Originalausgabe Juli 2020
Charakter und Zeichnung: Tibor © Hansrudi Wäscher / becker-illustrators
Text © Melanie Brosowski
Copyright © 2020 der eBook-Ausgabe Verlag Peter Hopf, Petershagen
Redaktionelle Betreuung: Ingraban Ewald
Umschlaggestaltung: etageeins, Jörg Jaroschewitz
Hintergrundillustration Umschlag: © ihervas – Fotolia.com
ISBN ePub 978-3-86305-299-7
www.verlag-peter-hopf.com
Hansrudi Wäscher wird vertreten von Becker-Illustrators,
Eduardstraße 48, 20257 Hamburg
www.hansrudi-waescher.de
Alle Rechte vorbehalten
Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.
Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.
Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Verarbeitung und die Verbreitung des Werkes in jedweder Form, insbesondere zu Zwecken der Vervielfältigung auf fotomechanischem, digitalem oder sonstigem Weg, sowie die Nutzung im Internet dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages erfolgen.
DAS GEHEIMNISVOLLE BÜCHLEIN Erster Teil
EINS
ZWEI
DREI
VIER
FÜNF
SECHS
SIEBEN
DIE GNADENLOSE HERRIN
ACHT
NEUN
ZEHN
ELF
ZWÖLF
MELANIE BROSOWSKI
Pippo di Fiumes Schatz
Falk Band 8
Erster Teil
Das Morgenland.
Jenes sagenumwobene ferne Gefilde voller Geheimnisse und Schätze jenseits des Horizontes.
Falks ursprünglicher Plan war es gewesen, dorthin zu reisen. Zusammen mit seinem guten Freund und treuen Gefährten Bingo della Rocca, der ihn nun schon eine ganze Weile begleitete. Doch im Laufe der letzten Monate hatte die Sehnsucht nach der Heimat immer mehr Platz im Herzen des Ritters eingenommen, gleich einer Schar Soldaten, die eine Festung stürmt.
Nach ihrem gefährlichen Abenteuer mit den Sklavenhändlern hatten Falk und Bingo einige Tage als Gäste auf Schloss Vallechiara verbracht.
Es waren ruhige Tage gewesen, in denen sie sich erholt und an Speise und Trank gelabt hatten. Doch bald schon hatte Bingo zum Aufbruch gedrängt. Er konnte es kaum erwarten, die Reise in den Orient fortzusetzen.
Als die Stunde des Aufbruchs kam, packten sie ihre Sachen, verabschiedeten sich herzlich von ihren neuen Freunden und Gastgebern, die sie in großzügiger Weise mit Reiseproviant versorgt hatten, und machten sich auf den Weg zum Hafen.
Doch kaum hatten die beiden Ritter die heruntergelassene Zugbrücke überquert, lenkte Falk sein Pferd Donner nach links.
Der dicke Gaukler sah ihn verständnislos an. »Das ist die falsche Richtung«, sagte er. »Zum Hafen geht es hier entlang!« Er deutete in die entsprechende Richtung.
Falk zügelte den Braunen. »Ich weiß.« Jetzt war er also gekommen. Der Zeitpunkt, an dem er Bingo die Wahrheit sagen musste. Schon lange hegte Falk den Wunsch, in die Heimat zurückzukehren. Oft schon hatte er es Bingo sagen wollen, doch nie war der richtige Zeitpunkt dafür gewesen. Jetzt kam er nicht mehr drumherum. Auch wenn es Bingo schmerzen würde, er musste es tun. »Ich werde dich nicht ins Morgenland begleiten.« Die Worte kamen nur schwer über seine Lippen. Er beobachtete seinen Gefährten, mit dem er schon so manches erlebt hatte. Sie hatten Gefahren überstanden und Leid und Freud geteilt. Es waren gute und schlechte Zeiten gewesen. Doch nun mussten sie getrennte Wege gehen.
Auch Bingo hatte sein Pferd angehalten, rückte sichtlich nervös seine Mütze zurecht. »Sei mir nicht böse, Falk, aber dein Entschluss kommt etwas überraschend für mich!«
Falk schüttelte den Kopf. »Nein, Bingo, ich bitte dich, mir nicht böse zu sein.« Er ließ seinen Blick über den Hafen schweifen. Sah die Schiffe, die be- und entladen wurden, die ein- und ausliefen. Geschäftiges Treiben herrschte am Ufer. Rufe hallten zu ihnen hinüber. Fluchen und Lachen. »Schon seit einigen Tagen lässt mir die Sehnsucht nach der Heimat keine Ruhe mehr. Ich wollte es dir längst sagen, aber …« Er seufzte. Es war schwer, es vor sich selbst zuzugeben und noch schwerer, es vor seinem Freund zu tun. »Mir fehlte der Mut dazu. Ich weiß ja, was dir die Reise in den Orient bedeutet.«
Seit Monaten sprach Bingo von nichts anderem mehr. Umso mehr hatte Falk gezögert, hatte gehofft, dass sich sein Verlangen legen würde. Doch je weiter sie geritten waren, desto sicherer war Falk in seinem Entschluss geworden.
»Hm.« Bingo rieb sich nachdenklich das Kinn.
Am strahlend blauen Himmel zogen ein paar weiße Wolken. Ein Vogel kreiste über ihnen, hielt nach Beute Ausschau.
»Wenn du die Reise in den Orient allein fortsetzen willst … Ich würde mich freuen, wenn du später nachkommst.«
Bingo zögerte. Rang mit sich. Immer wieder wanderte sein Blick zum Meer, zu den Schiffen mit ihren Masten und Segeln; auf ihnen Männer voller Abenteuerlust, mit Sehnsüchten und Träumen, Mut und Fernweh. Schließlich schluckte er schwer, nachdem er sich zu einer Entscheidung durchgerungen hatte. »Unsinn! Der Süden läuft mir nicht weg. Aber du! Ich muss bei dir bleiben, ohne mich bist du ja hilflos wie ein Säugling. Ohne meinen Schutz erreichst du nicht einmal die nächste Grenze!«
Unwillkürlich musste Falk lächeln. Ja, Bingo war wirklich ein guter Freund.
»Ich komme mit dir, Falk!«
Sie gaben sich die Hände. »Danke, Bingo!«
Der Gaukler nickte.
Beide wendeten ihre Pferde, hatten den Hafen nunmehr im Rücken; ließen den Orient hinter sich.
Vielleicht ein anderes Mal, dachte Falk.
Und irgendwie war Falk froh, dass Bingo ihn begleitete. Die Heimreise war nicht ganz ungefährlich. Und außerdem … »Ehrlich gesagt, die Trennung von dir wäre mir sehr schwergefallen. Ich weiß nicht, wie es kommt, aber irgendwie hänge ich an dir. Du … du komischer Vogel!«
Bingo, der neben ihm ritt, riss die Augen auf. Röte überzog sein volles Gesicht. »Komischer Vogel? Du nennst mich, den großen, einmaligen, herrlichen Bingo, einen komischen Vogel?« Seine Stimme überschlug sich fast. Er zügelte sein Pferd. »Steig von deiner Schindmähre, du trauriger Ritter, damit ich dir diese Beleidigung in dein freches Mundwerk zurückstoßen kann!«
Falk war sich für einen Moment nicht sicher, ob Bingo wirklich wütend war – oder ob er nur so tat.
Auch er hielt erneut an und stieg ab. Wissend, dass die Tiere so gut trainiert waren, dass sie nicht wegliefen, sondern an Ort und Stelle stehen bleiben würden.
Bingo stand ihm in seiner vollen Pracht gegenüber.
»Bist du bereit?«, fragte er herausfordernd, während die Feder an seiner Mütze wippte.
»Ja!« Falk lachte. »Wenn du mich auf den Rücken zwingst, nehme ich den komischen Vogel zurück!«
»Gut!« Und schon stürzte sich der Gaukler auf ihn.
Es wäre ein Leichtes für Falk gewesen, den Angriff abzuwehren. Doch er tat es nicht. »He! Ha! Kitzeln gilt … ha, ha … nicht!«
Augenblicke später wälzten sich Falk und Bingo im Staub der Landstraße. Für Außenstehende musste es den Eindruck machen, dass zwei Männer auf Leben und Tod miteinander kämpften.
Und so bemerkten sie nicht den Mann, der sich ihnen näherte.
»Ihr Herren! Um Himmelswillen, Ihr Herren!«
Erschrocken zuckte Falk zusammen.
Bingo hingegen hatte den Ruf anscheinend nicht gehört.
»Auseinander!« Der Fremde kannte keine Furcht. Mutig packte er Bingo an der Schulter und versuchte, ihn von Falk wegzuziehen. »Auseinander, habe ich gesagt!«
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