(10) Hierauf warf er sich nach Kabira, 66wurde daselbst belagert, aber von Triarius entsetzt. Dieser kam nämlich auf seinem Zug zu Lucullus hier vorbei, sammelte, als er Kunde von dem Vorfall erhielt, so viele Truppen, wie er konnte, 2 und setzte Mithridates, welcher ein mächtiges römisches Heer im Anzug glaubte, dergestalt in Furcht, dass er, noch ehe er ihn zu Gesicht bekam, mit seinem Lager aufbrach. Hierdurch ermutigt verfolgte er die Flüchtigen bis Komana und brachte ihm dort eine Niederlage bei. 3 Mithridates war nämlich auf der den anrückenden Römern gegenüberliegenden Seite des Flusses [Iris] gelagert, zog aber in der Absicht, die vom Marsch Ermüdeten anzugreifen, persönlich hinüber und befahl einem anderen Heeresteil während des Kampfes über eine andere Brücke zu gehen und im entscheidenden Augenblick anzugreifen. Lange focht er mit unentschiedenem Ergebnis, aber die Brücke, über welche zu viele auf einmal hinüberdrängten, entzog ihm den Beistand der abgesandten Hilfe und vereitelte seinen Plan. Da es schon Winter war, zogen sich beide Teile in ihre festen Plätze zurück und verhielten sich ruhig.
(11) Komana 67liegt in dem jetzigen Kappadokien und rühmte sich, das Bild der Taurischen Artemis und das Geschlecht Agamemnons bis auf den heutigen Tag in seiner Mitte zu besitzen. Wie diese Dinge dorthin gekommen wären und sich erhalten hätten, wüsste ich bei den verschiedenen Sagen nicht mit Bestimmtheit zu erklären. 2 Was ich aber weiß, will ich angeben. Diese zwei Städte gleichen Namens in Kappadokien liegen nicht sehr fern voneinander und haben dieselben Altertümer. Beide fabeln das Gleiche und zeigen dieselben Dinge vor, vor allem aber besitzen sie beide das echte Opferschwert der Iphigenie. Hiervon nun soviel.
(12) Im folgenden Jahr (687 der Stadt, 67 v.Chr.) unter den Konsuln Manius Acilius und Gaius Piso stand Mithridates in einem Lager bei Gaziura Triarius gegenüber und suchte diesen auf jede Weise zur Schlacht zu reizen. 2 Vor allem tummelte er sich selbst vor den Augen der Römer herum und ließ sein Heer Feldübungen machen, um ihm noch vor Ankunft des Lucullus eine Schlacht zu liefern, ihn (wie er hoffte) zu besiegen und den Rest seines Reiches wiederzuerobern. Als jener sich nicht rührte, schickte er einen Heeresteil nach der Feste Dadasa, wo die Römer ihr Gepäck hatten, um ihn, wenn er dorthin zu Hilfe eilte, zu einer Schlacht zu nötigen. 3 Es gelang. Bisher hatte Triarius aus Furcht vor des Mithridates Übermacht und in Erwartung des Lucullus, den er um Hilfe gebeten hatte, stillgehalten; als er aber von der Belagerung Dadasas hörte und die Soldaten darüber unruhig wurden und drohten, wenn niemand sie führe, von selbst dahin zu Hilfe zu eilen, brach er wider seinen Willen auf. 4 Die Feinde aber fielen, sobald er vorrückte, über sie her, umringten sie und machten sie nieder, und selbst diejenigen, welche sich ins freie Feld geflüchtet hatten, weil sie nicht wussten, dass der Fluss dorthin abgeleitet war, überfielen sie und hieben sie zusammen. 68
(13) Alle bis auf den letzten Mann wären vernichtet worden, wenn nicht einer der Römer, sich stellend, als gehörte er zu den Hilfstruppen (denn auch Mithridates hatte, wie ich schon erwähnte, viele in seinem Heer, die auf gleiche Weise gerüstet waren) und hätte ihm etwas zu sagen, auf ihn zugekommen wäre und ihn verwundet hätte. Er wurde zwar sogleich ergriffen und niedergemacht, die Feinde aber gerieten darüber in Bestürzung, und viele Römer entkamen. 2 Mithridates heilte seine Wunde, da er aber befürchtete, es möchten noch mehrere Feinde unter seinem Heer sein, musterte er unter irgendeinem Vorwand seine Soldaten und gab ihnen plötzlich Befehl, nach ihren Zelten zu eilen; so entdeckte er die einzeln zurückbleibenden Römer und ließ sie niedermachen.
(14) Inzwischen kam Lucullus an, und man glaubte allgemein, er würde leicht mit ihm fertig werden und alles Verlorene in Kürze wieder erobert haben. Allein auch er richtete nichts aus. 2 Mithridates hatte auf der Höhe von Talaura eine feste Stellung genommen und ließ sich in kein Treffen ein. Der andere Mithridates, Schwiegersohn des Tigranes, fiel, aus Medien kommend, unversehens über die umschwärmenden Römer her und hieb viele zusammen. Tigranes selbst sollte im Anzug sein, 3 und nun begann es, im Heer unruhig zu werden. Die valerianischen Soldaten 69nämlich, welche nach abgelaufener Dienstzeit noch beim Heer geblieben waren, hatten sich, infolge des Sieges, der Ruhe und des Überflusses sowie durch Lucullus’ häufige Abwesenheit sich selbst überlassen, schon in Nisibis gerührt 4 und wurden von einem unruhigen Menschen, Publius Clodius (nach anderen hieß er Claudius), obwohl dessen Schwester Lucullus’ Gemahlin war, noch mehr aufgestiftet. Eine weitere Ursache der Unruhen gab die Nachricht von der baldigen Ankunft des Konsuls Acilius, der aus vorbenannten Gründen als Nachfolger für Lucullus gesandt worden war. So achteten sie ihn, als ob er schon außer Dienst wäre, noch weniger.
(15) Lucullus nun war deshalb, und weil er die von Marcius, der vor Acilius Konsul gewesen war und jetzt in seine Provinz Kilikien heranzog, erbetene Hilfe nicht erhalten hatte, in großer Verlegenheit, 2 indem er es ebenso bedenklich fand vorzurücken, wie in seiner jetzigen Stellung zu bleiben. Er entschied sich endlich für Ersteres, in der Hoffnung, Tigranes, vielleicht von dem Marsch ermüdet, zu überfallen, in die Flucht zu schlagen und so die aufrührerischen Soldaten etwas zu beruhigen. Allein beides gelang ihm nicht. 3 Das Heer folgte ihm bis zur Grenze von Kappadokien, dort aber kehrten alle einmütig, ohne ein Wort zu sagen, um. Die Valerianer aber, welche hörten, dass sie vom Senat zu Rom aus ihrem Dienst entlassen wären, verließen ihn allesamt.
(16) Wundern darf man sich nicht, wie Lucullus, obgleich der geschickteste Feldherr und der erste Römer, der mit einem Heer über den Taurus gegangen und zwei mächtige Könige besiegt hatte (und sie auch wohl gefangen genommen hätte, wenn er den Krieg schnell hätte beendigen wollen), seiner eigenen Soldaten nicht Meister wurde, und wie diese sich immer gegen ihn auflehnten und ihn endlich verließen. 2 Denn er forderte zu viel von ihnen, war schwer zugänglich, streng im Dienste, unerbittlich im Strafen, wusste sie nicht durch Worte zu gewinnen, nicht durch Milde zu fesseln, nicht durch Auszeichnung oder Belohnung sich ergeben zu machen; was überall bei dem großen Haufen und besonders im Krieg unerlässlich ist. 3 Solange sie nun Glück in der Schlacht und Beute als Lohn der Gefahren hatten, gehorchten sie ihm; als sie aber gegen den Feind im Nachteil und ihre Hoffnungen in Furcht umgeschlagen waren, hatte er auch ihre Achtung verloren. Dass es daran lag, sah man bald, da dieselben Soldaten unter Pompeius (denn dieser sammelte die Valerianer wieder unter seine Fahnen) die lenksamsten Leute waren. Solchen Einfluss hat eine Persönlichkeit vor der anderen.
(17) Unter diesen Umständen eroberte Mithridates fast sein ganzes Reich wieder und richtete große Verheerungen in Kappadokien an, da weder Lucullus unter dem Vorwand, dass ja Acilius in der Nähe sei, noch auch dieser zu seinem Schutz herbeieilte. Anfangs, als es noch galt, dem Lucullus die Ehre des Sieges zu rauben, hatte er alle Eile, nun, da er aber hörte, was vorgefallen, kam er gar nicht zum Heer, sondern verweilte in Bithynien. 2 Marcius aber kam dem Lucullus nicht zu Hilfe, weil er vorgab, die Soldaten wollten ihm nicht folgen. Bei seiner Ankunft in Kilikien unterwarf sich ihm ein gewisser Menemachos, der von Tigranes abgefallen war. 3 Clodius, welcher sich wegen der Vorfälle in Nisibis fürchtete und von Lucullus zu ihm übergetreten war, setzte er über die Flotte, denn auch er hatte eine Schwester desselben zur Gattin. Später wurde derselbe von den Seeräubern gefangen, aus Furcht vor Pompeius aber wieder freigelassen und kam nach Antiochia in Syrien, als wollte er den Einwohnern gegen die Araber, mit denen sie damals in Feindseligkeiten standen, beistehen. Da er aber auch dort Unruhen anfing, wäre er fast ums Leben gekommen.
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