Diese Menschen sind so vollständig an ihren kalten und hohen Aufenthaltsort akklimatisiert, daß sie sowohl früher, als sie von den Spaniern in die niedrigeren, östlichen Ebenen hinabgeführt, als auch später, wo sie durch die hohen Lohnsätze versucht wurden, die Goldwäschereien aufzusuchen, eine schreckenerregende Sterblichkeitsziffer darboten. Nichtdestoweniger fand Mr. Forbes ein paar rein im Blut erhaltene Familien, welche zwei Generationen hindurch leben geblieben waren, und machte die Beobachtung, daß sie noch immer ihre charakteristischen Eigenthümlichkeiten vererbten. Aber selbst ohne Messung fiel es auf, daß diese Eigenthümlichkeiten sich alle vermindert hatten, und nach der Messung zeigte sich, daß ihre Körper nicht in dem Maße verlängert waren, wie die der Menschen auf dem Hochplateau, während ihre Oberschenkel sich etwas verlängert hatten, ebenso wie ihre Schienbeine, wenn auch in geringerem Grade. Die Maßangaben selbst kann man in Mr. Forbes ' Abhandlung nachsehen. Nach diesen werthvollen Beobachtungen läßt sich, wie ich meine, nicht daran zweifeln, daß ein viele Generationen lange dauernder Aufenthalt in einer sehr hoch gelegenen Gegend sowohl direct als indirect erbliche Modifikationen in den Körperproportionen herbeizuführen neigt. 93Mag auch der Mensch während der späteren Zeiten seiner Existenz in Folge des vermehrten oder verminderten Gebrauchs von Theilen nicht sehr modificiert worden sein, so zeigen doch die hier gegebenen Thatsachen, daß er die Eigenschaft, hierdurch beeinflußt zu werden, nicht verloren bat, und wir wissen positiv, daß dasselbe Gesetz für die Thiere Gültigkeit hat. In Folge hiervon können wir schließen, daß, als zu einer sehr frühen Epoche die Urerzeuger des Menschen sich in einem Übergangszustand befanden und sich aus Vierfüßern zu Zweifüßern umwandelten, die natürliche Zuchtwahl wahrscheinlich in hohem Maße durch die vererbten Wirkungen des vermehrten oder verminderten Gebrauchs der verschiedenen Theile des Körpers unterstützt worden sein mag.
Fußnote
59Investigations in Military and Anthropological Statistics of American Soldiers by B. A. Gould , 1869, p. 256.
60In Bezug auf die Schädelform der Eingeborenen von Nord-Amerika s. Dr. Aitken Meigs in: Proceed. Acad. Natur. Sc. Philadelphia. May, 1868. Über die Australier s. Huxley in Lyell , Alter des Menschengeschlechts. 1863, p. 51. Über die Sandwich-Insulaner: Prof. J. Wyman , Observations on Crania. Boston, 1868, p. 18.
61Anatomy of the Arteries von R. Quain . Vorrede, Vol. I, 1844.
62Transact. Roy. Soc. Edinburgh. Vol. XXIV, p. 175, 189.
63Proceed. Roy. Soc. 1867, p. 544, auch 1868, p. 483, 524; ebenso ein früherer Aufsatz 1866, p. 229.
64Proceed. Roy. Irish Academy. Vol. X. 1868, p. 141.
65Acta Acad. Petropolit. 1878. Ps. II, p. 217.
66 Brehm , Thierleben, 2. Aufl. Bd. I, p. 119, 162. Rengger , Säugethiere von Paraguay, p. 57.
67Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. II, Cap. 12.
68Hereditary Genius, an Inquiry into its Laws and Consequences. 1869.
69Mr. Bates bemerkt (The Naturalist on the Amazons. 1863. Vol. II, p. 159) in Bezug auf die Indianer eines und desselben südamerikanischen Stammes; »nicht zwei von ihnen waren in der Form des Kopfes einander überhaupt ähnlich; der eine hatte ein ovales Gesicht mit schönen Zügen, ein anderer war »völlig mongolisch in der Breite und dem Vorspringen der Backen, der Öffnung der Nasenlöcher und der Schiefheit der Augen.«
70 Blumenbach , Treatises on Anthropology, engl. Übers. 1865, p. 205.
71 Mitford , History of Greece, Vol. I, p. 282. Aus einer Stelle in Xenophon's Memorabilien 2. Buch, 4. (auf welche mich Mr. J. N. Hoare aufmerksam gemacht hat) scheint hervorzugehen, daß es ein bei den Griechen geltender Grundsatz war, daß die Männer die Frauen mit einem Hinblick auf die Gesundheit und Kraft ihrer Kinder wählen sollten. Der griechische Dichter Theognis, welcher 550 v. Chr. lebte, erkannte deutlich, wie bedeutungsvoll die Zuchtwahl, wenn sie sorgfältig angewandt würde, für die Veredelung der Menschheit sein würde. Er sah auch, daß Reichthum häufig die gehörige Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl störte. Er schreibt so:
Widder zur Zucht und Esel erspäh'n wir, Kyrnos, und edle
Ross', und ein Jeglicher will solche von wack'rem Geschlecht
Aufzieh'n; aber zu freien die schuftige Tochter des Schuftes,
Kümmert den Edlen nicht, bringt sie nur Schätze zu ihm.
Auch nicht weigert ein Weib sich, des Schufts Eh'gattin zu werden,
Ist er nur reich; weit vor zieht sie der Tugend das Geld.
Schätze nur achtet man hoch. Mit dem Schufte versippt sich der Edle
Und mit dem Edlen der Schuft: Habe vermischt das Geschlecht.
(Darum wund're dich nicht, Polypaedes, wenn in's Gemeine
Sinket der Bürger Geschlecht, Edles mit Schuft'gem sich mengt.)
Ob er nun selbst wohl weiß, daß ein Schurke von Vater sie zeugte,
Führt er sie gleichwohl heim, weil der Besitz ihn verlockt:
Er, der erlaucht, die Verrufne, dieweil die gewaltige Noth ihn
Antreibt, welche des Manns Sinn, sich zu schicken, gewöhnt.
(Die Elegien des Theognis. Übers. von W. Binder . Stuttgart 1859. p. 15.)
72 Godron , De l'espèce. 1859. Tom. II. Buch 3. Quatrefages , Unité de l'espèce humaine. 1861; auch die Vorlesungen über Anthropologie, mitgetheilt in der Revue des Cours Scientifiques, 1866-68.
73Histoire génér. et partic. des Anomalies de l'Organisation. Tom. I. 1832.
74Ich habe diese Gesetze ausführlich in dem Buche »Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication«. 2. Aufl., Bd. II, Cap. 22 und 23 erörtert. J. P. Durand hat vor nicht langer Zeit (1868) eine werthvolle Abhandlung veröffentlicht: De l'Influence des Milieux etc. Er legt, was die Pflanzen betrifft, auf die Beschaffenheit des Bodens großes Gewicht.
75Investigations in Military and Anthropological Statistics by B. A. Gould 1869, p. 93, 107, 126, 131, 134.
76In Bezug auf Polynesier siehe Prichard , Physical History of Mankind. Vol. V. 1847, p. 145, 283; auch Godron , De l'espèce, Tom. II., p. 289. Es besteht auch eine merkwürdige Verschiedenheit in der äußeren Erscheinung zwischen den nahe verwandten Hindus des oberen Ganges und Bengalens, s. Elphinstone , History of India. Vol. I, p. 234.
77Memoirs Anthropolog. Soc. Vol. III. 1867–1869, p. 561, 565, 567.
78Dr. Brakenridge , Theory of Diathesis, in: Medical Times, June 19., und July 17., 1869.
79Ich habe Gewährsmänner für diese verschiedenen Angaben angeführt in meinem »Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication«. 2. Aufl. Bd. II, p. 340, 341. Dr. Jäger , Über das Längenwachsthum der Knochen in der Jenaischen Zeitschrift. Bd. V, Heft 1.]
80Investigations etc. von B. A. Gould , 1869, p. 288.
81Säugethiere von Paraguay. 1830, p. 4.
82History of Groenland. 1767, Vol. I, p. 230.
83Intermarriage, by Alex. Walker . 1838, p. 377.
84Variiren der Thiere und Pflanzen. 2. Aufl. Bd. I, p. 193.
85Die Principien der Biologie (übers. von Vetter ). 1. Bd., p. 497.
86 Paget , Lectures on Surgical Pathology. Vol. I. 1853, p. 209.
87Es ist eine eigenthümliche und unerwartete Thatsache, daß Seeleute den Festlandsbewohnern in Bezug auf die mittlere Größe der deutlichen Sehweite nachstehen. Dr. B. A. Gould hat nachgewiesen, daß dies der Fall ist (Sanitary Memoirs of the War of the Rebellion, 1869, p. 530); er erklärt es dadurch, daß bei Seeleuten die gewöhnliche Entfernung des Sehens »auf die Länge des Schiffes und die Höhe der Masten beschränkt ist«.
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