Walter Laufenberg - So schön war die Insel. Bericht aus der West-Berliner Regierungszentrale
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„Ganz lesen, also mehr als anpicken, querlesen, durchblättern kann man den Musil in einem einzigen Urlaub jedenfalls nicht“, konstatiert er kühl, „doch finde ich das gar nicht schlimm. Im Gegenteil. Das müßige Herumspielen mit einem Buch, das Naschen von Zufallssätzen und das ziellose Weiterblättern, das Hängenbleiben an einzelnen Begriffen, das ist auch eine Art, ein Buch zu nutzen, wenn man schon nicht die Ruhe hat, es ganz zu lesen. Die Stärke eines Buches zeigt sich nicht zuletzt darin, ob seine einzelnen Ausdrücke einen nachdenklich machen können, ob sie einen weiterführen können, hin zu eigenen Erkenntnissen. Ich habe, als ich anfing zu schreiben, gedacht, es müßte möglich sein, einen Text so dicht, so stringent zu machen, daß der Leser zwangsläufig das denken muß, was ich ihm eintrichtern will. Davon bin ich schnell abgekommen. Liest doch jeder Leser aus jedem Text was anderes heraus, je nach Gemütsverfassung, Bildung und aktueller Beschäftigung. Der Wortemacher ist nur ein Anreger zum Selberbau von Bewußtsein. Die unmöglichsten Gedankenverbindungen haben mir meine Leser gedankt. In Gesprächen, in Briefen. Eine einzige Peinlichkeit. Jetzt weiß ich, der Romanautor ist ein Buchmacher, der nicht mehr, aber auch nicht weniger bietet als die Chance zum Glücklichsein.“
„Bei uns zuhause ist meine Frau fürs Lesen zuständig“, gibt Dr. Hecht zu. Und muß sich dann sagen lassen: „Das höre ich immer wieder. Viel zu oft. Man kann wohl sagen, daß bei uns die Männer in den Jahren zwischen Uniabschluß und Pensionierung als Lose mit dem Aufdruck ,Kein Gewinn‘ für die Gesellschaft ausfallen.“ Worüber Dr. Hecht herzhaft lachen kann: „Sie haben einen köstlichen Humor.“ Daß Unterhaltungen hier anders ablaufen, daran muß ich mich erst noch gewöhnen, sagt Orpheus sich.
Der sogenannte Abschiedsempfang im Hotel Intercontinental, im rundum verglasten obersten Geschoß, läßt ihn ein Gefühl der Einsamkeit empfinden. Ist er doch offensichtlich der einzige von den rund siebzig Anwesenden, der nicht hofiert wird. Wohl weil ich selber nicht mitmache beim Rundum-Hofieren, sagt er sich. All diese gebleckten Gebisse, diese Verbeugungen. Beuge dich, Werwolf: Weswolf, Wemwolf, Wenwolf ... Und doch genießt er es, einer von denen zu sein, die von den adretten Weiße-Blusen-Mädchen, diesen wortlos lächelnd umherschwebenden Elfen so untertänig bedient werden. Und erst das Essen. Die Bezeichnungen der Köstlichkeiten auf der gedruckten Karte, die vor jedem Gedeck steht, in Habachtstellung, wie es sich in dieser Gesellschaft empfiehlt, diese Bezeichnungen im feinsten frankophonen Deutsch lassen prompt die pawlowschen Säfte fließen, daß er schlucken, schlucken, schlucken muß. Nach einiger Zeit kommt auch etwas auf den Teller.
Schon ein paar Tage später muß Orpheus sein Urteil über die illiteraten Männer revidieren. Im FAZ-Magazin liest er ein Kurzinterview mit dem Senatssprecher Dr. Vener. Was er in der Freizeit am liebsten tue? Sich mit Literatur beschäftigen. Ach, – sich mit Literatur zu beschäftigen, das hat immer noch einen hohen Renommierwert? Als seine Lieblingsautoren hat der Sprecher Fontane und Simenon angegeben. Typisch. Nicht nur Wohnungseinrichtungen sieht man an, in welchem Jahr die Leute soweit waren – und dann aufgehört haben, sich drum zu kümmern.
Und wieweit sind meine Kollegen heute? – Die Köpfe vollgestopft mit Zeitungspapier und Zeitschriftenbildchen, Informationsgeflüster auf den Lippen, in den Ohren radio- und fernsehwispernde Geräusche, der Blick verwischt von Herrschaftswissen, so rutschen sie schneckengleich ihre Bahn, eine Schleimspur hinter sich lassend. Ihre Instant-Geistigkeit führt sie in schöne neue Welten. Dr. O. Schmitt mit Doppeltee leidet neuerdings an gelegentlichen Anfällen von Unduldsamkeit. Er weiß das selbst, findet es unschön und bemüht sich redlich um ein menschenfreundlicheres Urteil über seine Mitmenschen. Doch meist vergeblich.
Habe ich etwa erwartet, daß sie sich anhören wollen, was ich ihnen zu sagen habe? Nur, weil ich es so schön sagen kann? Im Gegenteil, sie erwarten, daß ich mir anhöre und daß ich lese, was sie nicht ausdrücken können. Hilf Himmel, eine Sprache rundum, als hätten die Schreibmaschinen die Macht an sich gerissen. Gigantische Bla-Bla-Blasen, die nicht verstanden werden wollen, sondern hinterhorcht, von listerfahrenen Insidern interpretiert. Man sollte ihnen die Zeitungen und Zeitschriften und Informationsdienste entreißen, all die Mitteilungen, Protokolle, Dienstanweisungen, Rundschreiben und Vermerke, alle Konzepte, Akten und Unterlagen, auch noch das letzte Anschreiben und Schriftstück und Paper und Aidemémoire, selbst die geheimen Dossiers und die kleinste Aktennotiz. Klaubt ihnen jeden Vorgang aus dem Eingang, weg mit all dem Gerülpse, das sie ernstnehmen, und ihr werdet sehen: Nach drei Tagen krabbeln sie auf allen vieren herum und brabbeln freundlich vor sich hin. Dann ihnen Max und Moritz vorlesen, und sie hätten eine Chance, wieder Menschen zu werden.
6.
Arbeitnehmer-Wohnheim, Kulmer Straße 37. So belanglos die Adresse und so belanglos auch der braune Kasten von außen erscheint, Flugloch für Flugloch mit einem winzigen Balkon, einem Brettchen quasi für den Aufschwung in die Luft, die Weite, die Freiheit, für Orpheus ist das wohldurchdachte Bienenhaus mit all seiner Funktionalität voller Aufregungen. Schon wenn er sich am Spätnachmittag rathaussatt dem Bau nähert, den Schlüsselbund in der Hand, meint er es knistern zu hören wie unter der Überlandleitung: Apartment für Apartment von dem einen Wunsch beseelt, besetzt, besessen, nicht allein zu bleiben.
Aber wie das anstellen? Wie? Diese Wohnheime, auf die Berlin so stolz ist, eine der effektivsten Maßnahmen zur Überwindung der Nachteile der politisch bedingten Insellage, wie man im Rathaus zu sagen pflegt, sie haben keinerlei Gemeinschaftseinrichtungen. An so was haben die Erbauer nicht gedacht, hadert der Neuzugang mit Unbekannt. Ein Partyraum, ein Schwimmbad, eine Sauna, eine Hausbücherei oder wenigstens ein Fernsehsalon? Nein, nichts, nicht einmal ein Tischtenniskeller. Kein Buon Retiro, nein, Einzelhaft als Prinzip. Ja, eiskalte Berechnung. Isolationsfolter. Um den baldigen Umzug in eine richtige Wohnung zu erzwingen. Damit das Apartment wieder frei wird für den nächsten neuangeworbenen Arbeitnehmer, den nächsten Neuberliner. Nur neu, neu, neu darfst du hier sein, niemals mit deiner Umwelt vertraut, nicht eingelebt, nicht beruhigt, nicht zufriedengestellt, nein. Bloß zwischengelagert.
An dem Spätnachmittag, als er sein Apartment betritt, fühlt er sich wie auf links gedreht. Keine Tentakeln mehr nach außen, keine Antennen, keiner seiner sieben Sinne aktiv. Alles nach innen gestülpt, wo er nichts damit anfangen kann, wo ihm alles nur zum Dorn im Fleisch wird. Reiß dich zusammen, Orpheus! Und schon kann er auch das positiv sehen: Ich genieße nicht nur die Promptheit meiner Geschmacksnerven, die Feinheit meines Tastsinnes, den Gehorsam meines Penis, meiner Zwerchfellkontraktionen, – ich genieße viel mehr: meine Stimmungen und anderer Leute Stimmungen dazu, ich genieße sie als künstlerische Niederschläge, und ich genieße meine Hirnfunktionen. Wie zuverlässig sie sich einstellen. Aber: Einen, der so vielseitig ist im Genießen, nicht genießen zu lassen, sondern zum Arbeiten zu zwingen, das ist Mißbrauch der Natur, ist ein Verbrechen wider die Menschlichkeit, ist, ist, ist, und das auch noch und das Allerschlimmste ist, daß es das auch noch potenziert ist. – Ausgerechnet das. Aufhören, Aufhören!
Sich ganz schnell ablenken. Da das Buch. Ha, Bücher! Im Apartment zu wohnen, das ist wie Jahrzehnte zurückversetzt, versteht er plötzlich. All die Bücher, die sich im Laufe der Zeit angesammelt und wie Staub abgesetzt haben, sind plötzlich nicht mehr da. Oder: noch nicht da. Es fängt wieder mit einzelnen Büchern an. Nur anders als damals. Denn jetzt sind sie nicht mehr Stück für Stück tage- und wochenlang mein Lebensinhalt. Jetzt steht nur da, was mitgekommen ist: das vierundzwanzigbändige Lexikon und ein paar Zufallsbegleiter. Einige Bücher liegen noch so auf dem Sideboard, wie ich sie vor Wochen abgelegt habe. Ich bin in Amt und Würden, ich lebe nicht mehr mit Büchern, sie umgeben mich nur noch als stumme Beobachter, sind nur noch wortlose Vorwürfe. Und auch das mußt du positiv sehen, Orpheus. Hast du dich doch nur ein wenig von deinem Autoren-Schreibtisch entfernt – und damit auch von deinen Lesern –, um mal wieder ein paar tiefe Züge von dem permanent kreisenden Joint Normalleben zu inhalieren. Versuchte Nähe sozusagen. Einfach lebensnotwendig. Und: Turnt ganz schön an, auf einmal wer zu sein, ganz förmlich mit Titel angeredet zu werden und ein Direktorgehalt zu beziehen. Ich muß aufpassen, daß ich nicht süchtig werde. Oder auch nicht. Ist doch eh nichts für mich, dieses Rathausdasein. Ist denn etwa in meinem Sinne, was hier geschieht? Was ich als kleines Rädchen im Getriebe mit in Bewegung bringe, wenn ich mich auch soweit wie eben möglich auf eine unauffällige Zuschauerposition zurückziehe. Aber mitgegangen ist das auch. Und eines Tages wird es wohl heißen: mitgefangen, mitgehangen. Nicht echt, nicht mit Strick, nein. Nur weil ich selbst ein Opfer der Verhältnisse bin, die wir nicht verbessert haben. Kann ich da überhaupt mitmachen? Wenn mich einer fragen würde, wie ich dazu komme, hier in dieser Funktion tätig zu werden, ich als Schriftsteller, – aber es fragt mich das ja niemand. Das ist das Schlimmste: Dieses Tätigwerden hier ist das fraglos Richtige. Eine gut dotierte Position im öffentlichen Dienst. Was will man noch mehr. Und wenn doch einer käme und fragen würde? Dann würde ich ihm sagen: Das ist für mich wie ein Ausgehen, um Tinte zu holen, frische Tinte, ein großes Glas voll. Tinte, die wieder zügig fließt. Weil zuletzt das Schreiben mit dem Rest in der Flasche, schon eingedickt, so wurde, daß es kaum noch zu lesen war.
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