Der mittlere konzentrische Kreis(ausschnitt) beschreibt die Subjektebene, der äußere konzentrische Kreis(ausschnitt) die soziale Ebene (vgl. ebd., S. 20 ff.). Die Subjektebene umfasst vor allem die Dimensionen, die im sozialisationstheoretischen Modell Motivationen, Emotionen und Reflexionen heißen; an die Stelle des Terminus »Emotionen« tritt hier der Terminus »innere Beteiligung«, der eine umfassendere Bedeutung hat. Ferner ist ergänzt die Dimension des subjektiven Weltwissens und das »Selbstkonzept als (Nicht-)Leser/in«, in dem sich alle Aspekte der Subjektebene bündeln. Die aktuellen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen eines Subjekts – zum Beispiel im Hinblick auf das Lesen – sind das Ergebnis einer langen Lerngeschichte, bei der positive wie negative Erfahrungen in einer bestimmten Weise interpretiert (»attribuiert«) wurden. Dieses Selbstkonzept als (Nicht-)Leser/in dürfte einen starken Einfluss auf die je aktuelle Lesemotivation haben; dies haben insbesondere Möller & Schiefele (2004) hervorgehoben (vgl. Kap. 3 in diesem Band).
Die soziale Ebene umfasst verschiedene Sozialisationsinstanzen (Familie, Schule, Peergroup) sowie im weitesten Sinne das kulturelle Leben und beschreibt die Dimension der [23]Anschlusskommunikation (vgl. ebd., S. 23 ff.). Damit ist gemeint, dass der gesamte Prozess des Erwerbs von Lesekompetenz in Kindheit und Jugend besonders intensiv auf stützende soziale Kontexte angewiesen ist. Von den frühen Vorlesegesprächen im Kleinkindalter bis zum »Literarischen Gespräch« im Deutschunterricht, von der Buchempfehlung im Freundeskreis bis zum Lektürezirkel im akademischen Betrieb gilt: Lesen ist keine »einsame Tätigkeit«; die lebensgeschichtliche Ausbildung einer stabilen Lesepraxis ist auf personale Beziehungen angewiesen.
Im Vergleich mit dem sozialisationstheoretischen Modell von Hurrelmann systematisieren Rosebrock & Nix stärker unter didaktischen Aspekten, an welchen Dimensionen von Lesekompetenz einzelne Maßnahmen der Leseförderung ansetzen. In ihrem Buch »Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung« beschreiben sie sechs Verfahren der Leseförderung im weiterführenden Leseunterricht 5, die geeignet sind, jeweils eine oder mehrere Dimensionen der in dem Modell ausdifferenzierten kognitiven, subjektiven und sozialen Aspekte der Lesekompetenz gezielt zu fördern. Für ein systematisches Lesecurriculum in der Schule ist zu beachten, dass diese Verfahren einander ergänzend eingesetzt werden müssen, um alle Aspekte der Lesekompetenz, Lesefreude und Lesemotivation angemessen zu fördern.
[24]1.4 Die drei Säulen der Leseförderung
Nach dem PISA-Schock von 2001 war das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) eine der ersten Lehrer(fort)bildungseinrichtungen der Bundesrepublik, die sich intensiv dem Thema Leseförderung als Bestandteil von Schulentwicklung gewidmet haben. In diesem Zusammenhang wurde das Modell der »drei Säulen der Leseförderung« entwickelt, das als Grundlage für die Einführung eines systematischen Lesecurriculums an Schulen dienen sollte. »Die drei Säulen der Leseförderung stellen die Bereiche dar, die für eine systematische schulische Leseförderung von Bedeutung sind. Während das Mehrebenenmodell [von Rosebrock & Nix] vom lesenden Subjekt ausgeht, markieren die Säulen die Arbeitsbereiche der Institution Schule. Erfolgreich ist eine Schule dann, wenn sie nicht nur im Unterricht die Lesekompetenz fördert, sondern in allen Bereichen leseförderliche [25]Maßnahmen ergreift. Die Säulen ergänzen das Mehrebenenmodell durch den veränderten Blickwinkel. Beide Modelle unterstützen die schulische Entwicklungsarbeit.« (LISUM 2013, S. 13)

Abb. 5: Säulen der schulischen Leseförderung (nach LISUM 2013, S. 13)
Die drei Säulen der Leseförderung
»Die Säule ›Lesen im Unterricht‹ steht für die unterrichtlichen Maßnahmen der Leseförderung. Der Deutschunterricht nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Die systematische Entwicklung der Lesekompetenz braucht aber die Beteiligung aller Fächer. Weil das Lernen mit und aus Texten großen Raum einnimmt, sind leseförderliche Maßnahmen und die Unterstützung der (Sachtext-)Lektüre im jeweiligen Fachunterricht maßgeblich für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler.
Die Säule ›Lesen in der Schule‹ verdeutlicht, dass eine systematische schulische Leseförderung über den Unterricht hinausgeht und durch lesekulturelle Aktivitäten ergänzt wird, die das Lesen zum sozialen Ereignis machen. Viele Maßnahmen der außerunterrichtlichen Leseförderung haben die für die Entwicklung der Lesekompetenz wichtige Lesemotivation im Blick. Dabei ist die Schulbibliothek ein zentraler Ort, der allen Schülerinnen und Schülern einen unkomplizierten Zugang zu Texten und Medien ermöglicht. Außerdem gilt es, die Eltern als Partner der Leseförderung einzubeziehen – auch noch in der Sekundarstufe I.
Die Säule ›Kooperationen‹ öffnet den Blick in den außerschulischen Raum. Es gibt eine Reihe von regionalen und überregionalen Institutionen und Einrichtungen, die Schulen bei der Leseförderung unterstützen. Sie bringen Menschen in die Schulen – z. B. Lesepaten, Autoren, Literaturvermittler – oder stellen Material zur Verfügung – z. B. Zeitschriften, Bücher usw. Sehr wichtige Partner sind die öffentlichen Bibliotheken mit ihrem speziell auf Lerngruppen aller Schulstufen zugeschnittenen Angebot. Schulen mit dem Schwerpunkt Leseförderung nutzen das Know-how von außerschulischen Partnern.«
LISUM 2013, S. 13. – © Landesinstitut für Schule und Medien Berlin Brandenburg (LISUM), August 2013.
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