Wenn es nicht die erste negative Erfahrung mit diesem Restaurant ist, reagieren Sie womöglich ziemlich emotional: »Das ist ekelhaft! Hierher werde ich nie wieder kommen. Natürlich werde ich überall herumerzählen, wie schrecklich Ihr Restaurant ist. Darauf können Sie sich verlassen!« Vielleicht machen Sie ein Foto von der haarigen Suppe, posten es auf Facebook oder auf Instagram und sorgen so dafür, dass es möglichst viele Leute sehen.
Und was ist, wenn Sie in diesem Restaurant Stammgast sind? Man kennt Ihre Vorlieben und tut alles dafür, dass Sie sich rundum wohlfühlen. Sie haben schon vielen von Ihrem Lieblingsrestaurant vorgeschwärmt und Ihre Familie und Ihre Freunde oft hierhergebracht. Noch nie wurden Sie enttäuscht. Jetzt finden Sie ein Haar in der Suppe. Wie reagieren Sie? Vielleicht weisen Sie die Bedienung freundlich und dezent darauf hin. Sie entschuldigt sich überschwänglich und bringt Ihnen umgehend eine neue Suppe. Oder Sie sagen sich, dass das jedem mal passieren kann, sehen einfach darüber hinweg und vergessen die Sache. Schließlich mögen Sie dieses Restaurant!
Was veranlasst Sie jeweils zu Ihrer Reaktion? Im ersten Fall ist es Gleichgültigkeit und im zweiten Empörung oder Ekel. Aber im dritten Fall ist es emotionale Verbundenheit – wahre Loyalität!
Wie bereits erwähnt, entsteht emotionale Verbundenheit zu einem Unternehmen fast immer im direkten menschlichen Kontakt. Die Mitarbeiter sind freundlich, lächeln uns an und tun alles, um uns behilflich zu sein. Sie sind so liebenswürdig und zuvorkommend, dass wir uns unwillkürlich fragen: Wer sind diese Leute? Wo findet man heute noch solche Mitarbeiter?
Warum sind uns solche Mitarbeiter vom ersten Augenblick an sympathisch? Weil sie den Kontakt mit ihren Kunden lieben! Natürlich bemerken wir auch sofort, wenn wir den Mitarbeitern gleichgültig sind. Wenn sie uns kaum beachten, unsere Bestellung verbummeln, uns mit irgendwelchen Vorschriften und Ausreden abspeisen wollen. Besonders ärgerlich ist es, wenn etwas schiefläuft und niemand bereit ist, die Verantwortung dafür zu übernehmen.
American Express führte eine Befragung mit 1620 Kunden durch. 63 Prozent erklärten: »Der Gedanke an einen guten Kundenservice lässt mein Herz höherschlagen.« Studien belegen: Solche Gedanken lösen dieselben Reaktionen im Gehirn der Kunden aus, wie wenn Menschen sich geliebt fühlen. Was wir daraus lernen? Beim Kundenservice kommt es nicht darauf an, was der Kunde denkt . Guter Service schlägt sich in Emotionen nieder. 4
Eigentlich ist es gar nicht so schwer, seine Kunden zu begeistern. Kunden lieben es, wenn sie aufmerksam und zuvorkommend behandelt werden. Sie sind dankbar, wenn sie am Serviceschalter in ein fröhliches Gesicht blicken oder an der Hotline eine freundliche Stimme hören, die sich wirklich um ihr Anliegen kümmert. Wir sind so sehr an unfreundliche Gesichter und unpersönlichen Service gewöhnt, dass allein das Gegenteil schon für echte Begeisterung sorgen kann.
»Was könnte einen Kunden dazu bewegen, einer Marke über längere Zeit treu zu bleiben?« Diese Frage stand im Zentrum einer von Oracle in Auftrag gegebenen Studie. 73 Prozent der Befragten antworteten: »freundliches Personal oder Kundendienstmitarbeiter«. Denken Sie doch nur an Ihre eigenen Erfahrungen in Sachen Kundenservice. Ganz gleich, ob Sie besonders zufrieden oder sehr unzufrieden waren: Meist verbinden Sie das mit den Mitarbeitern, mit denen Sie es zu tun hatten.
Natürlich können uns auch die Produkte oder Dienstleistungen, die Bestellprozesse, die IT-Systeme, die Rechnungsmodalitäten, die Zahlungsmethoden oder die Preisstrukturen begeistern oder verärgern. Doch unsere Gefühle gegenüber einem Unternehmen werden fast immer von Menschen geprägt. Deshalb konzentrieren wir uns in diesem Buch auf die positiven Emotionen, die wir bei anderen wecken können, wenn wir eine echte menschliche Verbindung zu ihnen aufbauen.
Fördert Ihr Verhalten die Loyalität Ihrer Kunden? Und wie sieht es mit dem Verhalten Ihrer Mitarbeiter aus?
Der Bestsellerautor Fred Reichheld gilt als Vordenker im Bereich der Kundenbindung. Er ist Partner von Bain & Company. Für die international tätige Unternehmensberatung hat er das Modell der »Loyalty Practice« entwickelt. Fred Reichheld betont, wie wichtig Loyalität für das Wachstum und die Bilanzen eines Unternehmens ist. Worauf es dabei ankommt? Das erfahren Sie auf den folgenden Seiten. Wir machen Sie mit den drei zeitlosen, allgemeingültigen Prinzipien der Loyalität vertraut. Mit anschaulichen Beispielen zeigen wir Ihnen, wie Sie den Code der Loyalität knacken. Dabei gehen wir wie folgt vor: Zunächst erklären wir Ihnen, wie Sie Loyalty Leader ( Teil I) werden. Anschließend bekommen Sie viele Tipps und Anregungen, wie Sie die drei Prinzipien der Loyalität ( Teil II, IIIund IV) erfolgreich in die Praxis umsetzen und eine starke Verbundenheit zwischen Ihnen, Ihren Mitarbeitern und Ihren Kunden aufbauen. Diese Reihenfolge ist kein Zufall. Zunächst müssen Sie Loyalty Leader werden. Nur wenn Sie denken und handeln wie ein echter Loyalitäts-Champion, können Sie die drei Prinzipien der Loyalität auch mit Leben erfüllen.
1. Kapitel
Werden Sie Loyalty Leader
»Es genügt nicht, wenn Ihre Kunden Ihnen ein ›Gefällt mir‹ geben. Ihre Kunden müssen Sie lieben.«
CATHERINE NELSON, FÜHRUNGSKRÄFTEBERATERIN
Wie wir die Welt um uns herum sehen und wie wir darauf reagieren, hängt von unseren vorherrschenden Denkmustern ab. Aber wie denken echte Loyalty Leader? Sie sind überzeugt:
Ich gewinne die Loyalität anderer, indem ich ihnen Empathie entgegenbringe, ihre Bedürfnisse erfülle und ihnen mit Großzügigkeit begegne.
Welche Vorstellung haben Sie ganz persönlich von Loyalität? Das wird wesentlich von Ihren Antworten auf die folgenden Fragen bestimmt:
•Ist Loyalität ein zentraler Erfolgsfaktor?
•Wer ist in erster Linie dafür verantwortlich, Loyalität zu wecken?
•Wie können Sie die Loyalität Ihrer Kunden und Mitarbeiter gewinnen?
Warum ist Loyalität wichtig?
Im Auftrag des Coca-Cola Retailing Reseach Councils führte Franklin-Covey eine umfassende Studie durch. 5Im Mittelpunkt stand die Frage: »Warum sind scheinbar ähnliche Einzelhändler so unterschiedlich erfolgreich?«
Wir sammelten Daten von über 300 000 Mitarbeitern aus 1100 Filialen. Dabei berücksichtigten wir das Wettbewerbsumfeld jeder einzelnen Niederlassung. Diese Informationen haben wir mit Daten zu den Finanzen und zur Kunden- und Mitarbeiterloyalität abgeglichen. Was wir herausgefunden haben? Wir haben leistungsstarke Filialen ermittelt – keine Frage. Allerdings erinnerten unsere Erkenntnisse stark an einen nächtlichen Campingplatz: Vereinzelt leuchtete in der Dunkelheit ein Lagerfeuer auf. Das heißt: Es gab nur sehr wenige Filialen, die mit ihren Umsätzen, ihrer Rentabilität und ihrer Kunden- und Mitarbeiterloyalität aus der Masse hervorstachen. Bei diesen »Lagerfeuer-Filialen« loderte ein Feuer, das wir bei den anderen nicht fanden. Und wir stellten noch etwas fest: Die Kunden der Lagerfeuer-Filialen brachten diesen eine geradezu unglaubliche Loyalität entgegen.
Unsere größte und wichtigste Erkenntnis: Filialen mit hohen Werten in Sachen Kundenloyalität werden reich belohnt . Das zeigt sich auch an den Zahlen: Was wäre, wenn eine Durchschnittsniederlassung den Abstand ihrer Treuewerte zu den Lagerfeuer-Filialen nur um ein Viertel verringern könnte? Dann hätte das eine Steigerung der Gesamtrentabilität um 20 bis 30 Prozent zur Folge!
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