Ernster Engel aus Ebenholz:
Du riesige Ruh.
Dein Schweigen schmolz
noch nie in den Bränden
von Büßerhänden.
Flammenumflehter!
Deine Beter
sind stolz:
wie du.
Der du versteinst,
du über den Blicken beginnender
König, erkiese
dir ein Geschlecht,
dem du gerecht
erscheinst,
saumsinnender
Riese.
Du, aller Matten
Furchteinflößer,
Einer ist größer
als du: dein Schatten.
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Mir zur Feier Engellieder Mädchen-Gestalten Lieder der Mädchen Gebete der Mädchen zu Maria Das Marien-Leben Das Stunden-Buch Duineser Elegien Requiem: Für eine Freundin (Für Paula Modersohn Becker) Requiem: Für Wolf Graf von Kalckreuth Das Buch der Bilder Neue Gedichte Der neuen Gedichte anderer Teil Gedichte von 1906 bis 1910 Gedichte von 1910 bis 1922 Die Sonette an Orpheus Sieben Gedichte Erste Gedichte Gedichte in französischer Sprache
Als du mich einst gefunden hast
Viele Fähren sind auf den Flüssen
Ich bin ein Waise
Ich war ein Kind und träumte viel
Als du mich einst gefunden hast
Inhaltsverzeichnis
Als du mich einst gefunden hast,
da war ich klein, so klein,
und blühte wie ein Lindenast
nur still in dich hinein.
Vor Kleinheit war ich namenlos
und sehnte mich so hin,
bis du mir sagst, dass ich zu groß
für jeden Namen bin:
Da fühl ich, dass ich eines bin
mit Mythe, Mai und Meer,
und wie der Duft des Weines bin
ich deiner Seele schwer...
Viele Fähren sind auf den Flüssen
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Viele Fähren sind auf den Flüssen,
und eine bringt sicher ihn;
aber ich kann nicht küssen,
so wird er vorüberziehn. -
Draußen war Mai.
Auf unserer alten Kommode
brannten der Kerzen zwei;
die Mutter sprach mit dem Tode,
da brach ihr die Stimme entzwei.
Und wie ich klein in der Stille stand,
reichte ich nicht in das fremde Land,
das meine Mutter bange erkannt,
ragte nur bis zum Bettesrand,
fand allein ihre blasse Hand,
von der ich Segen bekam.
Aber der Vater, von Wahnsinn wund,
riss mich hoch an der Mutter Mund,
der mir den Segen nahm.
Inhaltsverzeichnis
Ich bin ein Waise. Nie
hat jemand um meinetwillen
die Geschichten berichtet, die
die Kinder bestärken und stillen.
Wo kommt mir das plötzlich her?
Wer hat es mir zugetragen?
Für ihn weiß ich alles Sagen
und was man erzählt am Meer.
Ich war ein Kind und träumte viel
Inhaltsverzeichnis
Ich war ein Kind und träumte viel
und hatte noch nicht Mai;
da trug ein Mann sein Seitenspiel
an unserm Hof vorbei.
Da hab ich bange aufgeschaut:
"O Mutter, lass mich frei..."
Bei seiner Laute erstem Laut
brach etwas mir entzwei.
Ich wusste, eh sein Sang begann:
Es wird mein Leben sein.
Sing nicht, sing nicht, du fremder Mann:
Es wird mein Leben sein.
Du singst mein Glück und meine Müh,
mein Lied singst du und dann:
mein Schicksal singst du viel zu früh,
so dass ich, wie ich blüh und blüh, -
es nie mehr leben kann.
Er sang. Und dann verklang sein Schritt, -
er musste weiterziehn;
und sang mein Leid, das ich nie litt,
und sang mein Glück, das mir entglitt,
und nahm mich mit und nahm mich mit -
und keiner weiß wohin...
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Mir zur Feier Engellieder Mädchen-Gestalten Lieder der Mädchen Gebete der Mädchen zu Maria Das Marien-Leben Das Stunden-Buch Duineser Elegien Requiem: Für eine Freundin (Für Paula Modersohn Becker) Requiem: Für Wolf Graf von Kalckreuth Das Buch der Bilder Neue Gedichte Der neuen Gedichte anderer Teil Gedichte von 1906 bis 1910 Gedichte von 1910 bis 1922 Die Sonette an Orpheus Sieben Gedichte Erste Gedichte Gedichte in französischer Sprache
Ihr Mädchen seid wie die Gärten
Jetzt sind sie alle schon selber Frauen
Geh ich die Gassen entlang
Königinnen seid ihr und reich
Die Welle schwieg euch nie
Die Mädchen sehn der Kähne Fahrt
Ihr Mädchen seid wie die Kähne
Die blonden Schwestern flochten froh
Wenn die blonden Flechterinnen
Eh der Garten ganz beginnt
Alle Straßen führen jetzt grade hinein
Noch ahnst du nichts vom Herbst des Haines
Die Zeit, von der die Mütter sprachen
Wir haben lange im Licht gelacht
Die Mädchen am Gartenhange
Ich war in ferner Fremde Kind
Es müsste mich einer führen
Wir sind uns alle schwesterlich
Ihr Mädchen seid wie die Gärten
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Ihr Mädchen seid wie die Gärten am Abend im April: Frühling auf vielen Fährten, aber noch nirgends ein Ziel.
Jetzt sind sie alle schon selber Frauen
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Jetzt sind sie alle schon selber Frauen.
Haben Kinder und Träume verloren,
und Kinder geboren
und Kinder geboren,
und sie wissen: in diesen Toren
werden wir alle in Gram ergrauen.
Alles ihre hat Raum im Haus.
Nur das Avemarialäuten
hat ihren Herzen noch ein Bedeuten,
und kommen sie müd heraus.
Wenn die Wege zu wachsen beginnen,
kühl aus der blassen Campagna zieht's:
sie sich wie eines alten Lieds...
Geh ich die Gassen entlang
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Geh ich die Gassen entlang,
da sitzen alle die braunen
Mädchen und schauen und staunen
hinter meinem Gang.
Bis eine zu singen beginnt
und alle aus ihrem Schweigen
sich lächelnd niederneigen:
Schwestern, wir müssen ihm zeigen
wer wir sind.
Königinnen seid ihr und reich
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Königinnen seid ihr und reich.
Um die Lieder noch reicher
als blühende Bäume.
Nicht wahr, der Fremdling ist bleich?
Aber noch viel, viel bleicher
sind seine Lieblingsträume,
sind wie Rosen im Teich.
Das empfandet ihr gleich:
Königinnen seid ihr und reich.
Die Welle schwieg euch nie
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Die Welle schwieg euch nie,
so seid auch ihr nie still
und singt wie sie;
und was tief innen euer Wesen will,
wird Melodie.
Und ließ den Klang in euch der Schönheit Scham erstehn?
Erweckte ihn ein junger Mädchengram-
um wen?
Die Lieder kamen, wie das Sehnen kam,
und werden langsam mit dem Bräutigam
vergehn...
Die Mädchen sehn der Kähne Fahrt
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Die Mädchen sehn: der Kähne Fahrt
kehrt fernher hafenein,
und schauen scheu und dichtgepaart,
wie schwer das weiße Wasser ward:
denn das ist so des Abends Art,
wie eine Angst zu sein.
Und so ist keine Wiederkehr:
Es kommen von dem müden Meer
die Schiffe schwarz und groß und leer,
kein Wimpel oben fliegt:
als hätte alle irgendwer
besiegt.
Ihr Mädchen seid wie die Kähne
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Ihr Mädchen seid wie die Kähne;
an die Ufer der Stunden
seid ihr immer gebunden, -
darum bleibt ihr so bleich;
ohne hinzudenken,
wollt ihr den Winden euch schenken:
euer Traum ist der Teich.
Manchmal nimmt euch der Strandwind
mit bis die Ketten gespannt sind
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