Je mehr ich mich in das Thema einarbeitete, umso mehr kam ich allerdings aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die für unsere Gesundheit als unverzichtbar dargestellten Tierprodukte entpuppten sich in der wissenschaftlichen Literatur sogar als äußerst schädlich für die Gesundheit. Denn sie sind Ursache oder zumindest Mitursache nicht nur für die häufigsten und schwerwiegendsten chronischen Erkrankungen, sondern auch für die häufigsten Todesursachen in den westlichen Industrieländern. Für mich war es geradezu schockierend zu erkennen, dass die wissenschaftlichen Belege so überwältigend klar gegen Tierprodukte sprachen, aber der breiten Öffentlichkeit von den einschlägigen Organisationen und den vermeintlichen „Ernährungsexperten“ genau das Gegenteil erzählt wurde, dass also Tierprodukte für eine gesunde „ausgewogene Ernährung“ angeblich wichtig seien.
Ich halte das immer noch für einen gesundheitspolitischen und ethischen Skandal allerersten Ranges. Damals konnte ich gar nicht verstehen, wie so ein Irrsinn überhaupt möglich ist, da ich die ganzen Hintergründe und Zusammenhänge zwischen Agrarindustrie, Medizinindustrie, Ernährungswissenschaften, Politik und skrupellosem Profitstreben noch nicht durchschaute.
Diese für mich damals neuen und zugleich schockierenden Erkenntnisse haben mich dazu bewogen, der breiten Bevölkerung die tatsächlichen Erkenntnisse der Wissenschaft über Ernährung zugänglich zu machen. Dazu gründete ich die als gemeinnützig anerkannte Dr. med. Henrich ProVegan Stiftung, schrieb die Broschüre „Vegan, die gesündeste Ernährung“ und erstellte die Webseite www.ProVegan.info, um die wissenschaftlichen Studien und die verfügbaren wissenschaftlichen Fakten über Ernährung allen interessierten Menschen kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Denn nach meinem ärztlichen Verständnis kann und darf es nicht so sein, dass Menschen ihre Ernährung auf Vorurteilen, Lügen und Gerüchten ohne Berücksichtigung der wissenschaftlichen Fakten aufbauen. Dazu ist die Gesundheit einfach zu wertvoll. Schon Schopenhauer wusste:
„Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“
Mit der Zeit wurde mir dann auch immer bewusster und klarer, welche weiteren unglaublich dramatischen Auswirkungen die Ernährung mit Tierprodukten auf unser Klima, unsere Umwelt und den Welthunger hat.
Meinen Hund Felix ernährte ich ebenfalls vegan, als ich erkannte, wie gesund diese Ernährung auch für Hunde ist. Wie gut es ihm tat, zeigt die Tatsache, dass er noch im Alter von 17 Jahren mit mir joggen ging und er erst im Alter von 19 Jahren verstarb.
Auch mit meiner naturwissenschaftlichen Vorbildung als Arzt war es für mich ein sehr hoher Arbeitsaufwand, um herauszufinden, wie eine gesunde Ernährung auf der Basis wissenschaftlicher Fakten tatsächlich gestaltet sein muss. Es braucht viel Zeit und Anstrengung, all die Fachliteratur und wissenschaftlichen Studien zu sichten. Nur so konnte ich den ganzen massenhaften Unfug, die Lügen und Halbwahrheiten der vielen selbsternannten „Ernährungsexperten“ in Internet und Presse erkennen und durchschauen. Für den Normalbürger ohne naturwissenschaftliche Vorbildung ist das sicherlich noch etwas schwieriger. Die Welt und insbesondere das Internet sind voller unsinniger Diäten und Ernährungsratgeber. Wie soll da ein medizinischer Laie wissen, was stimmt und was nicht?
Genau diese Verwirrung über Ernährung ist aber die Grundlage dafür, dass jede noch so obskure Ernährungsempfehlung und jede noch so verrückte Diät ihre Anhänger findet oder aber die Menschen entnervt einfach drauflos essen. Viele Menschen bekommen den Eindruck, dass man gar nicht so genau wisse, wie eine gesunde Ernährung ausschaut, weil bereits die vermeintlichen „Experten“ so unterschiedliche Aussagen treffen. Manche „Experten“ verkaufen sogar ihre Bücher mit der skurrilen Botschaft, dass es angeblich gar keine ungesunden Lebensmittel gebe. Die Menschen hören natürlich gerne, dass sie unbesorgt mit ihrer ungesunden Ernährungsweise fortfahren können.
Die Folge all der Manipulationen und den daraus entstandenen Verwirrungen ist die heute übliche „westliche Ernährung“ mit Fleisch, Milchprodukten, Eiern, Fisch und raffiniertem Zucker – und der bekannten Epidemie der chronischen ernährungsbedingten Leiden wie Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Schlaganfällen, Diabetes, Krebs, Nierenerkrankungen, Demenz, Alzheimer, Übergewicht, Autoimmunerkrankungen usw.
Das Interessante und gleichzeitig auch Erstaunliche war für mich letztlich die Erkenntnis, dass die biologischen und physiologischen Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit zwar äußerst komplex sind, die tägliche praktische Durchführung einer gesunden Ernährung aber trotzdem ganz einfach ist. Denn es reichen einige wenige ganz einfache Regeln, basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen, um sich täglich gesund zu ernähren, ohne dass man dazu fundiertes Ernährungswissen benötigt. An diese Regeln muss man sich dann aber auch konsequent halten.
Trotz der Epidemie der chronischen Erkrankungen steigt aber gleichzeitig auch die Lebenserwartung durch eine immer leistungsfähigere Medizin. Diese moderne Medizin mit ihren Medikamenten und Operationen heilt aber in der Regel die chronischen Erkrankungen nicht, sondern sorgt lediglich dafür, dass die Menschen mit ihren chronischen Erkrankungen länger überleben und auch oft länger leiden. Es werden bei der Behandlung der chronischen ernährungsbedingten Krankheiten vorrangig Symptome mit Medikamenten und operativen Eingriffen behandelt und die falsche Ernährung als Ursache fast immer außer Acht gelassen.
Das ist zwar ein äußerst profitables Geschäftsmodell für die Medizinindustrie, aber sehr schlecht für die chronisch Kranken und Leidenden, weil ihnen die Chance auf Heilung durch eine kausale Therapie mittels Ernährungsumstellung vorenthalten wird. Die Ursache von Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes, Krebs, Nierenerkrankungen, Demenz, Alzheimer, Übergewicht usw. ist nicht der Mangel an Medikamenten, sondern fast immer eine krankmachende Ernährung! Deshalb ist nur eine gesunde Ernährung eine kausale Therapie der chronisch ernährungsbedingten Erkrankungen.
So fantastisch die moderne Medizin bei akuten Erkrankungen auch sein mag, so groß ist ihr eklatantes Versagen bei den meisten chronischen Erkrankungen. Obwohl die wissenschaftlichen Daten deutlich zeigen, dass die Mehrzahl der chronischen Erkrankungen mit einer gesunden veganen Ernährung und einem gesunden Lebensstil gut therapiert und sogar geheilt werden könnten, verschweigen die meisten Ärzte – aus fachlicher Inkompetenz oder Profitgründen – diese Erkenntnisse ihren Patienten. Stattdessen werden teure invasive Maßnahmen durchgeführt und Unmengen an Medikamenten mit all ihren Nebenwirkungen verabreicht. Die leidenden Patienten leben zwar auf diese Weise länger, werden aber auch letztlich über viele Jahre zu Opfern ahnungsloser oder profitorientierter Ärzte. Beides ist unwürdig für den ärztlichen Berufsstand.
Dieses weitgehende Versagen von Medizin und Ernährungswissenschaften bei der Prävention und Behandlung von chronischen Erkrankungen lässt sich anhand der Studien nachweisen, die den Zusammenhang zwischen Erkrankungen und Ernährung aufzeigen. Daher möchte ich Ihnen im ersten Teil dieses Buchs die wissenschaftlichen Erkenntnisse anhand von Studien vorstellen. Ich betone ausdrücklich, dass es primär nicht um meine Ideen und Meinungen geht, sondern um die wissenschaftlich belegbaren Fakten und die daraus folgenden logischen und rationalen Schlussfolgerungen. Denn letztlich können uns nur die Daten aus seriösen wissenschaftlichen Studien zu der Erkenntnis bringen, wie eine gesunde bzw. die gesündeste Ernährung gestaltet sein muss. Auch wenn das Referieren der vielen Studien und deren Ergebnisse für den ein oder anderen eventuell etwas ermüdend sein könnte, so ist die Darstellung dieser Studien aber notwendig, damit sich der Leser selbst einen Überblick verschaffen und sicher sein kann, dass meine Aussagen und Empfehlungen auf seriösen wissenschaftlichen Daten beruhen.
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