Schmerz, der ihr Gebein versehrt!
Dann sieht das verirrte Herz zurücke;
Reue schluchzen seine Blicke.
Und die Tugend bietet ihre Freuden
Gerne Mitleid lächelnd an,
Doch die Welt – bald streut sie ihre Leiden
Auch auf die zufrieden heitre Bahn:
Weil sie dem, der Tugendfreuden kennet,
Sein zufrieden Herz nicht gönnet.
Tausend mißgunstvolle Lästerungen
Sucht sie dann, daß ihr die Tugend gleicht;
Beißend spotten dann des Neides Zungen,
Bis die arme Unschuld ihnen weicht;
Kaum verflossen etlich Freudentage,
Sieh, so sinkt der Tugend Waage.
Etlich’ Kämpfe – Tugend und Gewissen –
Nur noch schwach bewegen sie das Herz,
Wieder umgefallen! – und es fließen
Neue Tränen, neuer Schmerz!
O du Sünde, Dolch der edlen Seelen,
Muß denn jede dich erwählen?
Schwachheit, nur noch etlich’ Augenblicke,
So entfliehst du, und dann göttlich schön,
Wird der Geist verklärt, ein bess’res Glücke
Wird dann glänzender mein Auge sehn;
Bald umgibt dich, unvollkommne Hülle,
Dunkle Nacht, des Grabes Stille.
Dir flüstert’s leise – Nachtigall! dir allein,
Dir, süße Tränenweckerin! sagt es nur
Die Saite. – Stellas 4 wehmutsvoller
Seufzer – er raubte mein Herz – dein Kehlchen –
Es klagte – o! es klagte – wie Stella ists.
Starr sah’ ich hin beim Seufzer, wie, als dein Lied
Am liebevollsten schlug, am schönsten
Aus der melodischen Kehle strömte.
Dann sah’ ich auf, sah’ bebend, ob Stellas Blick
Mir lächle – ach! ich suche dich, Nachtigall!
Und du verbirgst dich. – Wem, o Stella!
Seufztest du? Sangest du mir, du süße?
Doch nein! doch nein! ich will es ja nicht, dein Lied,
Von ferne will ich lauschen – o! singe dann!
Die Seele schläft – und plötzlich schlägt die
Brust mir empor zum erhabnen Lorbeer.
O Stella! sag’ es! sag’ es! – ich bebe nicht! –
Es tötete die Wonne, geliebt zu sein,
Den Schwärmer. – Aber tränend will ich
Deinen beglückten Geliebten segnen.
Freund! wo über das Tal schauerlich Wald und Fels
Herhängt, wo das Gefild leise die Erms durchschleicht,
Und das Reh des Gebürges
Stolz an ihrem Gestade geht –
Wo im Knabengelock heiter und unschuldsvoll
Wen’ge Stunden mir einst lächelnd vorüberflohn –
Dort sind Hütten des Segens,
Freund! – du kennest die Hütten auch;
Dort am schattichten Hain wandelt Amalia.
Segne, segne mein Lied, kränze die Harfe mir,
Denn sie nannte den Namen
Den, du weißts, des Getümmels Ohr
Nicht zu kennen verdient. Stille, der Tugend nur
Und der Freundschaft bekannt, wandelt die Gute dort.
Liebes Mädchen, es trübe
Nie dein himmlisches Auge sich.
Die Unsterblichkeit der Seele
Da steh’ ich auf dem Hügel, und schau’ umher,
Wie alles auflebt, alles empor sich dehnt,
Und Hain und Flur, und Tal, und Hügel
Jauchzet im herrlichen Morgenstrahle.
O diese Nacht – da bebtet ihr, Schöpfungen!
Da weckten nahe Donner die Schlummernde,
Da schreckten im Gefilde grause
Zackigte Blitze die stille Schatten.
Jetzt jauchzt die Erde, feiert im Perlenschmuck
Den Sieg des Tages über das Graun der Nacht –
Doch freut sich meine Seele schöner
Denn sie besiegt der Vernichtung Grauen.
Denn – o ihr Himmel! Adams Geschlechte sinds,
Die diese Erd’ im niedrigen Schoße trägt –
O betet an, Geschlechte Adams!
Jauchzet mit Engeln, Geschlechte Adams!
O ihr seid schön, ihr herrliche Schöpfungen!
Geschmückt mit Perlen blitzet das Blumenfeld;
Doch schöner ist des Menschen Seele,
Wenn sie von euch sich zu Gott erhebet.
O, dich zu denken, die du aus Gottes Hand
Erhaben über tausend Geschöpfe gingst,
In deiner Klarheit dich zu denken,
Wenn du zu Gott dich erhebst, o Seele!
Ha! diese Eiche – strecket die stolze nicht
Ihr Haupt empor, als stünde sie ewig so?
Und drohte nicht Jehovas Donner,
Niederzuschmettern die stolze Eiche?
Ha! diese Felsen – blicken die stolze nicht
Hinab ins Tal, als blieben sie ewig so?
Jahrhunderte – und an der Stelle
Malmet der Wandrer zu Staub das Sandkorn.
Und meine Seele – wo ist dein Stachel, Tod?
O beugt euch, Felsen! neiget euch ehrfurchtsvoll,
Ihr stolze Eichen! – hörts und beugt euch!
Ewig ist, ewig des Menschen Seele.
Mit grausem Zischen brauset der Sturm daher,
Ich komme, spricht er, und das Gehölze kracht
Und Türme wanken, Städte sinken,
Länder zerschmettern, wenn ich ergrimme.
Doch – wandelt nicht in Schweigen der Winde Dräun?
Macht nicht ein Tag die brausende atemlos?
Ein Tag, ein Tag, an dem ein andrer
Sturm der verwesten Gebeine sammelt.
Zum Himmel schäumt und woget der Ozean
In seinem Grimm, der Sonnen und Monde Heer
Herab aus ihren Höh’n die stolze
Niederzureißen in seine Tiefen.
Was bist du Erde? hadert der Ozean,
Was bist du? streck’ ich nicht, wie die Fittige
Aufs Reh der Adler, meine Arme
Über die Schwächliche aus? – Was bist du,
Wenn nicht zur Sonne segnend mein Hauch sich hebt,
Zu tränken dich mit Regen und Morgentau?
Und wann er sich erhebt zu nahn in
Mitternachtswolken, zu nah’n mit Donnern;
Ha! bebst du nicht, gebrechliche? bebst du nicht? –
Und doch! vor jenem Tage verkriechet sich
Das Meer, und seiner Wogen keine
Tönt in die Jubel der Auferstehung.
Wie herrlich, Sonne! wandelst du nicht daher!
Dein Kommen und dein Scheiden ist Widerschein
Vom Thron des Ewigen; wie göttlich
Blickst du herab auf die Menschenkinder.
Der Wilde gafft mit zitternden Wimpern dich
O Heldin an, von heiligen Ahndungen
Durchbebt, verhüllt er schnell sein Haupt und
Nennet dich Gott, und erbaut dir Tempel.
Und doch, o Sonne! endet dereinst dein Lauf,
Verlischt an jenem Tage dein hehres Licht.
Doch wirbelt sie an jenem Tage
Rauchend die Himmel hindurch, und schmettert.
O du Entzücken meiner Unsterblichkeit!
O kehre du Entzücken! du stärkest mich!
Daß ich nicht sinke, in dem Graun der
Großen Vernichtungen nicht versinke.
Wenn all dies anhebt – fühle dich ganz, o Mensch!
Da wirst du jauchzen, wo ist dein Stachel, Tod?
Dann ewig ist sie – tönt es nach ihr
Harfen des Himmels, des Menschen Seele.
O Seele! jetzt schon bist du so wundervoll!
Wer denkt dich aus? daß wann du zu Gott dich nahst
Erhabne, mir im Auge blinket
Deine Erhabenheit – daß du, Seele!
Wann auf die Flur das irdische Auge blickt,
So süß, so himmlisch dann dich in mir erhebst –
Wer sah, was Geist an Körper bindt, wer
Lauschte die Sprache der Seele mit den
Verwesungen? – O Seele schon jetzt bist du
So groß, so himmlisch, wann du von Erdentand
Und Menschendruck entlediget in
Großen Momenten zu deinem Urstoff
Empor dich schwingst. Wie Schimmer Eloas 6 Haupt
Umschwebt der Umkreis deiner Gedanken dich
Wie Edens goldne Ströme, reihen
Deine Betrachtungen sich zusammen.
Und o! wie wirds einst werden, wann Erdentand
Und Menschendruck auf ewig verschwunden ist,
Wann ich an Gottes – Gottes Throne
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