James Bruce(1730 – 1794) kam als Sohn wohlhabender schottischer Adeliger in Kinnaird zur Welt. Er versuchte sich zunächst in den Rechtswissenschaften und im Weinhandel. Nach einjähriger Ehe wurde er Witwer, reiste daraufhin durch Europa und betrieb autodidaktische Studien. Nach seiner Rückkehr aus Afrika sah er sich aufgrund der nicht geleisteten Erstentdeckung der Nilquellen zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt und zog sich bis zu seinem Lebensende auf seine Güter zurück.
Herbert Gussenbauerwurde 1940 geboren und ist promovierter Ethnologe und Afrikanist. Er lebt als freischaffender Autor in Wien und ist Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks. In der Edition Erdmann ist von ihm außerdem u.a. Georg Schweinfurths Im Herzen von Afrika erschienen.
Die Frage nach dem Ursprung des Blauen Nils ist so alt wie die Geografi e selbst. Der Mann, der die endgültige Antwort liefern soll, ist der schottische Abenteurer James Bruce, der mit seiner kleinen Expedition vom Roten Meer bis ins umkämpfte Kaiserreich äthiopien zieht. Am 4. November 1770 erreichen sie die erste Quelle des Nils am Fuße des Berges Geesh. Aus einer mitgebrachten Schale einer Kokosnuss schöpft Bruce Wasser und trinkt mit seinen zwei Begleitern zu Ehren seiner Majestät auf diesen historischen Augenblick.
Bei den Römern war die Frage nach den Quellen des Nils – „caput Nili quaerere“ – sprichwörtlich ein unmöglich zu bewältigendes Unterfangen. Ein Mann, der von der tatsächlichen Lösung des Problems umgetrieben wurde, war der schottische Adelige, Exzentriker und Privatgelehrte James Bruce. Vom Roten Meer bis nach äthiopien, vorbei an den politischen Wirren und Kriegsgebieten Afrikas und den Herrschaftsbereichen raffgieriger Regenten, führte Bruce seine Expedition am 4. November 1770 erfolgreich zu den Quellen des Blauen Nils. Bis heute sorgt die Diskussion um die „wahre“ Erstentdeckung der Nilquellen in der Forschung für Uneinigkeit, denn bis ins 17. Jahrhundert hinein werden andere potenzielle Vorläufer angegeben. Dennoch war James Bruce der Erste, der bei seinem Erkundungsvorhaben systematisch mit den Mitteln der modernen Wissenschaft vorging und so die Epoche der europäischen Erforschung Afrikas wesentlich mitbegründete.
DIE 100 BEDEUTENDSTEN ENTDECKER
James Bruce
James Bruce
Reisen zur
Entdeckung des Nils
Durch das unbekannte Bergland
Abessiniens zur Quelle des Blauen Nils
1768-1773
Herausgegeben
von Herbert Gussenbauer
Mit 31 Abbildungen und Karten
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Der Text wurde behutsam revidiert
nach der Ausgabe Edition Erdmann Stuttgart und Wien, 1987
Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
nach der Gestaltung von Nele Schütz Design, München
Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin/Erich Lessing
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0314-4
www.marixverlag.de/Edition_Erdmann
Vorwort des Herausgebers
Die lange Reise eines exzentrischen Schotten James Bruce und die Suche nach den Quellen des Blauen Nils
Reisen zur Entdeckung des Nils
1. Kapitel
Aufenthalt in Jidda und abenteuerliche Schiffsreise im Roten Meer
2. Kapitel
Unerfreuliches und gefährliches Verweilen in Massaua
3. Kapitel
Aufbruch ins Landesinnere und beschwerliche Reise nach Adowa
4. Kapitel
Von Adowa nach Gondar, der Haupt- und Residenzstadt Abessiniens
5. Kapitel
Aufnahme und Verrichtungen in Gondar
6. Kapitel
Sitten und Gebräuche in Abessinien
7. Kapitel
Der Verfasser wird Statthalter und versucht, die Quellen des Nils zu erreichen – Politische Verwirrung im Land
8. Kapitel
Die zweite Reise zu den Quellen des Nils
9. Kapitel
Endlich am Ziel
10. Kapitel
Chaos in Gondar und die Rückkehr des Königs
11. Kapitel
Der Verfasser verlässt die Hauptstadt und beginnt seine Heimreise
Zeittafel
Editorische Notiz
Weiterführende Literatur
Empfehlungen für Leser, die mehr über James Bruce wissen wollen
VORWORT DES HERAUSGEBERS
Die lange Reise eines exzentrischen Schotten James Bruce und die Suche nach den Quellen des Blauen Nils
Alt wie die Geschichte der abendländischen Zivilisation ist auch die Suche nach den Quellen des Nils. Bereits Herodot, der Vater der Historiografie und Erdkunde, stellte die ersten Fragen, Aristoteles schrieb eine Abhandlung über das jahreszeitliche Steigen und Fallen des Flusses und sein Schüler Alexander der Große schickte »äthiopische Männer« aus, um die geheimnisvollen Quellen des Stromes zu suchen.
»… so gibt es doch nichts, was ich lieber kennenlernen möchte als die so viele Jahrhunderte lang verborgenen Anfänge des Stromes und seine unbekannten Quellen; man eröffne mir die sichere Aussicht, die Nilquellen zu sehen, und ich will vom Bürgerkrieg ablassen«, sagte Julius Cäsar, und ein Jahrhundert später schickte Kaiser Nero zwei Zenturionen auf eine Expedition zu ihrer Entdeckung aus – vergeblich. »Caput Nili quaerere« – das Suchen nach der Nilquelle – galt im Römischen Reich als Synonym für das Lösen einer unlösbar erscheinenden Aufgabe. Irgendwo tief im Inneren des afrikanischen Kontinents, bei den geheimnisumwitterten Mondbergen, lag der Ursprung des Stroms der Ströme, der Lebensader Ägyptens.
Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Abay, der Blaue Nil, als der Hauptfluss angesehen und seine Quellen im äthiopischen Hochland nahe dem Tanasee als die »wahren« Quellen des Leben spendenden Stromes. Was lag auch näher, als in dem gebirgigen Land die seit dem Altertum legendären Mondberge zu erblicken. Die Kenntnis von den großen Seen und den mächtigen Bergriesen tief im Süden des Kontinents gelangte erst spät nach Europa. Wer hätte auch vermutet, dass die Quellen des Weißen Nils sogar noch südlich des Äquators zu suchen seien?
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten die letzten Rätsel der Nilquellen Schritt für Schritt gelöst werden, dafür stehen die Namen der Forscher Speke, Stanley, Grant, Baker und Burton. Und erst Mitte August 1898 gelangte der deutsche Arzt und Forschungsreisende Richard Kandt zum Ursprung des Rukurara in 2440 m Höhe, dessen Quelle heute als die am entferntesten von der Mündung des Nils gelegene gilt und von welcher das Wasser eine Strecke von 6671 km bis zur Küste des Mittelmeers zurücklegt: »… ein kleiner feuchter Kessel am Ende einer Klamm, aus deren Boden die Quelle nicht sprudelnd, sondern Tropfen für Tropfen dringt: Caput Nili … Quelle des Nils.«
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