1 ...6 7 8 10 11 12 ...23 Umsichtig und verschwiegen sei ein Jeder
Und im Zutraun zaghaft.
Worte, die Andern anvertraut wurden,
Büßt man oft bitter.
65
An manchen Ort kam ich allzufrüh;
Allzuspät an andern.
Bald war getrunken das Bier, bald zu frisch;
Unlieber kommt immer zur Unzeit.
66
Hier und dort hätte mir Labung gewinkt,
Wenn ich des bedurfte.
Zwei Schinken noch hingen in des Freundes Halle,
Wo ich Einen schon geschmaust.
* *
*
67
Feuer ist das Beste dem Erdgebornen,
Und der Sonne Schein;
Nur sei Gesundheit ihm nicht versagt
Und lasterlos zu leben.
68
Ganz unglücklich ist Niemand, ist er gleich nicht gesund:
Einer hat an Söhnen Segen,
Einer an Freunden, Einer an vielem Gut,
Einer an trefflichem Thun.
69
Leben ist beßer, auch Leben in Armut:
Der Lebende kommt noch zur Kuh.
Feuer sah ich des Reichen Reichtümer freßen,
Und der Tod stand vor der Thür.
70
Der Hinkende reite, der Handlose hüte,
Der Taube taugt noch zur Tapferkeit.
Blind sein ist beßer als verbrannt werden:
Der Todte nützt zu nichts mehr.
71
Ein Sohn ist beßer, ob spät geboren
Nach des Vaters Hinfahrt.
Bautasteine stehn am Wege selten,
Wenn sie der Freund dem Freund nicht setzt.
72
Zweie gehören zusammen und doch schlägt die Zunge das Haupt.
Unter jedem Gewand erwart ich eine Faust.
73
Der Nacht freut sich wer des Vorraths gewiss ist,
Doch herb ist die Herbstnacht.
Fünfmal wittert es in fünf Tagen:
Wie viel mehr im Monat!
74
Wer wenig weiß, der weiß auch nicht,
Daß Einen oft der Reichtum äfft;
Einer ist reich, ein Andrer arm:
Den soll Niemand narren.
75
Das Vieh stirbt, die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst;
Doch nimmer mag ihm der Nachruhm sterben,
Welcher sich guten gewann.
76
Das Vieh stirbt, die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst;
Doch Eines weiß ich, das immer bleibt:
Das Urtheil über den Todten.
77
Volle Speicher sah ich bei Fettlings Sproßen,
Die heuer am Hungertuch nagen:
Ueberfluß währt einen Augenblick,
Dann flieht er, der falscheste Freund.
78
Der alberne Geck, gewinnt er etwa
Gut oder Gunst der Frauen,
Gleich schwillt ihm der Kamm, doch die Klugheit nicht;
Nur im Hochmuth nimmt er zu.
79
Was wirst du finden, befragst du die Runen,
Die hochheiligen,
Welche Götter schufen, Hohepriester schrieben?
Daß nichts beßer sei als Schweigen.
* *
80
Den Tag lob Abends, die Frau im Tode,
Das Schwert, wenns versucht ist,
Die Braut nach der Hochzeit, eh es bricht das Eis,
Das Ael, wenns getrunken ist.
81
Im Sturm fäll den Baum, stich bei Fahrwind in See,
Mit der Maid spiel im Dunkeln: manch Auge hat der Tag.
Das Schiff ist zum Segeln, der Schild zum Decken gut,
Die Klinge zum Hiebe, zum Küssen das Mädchen.
82
Trink Ael am Feuer, auf Eis lauf Schrittschuh,
Kauf mager das Ross und rostig das Schwert.
Zieh den Hengst daheim, den Hund im Vorwerk.
83
Mädchenreden vertraue kein Mann,
Noch der Weiber Worten.
Auf geschwungnem Rad geschaffen ward ihr Herz,
Trug in der Brust verborgen.
84
Krachendem Bogen, knisternder Flamme,
Schnappendem Wolf, geschwätziger Krähe,
Grunzender Bache, wurzellosem Baum,
Schwellender Meerflut, sprudelndem Keßel;
85
Fliegendem Pfeil, fallender See,
Einnächtgem Eis, geringelter Natter,
Bettreden der Braut, bruchigem Schwert,
Kosendem Bären und Königskinde;
86
Siechem Kalb, gefälligem Knecht,
Wahrsagendem Weib, auf der Walstatt Besiegtem,
Heiterm Himmel, lachendem Herrn,
Hinkendem Köter und Trauerkleidern;
87
Dem Mörder deines Bruders, wie breit wär die Straße,
Halbverbranntem Haus, windschnellem Hengst,
(Bricht ihm ein Bein, so ist er unbrauchbar):
Dem Allen soll Niemand voreilig trauen.
88
Frühbesätem Feld trau nicht zu viel,
Noch altklugem Kind.
Wetter braucht die Saat und Witz das Kind:
Das sind zwei zweiflige Dinge.
89
Die Liebe der Frau, die falschen Sinn hegt,
Gleicht unbeschlagnem Ross auf schlüpfrigem Eis,
Muthwillig, zweijährig, und übel gezähmt;
Oder steuerlosem Schiff auf stürmender Flut,
Der Gemsjagd des Lahmen auf glatter Bergwand.
90
Offen bekenn ich, der beide wohl kenne,
Der Mann ist dem Weibe wandelbar;
Wir reden am Schönsten, wenn wir am Schlechtesten denken:
So wird die Klügste geködert.
91
Schmeichelnd soll reden und Geschenke bieten
Wer des Mädchens Minne will,
Den Liebreiz loben der leuchtenden Jungfrau:
So fängt sie der Freier.
92
Der Liebe verwundern soll sich kein Weiser
An dem andern Mann.
Ost feßelt den Klugen was den Thoren nicht fängt,
Liebreizender Leib.
93
Unklugheit wundre Keinen am Andern,
Denn Viele befällt sie.
Weise zu Tröpfen wandelt auf Erden
Der Minne Macht.
* *
*
94
Das Gemüth weiß allein, das dem Herzen innewohnt
Und seine Neigung verschließt,
Daß ärger Uebel den Edeln nicht quälen mag
Als Liebesleid.
95
Selbst erfuhr ich das, als ich im Schilfe saß
Und meiner Holden harrte.
Herz und Seele war mir die süße Maid;
Gleichwohl erwarb ich sie nicht.
96
Ich fand Billungs Maid auf ihrem Bette,
Weiß wie die Sonne, schlafend.
Aller Fürsten Freude fühlt ich nichtig,
Sollt ich ihrer länger ledig leben.
97
»Am Abend sollst du, Odhin, kommen,
Wenn du die Maid gewinnen willst.
Nicht ziemt es sich, daß mehr als Zwei
Von solcher Sünde wißen.«
98
Ich wandte mich weg Erwiedrung hoffend,
Ob noch der Neigung ungewiss;
Jedennoch dacht ich, ich dürft erringen
Ihre Gunst und Liebesglück.
99
So kehrt ich wieder: da war zum Kampf
Strenge Schutzwehr auferweckt,
Mit brennenden Lichtern, mit lodernden Scheitern
Mir der Weg verwehrt zur Lust
100
Am folgenden Morgen fand ich mich wieder ein,
Da schlief im Saal das Gesind;
Ein Hündlein sah ich statt der herlichen Maid
An das Bett gebunden.
101
Manche schöne Maid, wers merken will,
Ist dem Freier falsch gesinnt.
Das erkannt ich klar, als ich das kluge Weib
Verlocken wollte zu Lüsten.
Jegliche Schmach that die Schlaue mir an
Und wenig ward mir des Weibes.
102
Munter sei der Hausherr und heiter bei Gästen
Nach geselliger Sitte,
Besonnen und gesprächig: so schein er verständig,
Und rathe stäts zum Rechten.
103
Der wenig zu sagen weiß wird ein Erztropf genannt,
Es ist des Albernen Art.
104
Den alten Riesen besucht ich, nun bin ich zurück:
Mit Schweigen erwarb ich da wenig.
Manch Wort sprach ich zu meinem Gewinn
In Suttungs Saal.
105
Gunnlöd schenkte mir auf goldnem Seßel
Einen Trunk des theuern Meths.
Uebel vergolten hab ich gleichwohl
Ihrem heiligen Herzen,
Ihrer glühenden Gunst.
106
Ratamund ließ ich den Weg mir räumen
Und den Berg durchbohren;
In der Mitte schritt ich zwischen Riesensteigen
Und hielt mein Haupt der Gefahr hin.
107
Schlauer Verwandlungen Frucht erwarb ich,
Wenig misslingt dem Listigen.
Denn Odhrörir ist aufgestiegen
Zur weitbewohnten Erde.
108
Zweifel heg ich ob ich heim wär gekehrt
Aus der Riesen Reich,
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