Konkretes Bohrprofil der geologischen Abfolge im Tagebau Groitzscher Dreieck (heutiger Luckaer See)
DAS MITTELDEUTSCHE SEENLAND
VOM WANDEL EINER LANDSCHAFT
DER SÜDEN
Panoramaübersicht mit Blick nach Norden vom Kulkwitzer See mit Kulkwitzer Teilbecken und angrenzender, bewaldeter Hochkippe (im Bild vorn links) und Miltitzer Becken mit Lausener Bucht und angrenzendem Neubaugebiet von Leipzig-Grünau (im Hintergrund). 2007.
DIE STADTNAHEN SEEN – LEIPZIGER NEUSEENLAND
Kulkwitzer See
Braunkohlentagebau Kulkwitz-Miltitz
Die wertvollste Hinterlassenschaft in denkbar größter Großstadtnähe des genau 100 Jahre bei Markranstädt betriebenen Braunkohlenbergbaus ist der ca. 30 Mio. m 3fassende Hohlraum der Tagebaue Kulkwitz und Miltitz. Der Braunkohlenbergbau hatte 1864 mit Tiefbau begonnen und fand nach mehreren Unterbrechungen 1936 eine Fortsetzung mit dem ein Jahr später eröffneten Übertageaufschluss »Christian«, der sich allmählich über die Felder Kulkwitz und Miltitz bis zum Sicherheitspfeiler der verlegten B 87 ausdehnte. 1963 fand die Bergbautätigkeit ihren endgültigen Abschluss. Schon im März 1963 war die Wasserhaltung eingestellt worden. Die Geburtsstunde für die Entstehung des ersten großen Bergbausees am Rande der Großstadt Leipzig mit ihrer unmittelbar benachbarten rund 100000 Einwohner zählenden DDR-Neubausiedlung Grünau wurde eingeläutet.
Der Tagebau gewann das 6 bis 10 m, maximal 13 m mächtige Böhlener Oberflöz. Geringmächtige sandige Meeresablagerungen der Oligozänzeit und das klassische Profil der mitteldeutschen Eiszeitfolge aus drei Eiszeiten, die geologisch Interessierte aus vielen Ländern der Erde anlockten und lange das Eiszeitmekka der angehenden Geologen der DDR bildeten, bedeckten als ein ca. 20 bis 25 m mächtiger Schichtkomplex das Flöz. Mit dem ansteigenden Seespiegel verschwand ein Großteil dieser letztgenannten, im Tagebau Kulkwitz-Miltitz über Jahre sichtbaren und für das gesamte mitteldeutsche Gebiet typischen eiszeitlichen Sedimentabfolge unter Wasser. Sie offenbarte zwei, nur durch Eisstausee- (Bändertone) und Schmelzwassersedimente (glaziale Sande und Kiese) voneinander getrennte elstereiszeitliche Grundmoränen, welche die zweifache Überfahrung des Gebietes durch das skandinavische Inlandeis während der Elstereiszeit vor ca. 340000 Jahren dokumentieren. Die nächstjüngere Vereisungsperiode, die der Saaleeiszeit, war in der Abfolge durch das Auftreten einer weiteren, über den elstereiszeitlichen Sedimenten lagernden Grundmoräne ausgewiesen. Auch die wiederholte natürliche Verlegung der Flussläufe während des Eiszeitalters war mit dem gemeinsamen Nachweis von Flusssedimenten der Saale (frühelstereiszeitliche Saaleschotter) und der Weißen Elster (frühsaaleeiszeitliche Weißelsterschotter) innerhalb der Quartärprofile des Tagebaues Kulkwitz-Miltitz zu studieren. Und nicht zuletzt begeisterte ein am Lausener Kliff aufgeschlossener und den Zerfall des sibirischen Dauerfrostbodens in Mitteleuropa dokumentierender Tropfenboden aus der frühen Elstereiszeit das Herz der Geologen.
»Arizona-Krater« am Rande von Leipzig. 1960.
Geologische Abfolge im Tagebau Kulkwitz-Miltitz: Vor allem seiner klaren Eiszeit-Schichtenfolge wegen war der letzte Teiltagebau, die Grube Miltitz-Lausen, nach dem Zweiten Weltkrieg ein beliebter Exkursionspunkt. Schätzungsweise 1500 Exkursanten haben ihn allein zwischen 1956 und 1970 besucht, darunter anlässlich des XXIII. Welt-Geologenkongresses in Prag auch eine größere Gruppe Erdwissenschaftler aus 14 Ländern. 1960.
Abfolge der eiszeit- und braunkohlenzeitlichen Schichten
heute noch sichtbar
2 Saalemoräne (Geschiebemergel), 4 Schotter der Weißen Elster (Weißelsterschotter, Hauptterrasse);
unter dem Wasserspiegel
Elstereiszeit: 6 Obere Elstermoräne (Geschiebemergel), 7 Miltitzer Seeton (Bänderton), 8 Sande und Kiese des Miltitzer Horizontes (Schmelzwassersedimente), 9 Untere Elstermoräne (Geschiebemergel), 10 Dehlitz-Leipziger Seeton (Bänderton), 11 Schotter der Saale (Frühelsterterrasse);
Tertiär: 13 Meeressande der Urnordsee (Oligozän), 14 Böhlener
Oberflöz (Flöz IV, Oligozän).
Der Lausener Tropfenboden als Zeuge jahreszeitlicher Auftauprozesse des oberflächennahen Dauerfrostbodens während der Elstereiszeit am Lausener Kliff des Tagebaues Kulkwitz-Miltitz. 1973.
Schichten Elstereiszeit: 9 Untere Elstermoräne (Geschiebemergel), 10 Dehlitz-Leipziger Seeton (Bänderton), 11 Schotter der Saale (Frühelsterterrasse).
Geologischer Schnitt durch den Kulkwitzer See.
Kulkwitzer See
Mülldeponie oder Naherholungsgebiet? Das war die lange diskutierte Frage der Nutzung des Restloches. Der mit dem Bau der Satellitenstadt Leipzig-Grünau wachsende Bedarf an Naherholungsfläche, ein Politikum für Leipzig, und der Schutz des Grundwassers gaben für die Naherholung den Ausschlag. Die Planung unter H. Walther war schon Ende der 1950er Jahre bis in Details fortgeschritten. Eine geplante Fremdwasserzufuhr zur schnellen Füllung scheiterte. Bezüglich der Wasserqualität war die Beschränkung auf das natürliche Dargebot an Grundwasser zwar ein Vorteil, dafür musste eine Fülldauer von mindestens 10 bis 15 Jahren in Kauf genommen werden, was sich durch ständige Wasserentnahmen noch weiter verzögerte. Mit der ersten geschlossenen Wasserfläche noch im Kohleniveau entwickelte sich der hebende See zu einem sommerlichen Anziehungspunkt für Tausende von Erholungssuchenden. 1965 hatte sich der Wasserspiegel vom örtlichen Bezugspunkt +82 m NN um 8,4 m gehoben, 1970 um 18,1 m, 1975 um 23,4 m und 1980 um 27,3 m. Um 1990 erreichte er mit 32 m die vorausgesagte Marke von +114 m NN. Die Beendigung von Wasserhebungen in der näheren und weiteren Umgebung des Einzugsgebietes nach der Wende führten schließlich zum mittleren Endstand von ca. +114,5 bis 115 m NN. Die am Rand unscharf terrassierte trogartige, wassergefüllte Senke besitzt ein Volumen von rund 25 Millionen m 3.
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