„Nun kann durch den Regen der Zement nicht mehr ausgewaschen werden. Wenn der Beton angezogen hat, entfernen wir die Plane wieder und lassen den Beton in Ruhe fest werden. Dann hat Dein Mann seine ewige Ruhe für immer gefunden.“
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Zwei Tage später fuhr Gerhard mit Ilona zum nächsten Polizeirevier, um Ilonas Mann als vermisst zu melden. Der Polizeibeamte, der die Anzeige aufnahm, beruhigte Ilona nach Kräften.
„Er wird sicher bald wieder auftauchen. Wir müssen abwarten – vielleicht schreibt er ihnen bald einen Brief aus Neuseeland oder von sonst irgendwo und wird Sie auffordern, nachzukommen. Seien Sie geduldig. Gewöhnlich melden sich vermisste Personen nach wenigen Tagen zurück. Sie werden sehen, alles wird sich aufklären.“
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Als sie nach Hause zurückkehrten, öffnete Ilona eine Flasche Wein.
„Zur Feier des Tages. Dass es so einfach würde – wer hätte das denken können.
Nun können wir uns ganz auf uns zwei konzentrieren. Auf jeden Fall danke ich Dir nochmal sehr. Jetzt bin ich frei, zu tun, was ich will. Ich liebe Dich, ich werde Dich immer lieben. Ohne Deine Hilfe wäre ich verloren gewesen.“
„Es lief in der Tat besser, als wir voraussehen konnten. Er hat seine Rechnung bekommen, für alles, was er Dir angetan hat.“
Dann küssten und liebten sie sich heftig, wie sie sich noch nie geliebt hatten.
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Am nächsten Tag kam Ilona sehr ernst zu ihm. „Ich habe hier einen Brief von der Bank. Sie drohen mit einer Zwangsversteigerung des Hauses. Kannst Du nicht mit etwas Geld aushelfen, damit wir den Zwangsverkauf abwenden können. Ich werde versuchen, Arbeit zu finden. Zur Abwendung einer Versteigerung sind zunächst zwanzigtausend Euro fällig. Du hast doch Geld gespart. Dir fiele es nicht sonderlich schwer. Wenn es zur Zwangsversteigerung kommt, haben wir mehr verloren, als wir bis jetzt gespart haben.“
Gerhard musste nolens volens zustimmen. Besonders beunruhigte ihn dabei der Gedanke, ein neuer Eigner könnte das Grab im Garten entdecken. Die Konsequenzen für Ilona und ihn waren nicht vorstellbar. Mit seiner reinen Weste wäre es für immer vorbei. Vielleicht würde es sogar zu einer Mordanklage kommen. Ob Ilona im Ernstfall zu ihm stünde, konnte er nicht ahnen. Dafür kannte er sie zu wenig und nicht lange genug.
Von da an schlief Gerhard sehr schlecht. Nach drei Tagen bezahlte Gerhard die geforderte Summe.
Ilona bemühte sich um Arbeit, fand aber nichts, was ihr Spaß gemacht hätte.
Um als Putzfrau zu arbeiten, war sie zu anspruchsvoll. Für eine anspruchsvollere Stelle war sie von ihrer Ausbildung her nicht genügend qualifiziert.
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Von da an war Gerhard immer öfter bei Ilona.
Der Frühling kam – zögerlich zuerst – dann aber mit aller Kraft.
Eines Samstagmittags saßen sie im Garten. Die Sonne schien mit der Wärme eines Frühsommers, sodass die Natur schon mit aller Kraft zum Leben erwacht war.
Ilona druckste etwas herum, dann platzte sie los:
„Ich bekam wieder einen Brief von unserer Bank. Vielleicht kannst du Dir vorstellen, was sie wollen. Sie wollen wieder neues Geld. Kannst Du noch einmal bezahlen. Sobald ich Arbeit habe, werde ich das Geld an Dich zurückzahlen. Am Montag werde ich wieder versuchen, Arbeit zu finden. Ich könnte es in einer großen Stadt versuchen, aber das würdest Du sicher nicht wollen. Wir wollen doch zusammenbleiben, Du und ich.“
Gerhard schwankte in seiner Meinung hin und her.
Einerseits liebte er sie sehr, aber andererseits missbilligte er ihre Haltung, was Arbeit anlangte. Seiner Meinung nach war eine Beschäftigung auch als Putzfrau eine ehrenwerte Tätigkeit. Er wusste aber auch, dass eine solche Arbeit für Ilona kaum in Frage käme, aber wenn sie nichts anderes finden würde, warum sollte sie nicht als Putzfrau arbeiten, um wenigstens etwas zur Abzahlung des Hauses beitragen.
„Du kannst nicht ernsthaft wollen“, fing sie wieder an,“ dass ich für andere Leute den Dreck wegmache. Das ist entwürdigend und erniedrigend für mich. Kannst Du das nicht verstehen? Ich denke, Du liebst mich.“
„Ich liebe Dich auch, ganz tief und fest, aber ich denke, Du könntest auch etwas zur Abzahlung des Hauses etwas beitragen.“
„Ich glaube, Du liebst mich nicht, jedenfalls nichts so, wie ich Dich liebe.“
Gerhard bezahlte wieder und hoffte sehr, danach von weiteren Geldforderungen verschont zu bleiben. Jedenfalls bis zum Hochsommer hatte er Ruhe vor neuen Forderungen durch Ilona.
Dann kam es zum Eklat.
Sie saßen an einem warmen Sommerabend im Garten neben dem betonierten Gartenweg. Im gesamten Garten blühten im sommerlichen Überfluss Sträucher und Blumen.
Ilona hatte plötzlich einen Brief in ihren Händen.
„Es ist wieder die Bank. Sie stellen den gesamten Restbetrag der Hausschulden fällig. Es sind achtzigtausend Euro fällig in einer Woche. Wenn wir nicht bis dahin bezahlt haben, werden sie die Zwangsversteigerung veranlassen.“
Gerhard ließ sich das Schreiben geben und las es aufmerksam durch.
„Was ist aus den beiden Beträgen geworden, die ich Dir schon gegeben habe? Sie sind hier nicht erwähnt.“
„Ach Du Dummerchen. Mein Mann hat mich immer so knappgehalten. Nie war genug Geld da.
Dank Deiner Großzügigkeit ging es mir besser, sehr viel besser.“
„Ich habe mich zwar manchmal gewundert, warum Du immer wieder neue Kleider getragen hast.“
„Aber ich wollte schön sein, schön für Dich. Du fandst die Kleider auch schön. Eine moderne Frau braucht heute neue Kleider, modische Accessoires und viele Kleinigkeiten. Ich habe mich chic gemacht für Dich, nur um Dir zu gefallen. Dir haben meine Sachen auch immer gefallen. Ich habe es nur für Dich gemacht, nur für Dich. Ich habe mich für Dich geschmückt, damit Du stolz sein kannst auf mich.“
„Aber ich wollte nie, dass Du das Geld verprasst. Ich habe für mein Geld hart gearbeitet und war immer sparsam.“
„Deshalb war ich auch so stolz auf Dich. Du warst nie so geizig wie mein Mann. Du warst großzügig, dafür habe ich Dich auch geliebt. Du warst besser, viel besser zu mir als mein Mann.
Wenn Du nicht mehr zahlen willst, must Du hier ausziehen. Dann mag ich Dich nicht mehr um mich haben. Wenn dann ein neuer Hauseigentümer meinen Mann findet oder besser die Überreste meines Mannes, und zur Polizei geht, muss ich die Wahrheit sagen. Du weißt, ich kann nicht lügen! Ich werde sagen müssen, dass Du ihn die Treppe hinuntergeworfen hast. Dabei starb er, oder stimmt das nicht? Du hast ihn auf dem Gewissen. Es ist schlimm, sehr schlimm, dass wir so weit gekommen sind.“
Sie schluchzte hemmungslos vor sich hin.
Er breitete seine Arme aus und zog sie tröstend an sich. Er streichelte ihr hübsches Gesicht.
Beruhigend murmelte er: „Wir werden einen Weg finden, vertraue mir. Lass mich nur nachdenken, etwas nachdenken.“
Er dachte nach, drei Tage lang. Dann stand sein Plan fest.
*****
Einen Tag später begann er, seine persönlichen Sachen zusammen zu räumen. Als sie schimpfend die Treppe heraufkam, wartete er, bis sie alle Treppenstufen in dem schmalen, engen Treppenhaus genommen hatte.
Oben angekommen, fauchte sie ihn an: „Zum Dank für meine Liebe willst Du Dich jetzt aus dem Staub machen! Aber so leicht werde ich es Dir nicht machen.“
Sie ergriff ihn am Arm und schüttelte ihn zornerfüllt. Darauf hatte er gewartet. Er schlug ihr mit dem Bügeleisen mit aller Gewalt an den Kopf. Dann gab er der torkelnden Frau einen heftigen Stoß mit seinem Ellenbogen, so dass sie rückwärts die Treppe hinab stürzte. Auf ihrem Weg abwärts überschlug sie sich dreimal und blieb reglos auf dem unteren Treppenabsatz liegen. Als sie sich noch einmal rührte, wickelte er sie sicherheitshalber in eine stabile Folie ein.
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