anakin. Wo? Ob du es glaubst oder nicht: Vor Gericht! Am Schluss der Verhandlungen verkündete der Richter sein Urteil: Darts ist kein Glücksspiel! Es erfordert vielmehr motorisches Geschick. Darts kann jeder erlernen. Auch wenn es am Anfang schwierig ist, gewisse Felder zu treffen, und so gewinnt man zunächst den Eindruck, dass die Pfeile völlig willkürlich ins Board fliegen.
Es gibt sogar den Begriff des Random-Darters. So bezeichnet man einen Spieler, der noch ganz am Anfang seiner Dartsbemühungen steht, oder aber jemanden, der sehr unregelmäßig und nur aus einer Laune heraus lediglich ab und zu spielt. Manchmal hat ein Spieler, der viel trainiert, jedoch einen schlechten Tag erwischt und gewinnt deshalb schnell den Eindruck, dass blinde Würfe aufs Board mehr Punkte bringen als gezielte. Dem ist natürlich nicht so. Random-Darter erreichen laut einer Analyse im Schnitt 12,82 Punkte pro Wurf, spielen also einen Average von 38,46. Da liegt man mit Training nach kurzer Zeit schon locker darüber. Und das ist es. Aufgrund der schnellen Erfolgserlebnisse kommt immer mehr Freude auf. Je öfter der Dart im anvisierten Ziel landet, desto mehr Spaß stellt sich ein.
Man muss sich nur Ziele vorgeben. Davon gibt es im Darts viele, und so kann sich jeder erst einmal nach seiner eigenen Decke strecken. Sei es der erste dreistellige Score, die erste 140, dann sogar die erste 180, das persönlich höchste Finish oder das kürzeste Leg. Wurde eine 180 geworfen, möchte man zwei in einem Match, dann drei und immer so weiter erzielen. Checkt man 170 Punkte, das höchste Finish im Dartsport, erkennt man, dass man es wirklich kann und will dieses Gefühl erneut erleben, wenn der dritte Dart die Boardmitte, das Bullseye, trifft. Und spielt man schließlich ein 15-Dart-Finish, möchte man dies nunmehr öfter hinbekommen, möglichst in vielen Legs, denn ein solches Finish entspricht einem Durchschnitt von knapp über 100 (exakt 100,2) Punkten. Eine goldene Marke und ein besonders guter Wert im Dartsport.
Die Geschichte von Peter Wright begeistert die Fans. Sie wird viele Menschen dazu bewegen, selbst mit Darts anzufangen. Doch sie ist nicht die einzige dieser Art. Immer wieder hat es Akteure gegeben, die dem Dartsport mehr Ansehen und öffentliche Aufmerksamkeit verliehen haben.
Sei es ein Eric Bristow, der mit seinen Duellen gegen John Lowe in den 1980er-Jahren für Furore sorgte. Sei es ein Phil Taylor, der in der jüngeren Vergangenheit wie kein anderer je zuvor Darts dominiert und ihm einen ganz besonderen Schub verliehen hat und dem wir vornehmlich den derzeitigen Hype um die drei kleinen Pfeile zu verdanken haben. Oder eben auch einem Raymond van Barneveld, dessen Weltmeistertitel einen Dartsboom in den Niederlanden ausgelöst hat, aus dem wiederum kein geringerer als Michael van Gerwen hervorgegangen ist. Es gab sie, und es wird sie immer wieder geben, jene besonderen Kapitel in der Historie des Darts, die diese so herrlich einfache Sportart immer wieder so vielfältig erblühen lässt und uns so begeistert.
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DIE GESCHICHTE
DES DARTSPORTS
2.1DIE ANFÄNGE
Da sich keine gerade Linie vom heutigen Darts zu seinen Ursprüngen zurückverfolgen lässt, ergibt sich in diesem Sinne auch keine vollständige Geschichte. So bleibt nur eins übrig: Spurensuche!
Ob die ersten Speere, die vor rund 400.000 Jahren auf der Jagd geworfen worden sind oder die Erfindung von Pfeil und Bogen vor nahezu 30.000 Jahren v. Chr. wirklich als Wurzeln des Dartspielens herhalten können, mag jeder für sich selbst entscheiden. Abgebrochene Speer- beziehungsweise Pfeilspitzen, die um 500 v. Chr. auf Baumscheiben, die als Board dienten, geworfen worden sind, hören sich da schon besser an, doch einwandfrei wissenschaftliche Belege fehlen. So betrachte diesen Einstieg lieber unter dem Motto: „Es war einmal …“.
Ob sodann im Mittelalter und im weiteren Verlauf der menschlichen Geschichte abgebrochene Pfeilspitzen angespitzt und auf die Böden von Wein- oder Bierfässern geworfen wurden, ob das Hantieren mit Armbrüsten zwecks Zielübungen auf ebenjene Böden oder das Kneipenvergnügen „Puff and Dart“, bei dem mittels Blasrohr Pfeile auf Zielscheiben, die bereits mit Zahlen markiert waren, gepustet worden sind, nun den Vaterschaftstest bestehen, um als unmittelbare Vorfahren des heutigen Darts zu gelten, ist ebenfalls eher eine Glaubenssache, die vom Prinzip „die Gedanken sind frei“ forciert wird.
Die Franzosen setzten bei ihren Schlachten Wurfpfeile als Waffe ein. Fakt! Diese nannten sie „Darts“. Tatsache! Aus dem kriegerischen Element erwuchs allerdings auch ein amüsanter Zeitvertreib, indem man kleine Pfeile auf Holzscheiben zirkelte. An diesem neuen Freizeitvergnügen fanden die Menschen in der Grande Nation immer mehr Amusement, und der Beliebtheitsgrad stieg kontinuierlich an.
Aufgepasst: Die Idee, Darts zu spielen, schwappte über den Ärmelkanal nach England – und nicht umgekehrt. Ergo: Der Einfall, mit kleinen Pfeilen Darts zu spielen, wurde demnach vom französischen Esprit und nicht von angelsächsischem Spirit beflügelt. Nichtsdestotrotz fanden sich in Großbritannien schnell ebenfalls Fans, und Darts erfreute sich hier gleichsam einer steigenden Popularität.
Generell wird bei dieser Spurensuche eine gewisse Dame, Anne Boleyn, herbeizitiert und uns vorgeführt. Sie war Gattin von Heinrich VIII. aus dem Haus Tudor, der von 1509 bis 1547 als König von England und ab 1541 auch als König von Irland regierte, und war genau genommen die zweite von insgesamt sechs Ehefrauen, die Heinrich VIII. in seinem Leben verschliss.
Anne Boleyn hatte ihrem Gemahl angeblich dartes , so die altenglische Schreibweise, geschenkt. So war Darts zumindest am englischen Königshof angekommen. Ob Heinrich VIII. an ihnen Gefallen fand, ist nicht überliefert, allerdings schon, dass sein Gefallen an Anne Boleyn nach rund drei Jahren schon wieder erloschen war, und er sie kurzerhand einen Kopf kürzer machen ließ.
Ihre Enthauptung war insofern nichts Besonderes, als Heinrich VIII. nicht weniger als 70.000 Menschen während seiner Regentschaft hinrichten ließ. By the way: Das Wort dartes konnte man erstmalig im Jahre 1381 im Oxford English Dictionary nachschlagen.
Angeblich bereitete Darts den englischen Pilgrim Fathers viel Kurzweil bei ihrem Segelturn auf der Mayflower anno 1620 quer über den Atlantik. Zeit hatten sie sicherlich en masse, aber Hand on Heart, Sherlock, würden Puritaner wirklich ihre kostbare Zeit mit Darts vergeuden, zumal ozeanischer Wellengang nicht unbedingt das richtige Fundament zu sein scheint, um Darts spielen zu können? Was immer die Pilgrims Fathers auf ihrer Überfahrt aus der Alten in die Neue Welt taten, Darts kam damals in Neuengland nicht an.
Nicht als un-, allerdings durchaus als mittelbaren Zeitzeugen in Sachen Darts kann man getrost den wohl größten Dramatiker aller Zeiten, William Shakespeare, befragen. Das 1564 in Stratford-upon-Avon geborne und dort auch 1616 verstorbene Genie galt als ausgewiesener Sportsman, der auch immer wieder sportliche Szenen in seine Werke einfließen ließ. Über Darts verlor er allerdings kein einziges Wort.
Die ersten Darts, die in größerer Anzahl von Menschen zum Spielen benutzt worden sind, wurden Mitte bis Ende des Viktorianischen Zeitalters (1837 bis 1901) aus Frankreich importiert. Der wachsende Bedarf wurde zunächst durch Rummelplätze hervorgerufen, die Dartstände zu ihren neuesten Attraktionen erklärten. Nicht überraschend ist es daher, dass diese Pfeile in England als „französische Darts“ bekannt wurden und einen weiteren Beweis darstellen, dass Darts aus Frankreich importiert worden war, wo es unstrittig seine Wurzeln hatte.
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