An der Bushaltestelle: Paul, Bernd, Wolfgang, Stefan und Jürgen
Alle kommen nach vorne zum Bühnenrand in Strandkleidung, mit Rucksäcken etc. Paul und Bernd tragen noch Sonnenschirme, Köfferchen und Hutschachteln.
JÜRGEN Was habt ihr da denn noch mit?
PAUL Wirst du schon sehn.
BERND Für ihre große Strandshow.
PAUL Verrat doch nicht alles, Bernhardette.
JÜRGEN Aber sie hat doch kein Schminkköfferchen.
BERND Fang bloß nicht damit an.
PAUL ( weinerlich ) Ja, fang bloß nicht damit an.
WOLFGANG Also, was denn für ne Show.
PAUL Überraschung.
JÜRGEN Och, sag doch schon.
BERND Gott, ihre Trümmer-Tunten-Stakel-hin-Schwank-her-Lach-dich-schlapp-Show. Feierabend. So jetzt rein in den Bus, sonst ist der auch noch voll.
Im überfüllten Bus: Paul, Bernd, Wolfgang, Stefan und Jürgen.
Alle stehen dicht gedrängt mit Armen nach oben, imaginäre Haltegriffe haltend. Sie rucken und zucken, als ob sie Bus fahren würden.
WOLFGANG Scheiße, ist das jetzt jedes Mal so?
PAUL Ich glaub schon, Wolferl.
STEFAN Hat doch was, so viel Körperkontakt.
WOLFGANG Hier riecht es wie gesammelte Socken von ‘ner ganzen Kompanie, die ihre Füße mindestens dreißig Tage nicht gewaschen hat.
BERND Mmmh, wie erotisch.
WOLFGANG Bitte?
PAUL Bernd, hör doch mal. Der Typ mit den dunklen Augen und dem Schnauz, du ich glaub, der will was von mir.
BERND Der haut dir gleich was in die Schnauze.
PAUL Du meinst, der steht auf so was?
BERND Ne, aber du piekst ihm mit deinem Sonnenschirm schon die ganze Zeit ins Bein.
PAUL Ups. Na, da hätte er ja auch was sagen können.
BERND Hat er doch, Schatz.
PAUL Ich kann doch kein griechisch, Engelchen.
BERND Das war Englisch.
PAUL Klang aber so fremd.
STEFAN Gott, ist das heiß hier.
JÜRGEN Wir sind auch in Griechenland.
WOLFGANG Ich ersticke.
STEFAN Ich auch.
JÜRGEN Ist doch abenteuerlich.
PAUL Alles aussteigen, Kinder, wir sind da.
Alle schauen ins Publikum.
BERND Sind aber ne Menge Heten hier für einen Schwulenstrand.
STEFAN Lasst mal sehen. ( erschrickt ) Huch, keine geilen Kerle.
JÜRGEN Das halt ich keine zwei Wochen durch.
PAUL Der Schnauz mit seinem Jüngling kriecht den Berg rauf. Meint ihr, wir sollten ihnen nach. Die wissen vielleicht, wo es lang geht.
STEFAN Ich kraxsel jetzt auch noch Berge hoch. Da hätte ich gleich nach Bayern fahren können.
PAUL UND BERND Steffi...
WOLFGANG Also, ich glaube, hinter dem Hügel da, geht es rund. Dass wir hier falsch sind, das sieht ja schon ein blinder Eunuch mit ‚nem Krückstock.
STEFAN Da rauf?
PAUL UND BERND Steffi...
WOLFGANG Steffi, Männer. Männer...
STEFAN Also gut
Alle erklimmen den ersten Hügel.
STEFAN Noch ein Hügel.
WOLFGANG Aber wir sind schon dicht dran. Ich riech die brodelnden Männerkörper schon.
STEFAN Ach was.
Alle erklimmen den zweiten Hügel.
PAUL Noch ein Berg. Ich kann nicht mehr. Bernd, nimm du mal den Sonnenschirm.
BERND Ich hab mit der Kühltasche schon genug zu schleppen. Du willst doch immer im Schatten sitzen.
PAUL Aber ich kann nicht mehr.
STEFAN Ich auch nicht. Meine Füße. Wir werden hier in der Einöde sterben, jämmerlich. Prägt euch ja den Weg ein, sonst kommen wir hier nie wieder raus.
WOLFGANG Ist doch ein tolles Cruisinggelände. Seht mal die alten Steinhütten, da geht bestimmt die Post ab.
Alle erklimmen den dritten Hügel.
BERND Ich seh Wasser.
PAUL Wie schön für dich.
JÜRGEN Und hört nur – Musik. Party. Strand. Männer. Urlaub, endlich.
STEFAN Haben wir uns auch verdient. Warum müssen die Schwulenstrände nur immer die weit entferntesten sein?
WOLFGANG Damit wir auch schön rumsauen können, ohne gestört zu werden. Sollen uns doch die Heten mit ihrer frömmigen Moral gestohlen bleiben.
BERND Und weil die Schwulen Geschmack haben. Es sind einfach die schönsten Strände.
JÜRGEN Lieber Gott, seht euch nur die Muskelberge an, die da auf uns warten. Wir kommen.
Am Schwulenstrand: Paul, Bernd, Wolfgang, Stefan und Jürgen.
Alle liegen am Strand außer Paul. Auf englisch, französisch und gebrochen-deutsch wird Pauletta, die Attraktion: Valerie d‘Parie angesagt. Paul singt im Fummel „Ein Schiff wird kommen“. Alle klatschen.
Paul geht nach dem Auftritt zu den anderen.
PAUL Na, wie war ich, Kinder, und das ohne Schminke?
WOLFGANG Wunderbar. Ganz klasse.
STEFAN Mir wird schon ganz anders, wenn ich an den Heimweg denke.
BERND Ich hab mir sagen lassen, dass auch ab 16.00 Uhr Boote an den Strand kommen.
JÜRGEN Oh Gott, Bötchen fahren, auch das noch.
Im Boot: Paul, Bernd, Wolfgang, Stefan und Jürgen
Alle steigen in ein Gummiboot und schwanken hin und her.
JÜRGEN Mir ist schlecht, ich glaub‘ ich muss...
STEFAN Sprich es nur nicht aus, sonst fang ich auch an.
PAUL Ich weiß gar nicht, was ihr habt, ist doch herrlich, übers Meer zu schippern und den Seegang zu genießen, und ihr wollt kotzen.
JÜRGEN Er hat es gesagt.
STEFAN Ja, er hat es gesagt, dieser Dieselgeruch bringt mich um.
BERND Habt euch nicht so, ist doch besser als der stickige Bus.
PAUL Besser als über die Hügel zu latschen, meinst du. Den Bus haben wir auf alle Fälle noch vor uns. Die kleinen Boote fahren nur bis zur Bushaltestelle. Morgens geht nur ein großes Schiff hin, da sollte man dann früh genug da sein, aber sonst...
STEFAN Hör schon auf, von Schiffen zu reden...
JÜRGEN Ja, nie mehr Schiff.
BERND Dann also Hügel.
PAUL Wenn es denn sein muss.
BERND Ich freu mich aufs Hotel.
JÜRGEN Aber erst müssen wir wieder durch die engen, mit Touris vollgestopften Gassen. Ätzend.
PAUL Lasst uns doch noch einen Vorabend-Cocktail auf dem Balkon in der kleinen Bar da oben nehmen.
JÜRGEN Ich hab keine Lust mehr.
STEFAN Oh ja.
BERND Muss das sein?
WOLFGANG Was kostet so‘n Drink denn?
PAUL Wir trinken was und schauen dem Sonnenuntergang zu.
JÜRGEN ( sarkastisch ) Wie romantisch...
Auf dem Balkon einer Bar im Sonnenuntergang: Paul, Bernd, Wolfgang, Stefan und Jürgen
Alle setzen sich an den Bühnenrand, lassen die Beine baumeln und starren ins Licht. Nur Jürgen sitzt weiter hinten. Leonhard Cohens: „Dance me to the end of love“ läuft im Hintergrund.
PAUL Och. Wie schön das ist.
BERND Blutrot.
WOLFGANG Und orange.
STEFAN Gleich berührt sie den Horizont.
PAUL Oh...
WOLFGANG Wunderschön...
BERND Mmmhhhh....
STEFAN Oh, Jürgen, guck doch mal.
JÜRGEN Isse schon weg?
Alle drehen sich um und schauen Jürgen an.
JÜRGEN Ist ja schon gut.
Alle drehen sich wieder zum Sonnenuntergang um.
JÜRGEN Hört lieber Leonhard Cohen zu, das Lied ist wirklich romantisch.
PAUL Olle Grabesmelodie.
STEFAN Jetzt...
BERND Ja, jetzt...
JÜRGEN Was?
Alle applaudieren der Sonne, als sie untergegangen ist. Nur noch bläuliches, fahles Licht auf der Bühne.
PAUL Jetzt ist sie weg. Wie schade.
JÜRGEN Können wir jetzt gehen?
(Black)
In einer Disco: Paul, Bernd, Wolfgang, Stefan und Jürgen
Technomusik, alle tanzen und schnüffeln an einer Poppersflasche, die rumgereicht wird. Abruptes Ende der Musik. Licht an.
JÜRGEN Wie denn, was denn, schon Feierabend. Aber wir haben doch erst halb drei.
STEFAN Machen die einfach das Licht an. Ich bin auf Pille! Das reißt vielleicht runter.
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