Wenn du früh zur Ruhe fährst.
19
Der gierige Schlemmer, vergißt er der Tischzucht
Schlingt sich schwere Krankheit an;
Oft wirkt Verspottung, wenn er zu Weisen kommt,
Thörichtem Mann sein Magen.
20
Selbst Heerden wißen, wann zur Heimkehr Zeit ist
Und gehn vom Grase willig;
Der Unkluge kennt allein nicht
Seines Magens Maß.
21
Der Armselige, Uebelgesinnte
Hohnlacht über Alles
Und weiß doch selbst nicht was er wißen sollte,
Daß er nicht fehlerfrei ist.
22
Unweiser Mann durchwacht die Nächte
Und sorgt um alle Sachen;
Matt nur ist er, wenn der Morgen kommt,
Der Jammer währt wie er war.
23
Ein unkluger Mann meint sich Alle hold,
Die ihn lieblich anlachen.
Er versieht es sich nicht, wenn sie Schlimmes von ihm reden
So er zu Klügern kommt.
24
Ein unkluger Mann meint sich Alle hold,
Die ihm kein Widerwort geben;
Kommt er vor Gericht, so erkennt er bald,
Daß er wenig Anwälte hat.
25
Ein unkluger Mann meint Alles zu können,
Wenn er sich einmal zu wahren wuste.
Doch wenig weiß er was er antworten soll,
Wenn er mit Schwerem versucht wird.
26
Ein unkluger Mann, der zu Andern kommt,
Schweigt am Besten still.
Niemand bemerkt, daß er nichts versteht
So lang er zu sprechen scheut.
Nur freilich weiß wer wenig weiß
Auch das nicht, wann er schweigen soll.
27
Weise dünkt sich schon wer zu fragen weiß
Und zu sagen versteht;
Doch Unwißenheit mag kein Mensch verbergen,
Der mit Leuten leben muß.
28
Der schwatzt zuviel, der nimmer geschweigt
Eitel unnützer Worte.
Die zappelnde Zunge, die kein Zaum verhält,
Ergellt sich selten Gutes.
29
Mach nicht zum Spott der Augen den Mann,
Der vertrauend Schutz will suchen.
Klug dünkt sich leicht, der von Keinem befragt wird
Und mit heiler Haut daheim sitzt.
30
Klug dünkt sich gern, wer Gast den Gast
Verhöhnend, Heil in der Flucht sucht.
Oft merkt zu spät, der beim Male Hohn sprach,
Wie grämlichen Feind er ergrimmte.
31
Zu oft geschiehts, das sonst nicht Verfeindete
Sich als Tischgesellen schrauben.
Dieses Aufziehn wird ewig währen:
Der Gast grollt dem Gaste.
32
Bei Zeiten nehme den Imbiß zu sich,
Der nicht zu gutem Freunde fährt.
Sonst sitzt er und schnappt und will verschmachten
Und hat zum Reden nicht Ruhe.
33
Ein Umweg ists zum untreuen Freunde,
Wohnt er gleich am Wege;
Zum trauten Freunde führt ein Richtsteig
Wie weit der Weg sich wende.
34
Zu gehen schickt sich, nicht zu gasten stäts
An derselben Statt.
Der Liebe wird leid, der lange weilt
In des Andern Haus.
35
Eigen Haus, ob eng, geht vor,
Daheim bist du Herr,
Zwei Ziegen nur und dazu ein Strohdach
Ist beßer als Betteln.
36
Eigen Haus, ob eng, geht vor,
Daheim bist du Herr.
Das Herz blutet Jedem, der erbitten muß
Sein Mal alle Mittag.
37
Von seinen Waffen weiche Niemand
Einen Schritt im freien Feld:
Niemand weiß unterwegs wie bald
Er seines Spers bedarf.
38
Nie fand ich so milden und kostfreien Mann,
Der nicht gerne Gab empfing,
Mit seinem Gute so freigebig Keinen,
Dem Lohn wär leid gewesen.
39
Des Vermögens, das der Mann erwarb,
Soll er sich selbst nicht Abbruch thun:
Oft spart man dem Leiden was man dem Lieben bestimmt;
Viel fügt sich schlimmer als man denkt.
40
Freunde sollen mit Waffen und Gewändern sich erfreun,
Den schönsten, die sie besitzen:
Gab und Gegengabe begründet Freundschaft,
Wenn sonst nichts entgegen steht.
41
Der Freund soll dem Freunde Freundschaft bewähren
Und Gabe gelten mit Gabe.
Hohn mit Hohn soll der Held erwiedern,
Und Losheit mit Lüge.
42
Der Freund soll dem Freunde Freundschaft bewähren,
Ihm selbst und seinen Freunden.
Aber des Feindes Freunde soll Niemand
Sich gewogen erweisen.
43
Weist du den Freund, dem du wohl vertraust
Und erhoffst du Holdes von ihm,
So tausche Gesinnung und Geschenke mit ihm,
Und suche manchmal sein Haus heim.
44
Weist du den Mann, dem du wenig vertraust
Und hoffst doch Holdes von ihm,
Sei fromm in Worten und falsch im Denken
Und zahle Losheit mit Lüge.
45
Weist du dir Wen, dem du wenig vertraust,
Weil dich sein Sinn verdächtig dünkt,
Den magst du anlachen, und an dich halten:
Die Vergeltung gleiche der Gabe.
46
Jung war ich einst, da ging ich einsam
Verlaßne Wege wandern.
Doch fühlt ich mich reich, wenn ich Andere fand:
Der Mann ist des Mannes Lust.
47
Der milde, muthige Mann ist am glücklichsten,
Den selten Sorge beschleicht;
Doch der Verzagte zittert vor Allem
Und kargt verkümmernd mit Gaben.
48
Mein Gewand gab ich im Walde
Moosmännern zweien.
Bekleidet dauchten sie Kämpen sich gleich,
Währet Hohn den Nackten neckt.
49
Der Dornbusch dorrt, der im Dorfe steht,
Ihm bleibt nicht Blatt noch Borke.
So geht es dem Mann, den Niemand mag:
Was soll er länger leben?
50
Heißer brennt als Feuer der Bösen
Freundschaft fünf Tage lang;
Doch sicher am sechsten ist sie erstickt
Und alle Lieb erloschen.
51
Die Gabe muß nicht immer groß sein:
Oft erwirbt man mit Wenigem Lob.
Ein halbes Brot, eine Neig im Becher
Gewann mir wohl den Gesellen.
52
Wie Körner im Sand klein an Verstand
Ist kleiner Seelen Sinn.
Ungleich ist der Menschen Einsicht,
Zwei Hälften hat die Welt.
53
Der Mann muß mäßig weise sein,
Doch nicht allzuweise.
Das schönste Leben ist dem beschieden,
Der recht weiß was er weiß.
54
Der Mann muß mäßig weise sein,
Doch nicht allzuweise.
Des Weisen Herz erheitert sich selten
Wenn er zu weise wird.
55
Der Mann muß mäßig weise sein,
Doch nicht allzuweise.
Sein Schicksal kenne Keiner voraus,
So bleibt der Sinn ihm sorgenfrei.
56
Brand entbrennt an Brand bis er zu Ende brennt,
Flamme belebt sich an Flamme.
Der Mann wird durch den Mann der Rede mächtig:
Im Verborgnen bleibt er blöde.
57
Früh aufstehen soll wer den Andern sinnt
Um Haupt und Habe zu bringen:
Dem schlummernden Wolf glückt selten ein Fang,
Noch schlafendem Mann ein Sieg.
58
Früh ausstehen soll wer wenig Arbeiter hat,
Und schaun nach seinem Werke.
Manches versäumt wer den Morgen verschläft:
Dem Raschen gehört der Reichtum halb.
59
Dürrer Scheite und deckender Schindeln
Weiß der Mann das Maß,
Und all des Holzes, womit er ausreicht
Während der Jahreswende.
60
Rein und gesättigt reit zur Versammlung
Um schönes Kleid unbekümmert.
Der Schuh und der Hosen schäme sich Niemand,
Noch des Hengstes, hat er nicht guten.
61
Zu sagen und zu fragen verstehe Jeder,
Der nicht dumm will dünken.
Nur Einem vertrau er, nicht auch dem Andern;
Wißens dreie, so weiß es die Welt.
62
Verlangend lechzt eh er landen mag
Der Aar auf der ewigen See.
So geht es dem Mann in der Menge des Volks,
Der keinen Anwalt antrifft.
63
Der Macht muß der Mann, wenn er klug ist,
Sich mit Bedacht bedienen,
Denn bald wird er finden, wenn er sich Feinde macht,
Daß dem Starken ein Stärkrer lebt.
64
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