Dass in muslimisch geprägten Gesellschaften Antisemitismus als gemeinsamer Nenner ihrer Mitglieder gepredigt und gepflegt wird, ist unbestreitbar, und wenn es sonst keine Gründe gäbe, radikale Islamisten zu bekämpfen, wäre ihr Antisemitismus allein Grund genug. Doch soll man nicht die Balken im Auge anderer betrachten, um dann selbst fein raus zu sein, sondern sein Augenmerk auf die Eigengrütze richten.
»In Österreich«, schrieb ein österreichischer Autor, »sind sogar die Bäume antisemitisch«, und wenn deutsche AfD-Hetzer und Pegida-Aufmarschierer und ihnen nahestehende Medienexistenzen von muslimischen Zuwanderern verlangen, sich den hiesigen Gepflogenheiten gefälligst anzupassen, kann man ihnen nur antworten, dass viele islamische Einwanderer an den Antisemitismus von AfD und Pegida doch längst perfekt angepasst sind.
Nachdem am 7. Januar 2015 in der Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris zwölf Menschen ermordet wurden, ging das Gratisbekenntnis »Je suis Charlie« in Serie. Bild propagierte es, und in den Fenstern der Hamburger Hirnvergeudungsfabrik Gruner & Jahr hing es im Dutzend. Kurz nach dem Mordanschlag auf Charlie Hebdo wurde in Paris auch ein jüdischer Supermarkt überfallen; vier Menschen wurden zunächst als Geiseln genommen und dann ermordet, weil sie Juden waren.
Die Sache ist nicht neu; als palästinensische Mörder 1972 die israelische Olympiamannschaft überfielen, umbrachten, wen sie kriegen konnten und später in einem von ihnen entführten Flugzeug zuallererst wissen wollten, wer von den Passagieren Jude sei, betrieben sie Selektion in der Tradition der SS.
Wenn nach dem 139fachen Mord am 13. November 2015 einem Mitglied des Zentralrats der Muslime in Deutschland nichts anderes einfällt, als die Attentate in vollem Ernst als »Anschlag auf den Islam« umzucodieren, zu interpretieren und zu werten, scheint mir diese licht- und empathielose, weinerliche Selbstbesessenheit viel eher ein ahndungswürdiges Delikt zu sein als ein bisschen kleinkriminelles Klauen oder Drogenverticken. Zumindest zu einem lebenslangen Schweigegelübde sollte man notorische »Die wahren Opfer sind immer noch wir!«-Schreihälse deutlich ermuntern.
Es ist immer hohe Zeit, gegen den Antisemitismus jedweder Couleur mit etwas forcierterem Humor zu Werke und den Antisemiten mit Brains an ihre Lederbirnen zu gehen. »They ain’t making Jews like Jesus any more, they don’t hold the other cheek the way they did before«, sang der jüdisch-texanische Country-Songwriter Kinky Friedman schon Anfang der 1970er Jahre.
Ich beantrage hiermit, Friedmans Humor und Esprit verpflichtet, Titelschutz für zwei deutschsprachige, auch kulinarisch orientierte Satirezeitschriften mit den Titeln Leviathan und Leviten und Das finden Sie wohl auch noch itzig, was? mit Eckart Itzigmann als spiritus rector; dies allein schon um zu erfahren, wer nach einer antisemitischen Attacke auf die Redaktionen mit den Parolen »Je suis Levi«, »Heute sind wir alle itzig« oder »Bin ich nicht furchtbar itzig?« aufwarten oder mit mir in einen alten Bob Marley-Song einstimmen würde: »Itizgman vibration, ah ah positive...«
Auf einem Bierdeckel kann man nicht nur wie Friedrich Merz eine Steuergesetzgebung notieren oder, wie ein begnadeter Fussballspieler, eine ganze gegnerische Mannschaft austanzen; man kann einen Bierdeckel auch bedrucken, zum Beispiel mit den schwarz auf gelb geprinteten Buchstaben »Kein Bier für Rassisten! Fußball. Bier. Weltoffenheit.«
Meine erste Reaktion auf diese Initiative der Fan-Abteilung des BVB 09 war ein inneres, skeptisches Lachen: Ja klar, und davon verschwinden die Rassisten dann, so simpel ist das. Einfach kein Bier mehr an sie ausschenken, und schon sind sie geläutert und quasi nicht mehr vorhanden.
Das ist aber zu kurz gedacht; der Alkoholentzug gegen Rassisten ist unter Fußballfans eine soziale Abwertung und deshalb richtig; vor und nach dem Spiel gemeinsam Bier trinken – ich rede nicht über Sturzbesäufnisse – gehört für viele Fans zum Fußball dazu wie die Frikadelle beziehungsweise, münteferisch gesprochen, »gehört da mit bei«, und wer nicht mitmachen darf, ist draußen. Ein mieser Spruch über »Schwatte«, wie man Schwarze im Ruhrgebiet nennt, und der rassistische Fitti darf sich am Büdchen allein oder mit seinesgleichen ein tristes Dosenbier in den braunen Schlund gießen.
Alkohol senkt die Hemmschwellen und erhöht bei gewaltbereiten Gestalten den dringenden Wunsch, davon auch Gebrauch zu machen; die meisten der braunen Männchen, die Flüchtlinge, Asylbewerber und Menschen mit nichtweißer Hautfarbe verbal oder physisch attackieren, gefährden, verletzen und im schlimmsten Fall um ihr Leben bringen, haben sich das, was sie »Mut« nennen, weil sie keinen haben, zuvor systematisch und gezielt angesoffen. Sollten die promillegesättigten Hetzer, Schläger und Brandstifter nach vollbrachter Straftat erwischt und verhaftet werden, reden sie sich mit juristischer Hilfe auf verminderte Schuldfähigkeit heraus.
Das Gegenteil ist richtig; wer sich absichtlich abfüllt, um Gemeinheiten oder Verbrechen zu begehen und hinterher alkoholbedingt von nichts gewusst haben will, sollte – zack! – noch einen Strafzuschlag obendrauf bekommen, und die Höllen eines kalten Entzugs möge man ihm auf keinen Fall ersparen. Rassisten, ob sie eine politisch gemeinte Glatze auf dem dicken Hals oder feinen Zwirn tragen, sind hinterhältig und feige, und die Strategie des »Ich schütte mich zu, dann kann mir keiner« muss und kann man unterlaufen.
Wenn ein seit Ewigkeiten mit Stadionverbot geächteter Sonnenbanknazi wie »SS-Siggi«, der für »Die Rechte« in Dortmund den Mann der Politik simuliert, mit dem BVB zu werben versucht – »Vom Stadion direkt ins Rathaus« –, bekommt er das juristisch und bei Strafandrohung untersagt und muss die entsprechenden Plakate auf eigene Kosten wieder abreißen oder entfernen lassen. Manchen Antifas ist das zu wenig und viel zu lasch, aber auf längere Sicht ist der Ausschluss vom sozialen menschlichen Leben eine wirksame Waffe.
Dies alles runkelte mir durch die Rübe, als mir die Bedienung in einem Dortmunder Fußballlokal ein AKW auf den schwarz-gelben Bierdeckel stellte; AKW ist die Abkürzung für AlKoholfreies Weizenbier und für Rassisten viel zu schade.
Die Regionalzeitung titelt: »Räuber sprengten 2017 schon 50 Geldautomaten in NRW«.
Immerhin einmal eine Nachricht und kein rein personalisiertes Wiedergekäue von Trump, Merkel, Schulz et cetera-egal als Ersatz für politische Analyse, kein Tratschbreitgelatsche von Plastic People wie Silbereisen / Fischer, Bushido, Schöne- und Katzenberger alias Böhmermann, sondern eine Nachricht: 2017 in NRW bislang 50 Geldautomaten gesprengt.
Der einzige Makel war die Verwendung des Wortes »schon«, das selbstverständlich »erst« heißen muss. Möglicherweise klappt es ja beim nächsten Mal. Aber das Hotzenplotzwort »Räuber« ist wirklich schön. Danke.
Eine Welt in Wahn und Waffen
»Das ist eine Waffe.« Die uniformierte Frau am Flughafen Edinburgh sagte das selbstverständlich auf englisch: »This is a weapon.« Unsinn blieb es dennoch; sie sprach von dem kleinen Zigarrenschneider beziehungsweise Cutter, den ich, wie auch Streichhölzer, ein zwei kubanische Zigarren, Notizbuch, Stifte und ein paar Kastanien in meiner Umhängetasche stets mit mir führe.
Das kleine Schweizer Taschenmesser hatte ich – Was blieb mir übrig ? – in der Reisetasche verstaut; man hatte mir schon einmal ein ganz winziges Exemplar, ein Mitbringsel für einen achtjährigen Jungen, wegkonfisziert oder, nennen wir es beim Namen, gezogen, gezockt, gestohlen, geklaut, und selbst eine Nagelfeile aus Holz oder eine Hornhautraspel waren schwere, lebensgefährliche Waffen in einer rettungslos verrückt geworden Welt, in der es als ernst zu nehmendes Katastrophenszenario und nicht als paranoide Wahnidee gilt, dass man einen Piloten zu Tode maniküren oder pediküren könnte, aber wahrscheinlich sind Katastrophenszenarien und paranoide Wahnideen ohnehin zu 100 Prozent identisch. Mit Kinky Friedman gesprochen: »Militärische Intelligenz ist ein Widerspruch in sich selbst.«
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