»Gestern Morgen?«
»Ja. Wir haben gemeinsam gefrühstückt und ein realistischeres Budget mit Elementen des ursprünglichen Vorschlags und Peters neuen Ideen erarbeitet. Sie wollte ihm den neuen Vorschlag im Laufe des Tages präsentieren.«
»Aber Peter tauchte an seinem Arbeitsplatz nicht auf.«
»Nein.« Dan räusperte sich und schaute auf seine Hände.
Nach einer kurzen Pause fuhr Gerner fort: »Wie lange arbeitest du schon für Petax Entreprise?«
Dan blickte auf. »Seit vielen Jahren. Peter und ich kennen uns schon seit Anfang der Achtziger, und ich habe eine ganze Reihe von Aufträgen von ihm bekommen. In den verschiedensten Firmen. Wenn ich die Agentur gewechselt habe, ist Peter in den meisten Fällen mitgegangen.«
»Und Axel Holkenfeldt?«
»Ich kenne ihn natürlich, allerdings ist das überhaupt nicht vergleichbar mit meinem Verhältnis zu Peter Münster-Smith. Axel war im Laufe der Jahre bei ein paar Präsentationen dabei, doch wenn es um das öffentliche Image der Firma ging, hat Peter entschieden. Es war es, der im Fernsehen auftrat oder sich für Zeitungen interviewen ließ. Er hatte ein Händchen für Kommunikation, also war er mein primärer Kontakt. Axels Stärken liegen auf anderen Gebieten. Er ist ein sehr tüchtiger Unternehmer, und er weiß, wie man das Geld der Firma vernünftig investiert. Die beiden haben sich perfekt ergänzt.«
»Was, glaubst du, wird jetzt passieren?«
»In der Firma?« Dan hob die Schultern und trank einen Schluck Kaffee. »Petax Entreprise ist ein großes und solides Unternehmen, und soweit ich es beurteilen kann, haben sie kompetente Mitarbeiter in allen Schlüsselpositionen. Zunächst wird sich nicht viel ändern. Aber das hängt natürlich auch davon ab, was Peters Erben vorhaben.«
»Wer ist das?«
»Ich weiß, dass seine Eltern schon lange tot sind, aber es gibt Geschwister. Sein Bruder heißt Ulrik, die Schwester kenne ich nicht.« Dan stellte die Tasse ab. »So gute Freunde waren wir nicht, Gerner. Peter und ich hatten privat nie viel miteinander zu tun.«
»Ich habe ja bloß gefragt.«
»Und ich geantwortet.«
Sie sahen sich einen Moment an. Dann räusperte sich Svend Gerner. »Was ist mit Benedicte Johnstrup? Kennst du sie gut?«
»Rein professionell? Ja.«
»Hübsche Frau«, warf Thor ein.
»Keine Frage.« Dan lächelte. »Und sehr tüchtig. Benedicte war eine der wenigen, die es wagten, Peter zu widersprechen. Das mochte er.«
»Was meinst du damit?«
»Peter Münster-Smith hatte ein etwas, na ja, sagen wir unvorhersehbares Temperament. Mein Eindruck war, dass es die meisten seiner Mitarbeiter vorzogen, ihm nach dem Mund zu reden, um nicht mit ihm diskutieren zu müssen und zu riskieren, gefeuert zu werden. Mit Ausnahme von Benedicte. Sie ist sehr selbstsicher.«
»Glaubst du, es war schwierig, mit Peter Münster-Smith zusammenzuarbeiten?«
»Das solltest du seine Mitarbeiter fragen. Ich weiß nur, was ich dir gerade erzählt habe. Ich kenne ihn nur aus unseren Sitzungen. Ich weiß nicht, wie er sich an seinem Arbeitsplatz sonst benommen hat.«
»Was ist mit dir. Hast du gern mit ihm zusammengearbeitet?«
Dan zuckte mit den Schultern. »Den größten Teil der Zeit schon. Er war manchmal schwer zufriedenzustellen, dann wieder so begeistert, dass es die andere Seite aufwog.«
»Hat er pünktlich bezahlt?«, erkundigte sich Thor Bentzen.
»Soweit ich weiß, ja. Seit ich als Freelancer für ihn arbeite, gibt es keine Probleme, jedenfalls nicht damit.«
»Was meinst du damit?«
»Ach, du weißt schon …« Dan strich mit einer Hand über seine glatt rasierte Glatze. »Kennst du diese Sorte Menschen nicht, die dich mitten in der Nacht anrufen, nur um dir irgendeine wüste Idee mitzuteilen, die ihnen gerade gekommen ist?«
»Glücklicherweise nicht.«
»Na ja, so war er halt. Er erwartete, dass man alles stehen und liegen ließ und mit ihm in eine Bar ging, wenn er Lust dazu hatte.« Dan lächelte. »Wenn man sich damit einverstanden erklärte, für Peter Münster-Smith eine Aufgabe zu übernehmen, wusste man, dass das zu den Rahmenbedingungen gehörte. Er bezahlte gut und war im Gegenzug der Ansicht, dass man ihm vierundzwanzig Stunden am Tag zur Verfügung zu stehen hatte. In gewisser Weise war das sogar charmant, aber manchmal konnte es zu viel werden.«
»Benahm er sich so auch gegenüber seinem Partner?«
»Axel? Keine Ahnung. Wenn es so war, hatte Axel jedenfalls einige Jahre Zeit, sich daran zu gewöhnen. Sie arbeiten seit Anfang der achtziger Jahre zusammen.«
Als die beiden Polizisten sich kurz darauf anzogen, um die Wohnung zu verlassen, fragte Dan: »Wie läuft’s denn so bei euch? Schafft ihr es ohne Flemming Torp?«
»Ja«, antwortete Svend Gerner und zog den Reißverschluss seiner winddichten Jacke zu. »Es geht schon. Aber natürlich vermissen wir ihn.«
»Dann ist es ja gut, dass er nicht zu allzu weit weg ist, was?« Dan öffnete die Wohnungstür und trat einen Schritt zur Seite, damit seine Gäste vorbeikamen. »Er sitzt im ersten Stock, oder?«
»Ja. Ich glaube, er findet es dort ganz gut.«
Dans alter Freund, Polizeikommissar Flemming Torp, hatte wegen einer langwierigen Krankheit im vergangenen Jahr um seine Versetzung aus dem Dezernat für Gewaltkriminalität gebeten, dessen Leiter er lange Zeit war. Jetzt arbeitete er in einer anderen Abteilung des Polizeipräsidiums.
»Ach, noch etwas«, sagte Svend Gerner und drehte sich in bester Columbo-Manier auf dem Treppenabsatz um. »Ich soll dich vom Chef grüßen.«
»Frank Janssen?«
»Ja.« Svend Gerner trat von einem Bein aufs andere. »Ich soll dir ausrichten, dass du die Pfoten von der Sache lassen sollst.«
Dan konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Hat er das wirklich gesagt? So? Die Pfoten?«
»Äh, na ja, vielleicht war das auch meine Formulierung.« Gerner wand sich. »Der Sinn war jedenfalls derselbe.«
»Richte Frank aus, dass er ganz beruhigt sein kann. Ich habe momentan genug mit meiner eigentlichen Arbeit zu tun.«
»Augenblick mal«, sagte Nick. »Ein paar Kilo mehr wirst du schon schaffen.«
»Oh, Nick«, stöhnte Christina. »Das meinst du jetzt nicht im Ernst, oder?«
»Wolltest du nicht ein bisschen stärker werden?« Nick stellte die Nackenzugmaschine so ein, dass sich der Widerstand um zweieinhalb Kilo erhöhte. »Du musst dich selbst herausfordern. Sonst kommst du nicht weit.«
»Nnnng«, grummelte Christina, als sie die Handgriffe an sich zog.
Nick lächelte.
Eine Stunde dauerte der Durchgang an den Geräten, die Nick für sie ausgewählt hatte. Rücken, Schultern, Arme, Nacken. Aufwärmen: fünfzehn Minuten am Crosstrainer. »Außerdem machst du jedes Mal dreimal dreißig Sit-ups. Du musst nicht ganz hoch in die sitzende Position kommen. Hauptsache, die Schulterblätter kommen vom Boden … so, ja. Das stärkt die Bauchmuskeln viel besser als die Geräte.«
»Die Bauchmuskeln? Ich habe doch Rückenschmerzen. Und die Schultern tun mir weh.«
»Wenn deine Bauchmuskulatur schlaff ist, kannst du das Rückentraining gleich vergessen. Bauch und Rücken arbeiten zusammen. Schau her.« Nick zog sein T-Shirt bis in die Achselhöhlen und zeigte ihr die Konturen der großen Muskeln an Rücken und Bauch, während er erklärte, wie sich beide bedingten. »Wenn du Rückenschmerzen vermeiden willst, kommst du um Sit-ups nicht herum«, schloss er und ließ sein T-Shirt fallen.
Christina war froh, dass sie schon vom Training glühte. Der Anblick von Nicks nacktem, klar definiertem Bauch war gerade so an der Grenze dessen, was sie ertragen konnte.
Eigentlich ist das doch merkwürdig, dachte sie, als sie kurz darauf unter der Dusche des Damenumkleideraums stand. Nick war überhaupt nicht ihr Typ. Die wenigen Männer, die sie bisher kennengelernt hatte, waren vollkommen anders gewesen. Sie hatte sich vorher nie für einen ihrer Handwerkerkollegen interessiert. Tatsächlich hielt sie die meisten für langweilig, sobald die Gesprächsthemen ein wenig über das alltägliche Geplauder während der Mittagspause hinausgingen.
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