Lothar Streblow - Manka, das Mammut

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Die eiszeitliche Tundra wird von dem kleinen Mammut Manka als endlose Weite wahrgenommen, als sie geboren wird. Geschützt von den älteren Tieren, erkundet Manka mit ihren Gefährten die Welt, die ihr auf den Wanderungen der Herde vor Augen kommt. Dabei lernt sie neue Freunde kennen, jedoch auch neue Feinde. Nun muss Manka erkennen, welche Feinde die gefährlichsten für sie sind, allen voran die Wölfe und die Menschen.In dieser spannenden und wundervoll geschriebenen Buchreihe für Kinder von 10-12 Jahren, lernt der junge Leser viele verschiedene Tiere kennen. Direkt durch die Augen des jeweiligen Tieres bekommt man eine faszinierende, erkenntnisreiche und einfühlsame Erzählung von dessen Leben. Dazu erhält man viele wissenschaftliche Informationen über die Umwelt und Lebensweise der Tiere und ihre Gefahren. In vielen Fällen werden unter diese Gefahren auch die Menschen gezählt. Dadurch bringt Streblow den jungen Lesern früh bei, dass bedrohte Tierarten geschützt werden sollten und das Menschen andere Lebewesen respektieren sollten. Diese Reihe macht nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen, beim Lesen Spaß.

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Lothar Streblow

Manka, das Mammut

SAGA

Manka, das Mammut

Copyright © 1990, 2018 Lothar Streblow und Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

All rights reserved

ISBN: 9788711807583

1. Ebook-Auflage, 2018

Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.comund Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk– a part of Egmont www.egmont.com

„Die Frage nach dem tierlichen Bewußtsein hat die Menschen schon immer gefesselt, weil Haus– und Wildtiere gleichermaßen unsere Bewunderung und Neugier erregen. Sie verlocken uns dazu, in ihre Haut zu schlüpfen und uns vorzustellen, wie ihr Leben sein mag. “

Donald R. Griffin

„Gefühle sind es, die alle Kreatur dazu drängt, etwas zu tun oder, wenn es ängstliche Stimmungen sind, etwas zu unterlassen. “

Vitus B. Droscher

In der Tundra geboren

Sommerlicht glühte über der Tundra. Hoch stand die Sonne am blaßblauen Himmel; die kleinwüchsigen Zwergbirken warfen kaum Schatten. Nur am Horizont bildete schütterer Nadelwald eine dunkle Linie. Dazwischen schimmerten silbrig zahllose von Wollgras umwucherte Tümpel.

Mitten in dieser endlosen Weite bewegten sich Gestalten, massige Gestalten: tonnenschwer mit langen Rüsseln an wuchtigen Schädeln, riesigen gebogenen Stoßzähnen und zottelig-dichtem rostbraunem Fell. Eine Mammutherde wanderte weit auseinandergezogen durch die Kältesteppe der letzten Eiszeit, folgte einem uralten Wechsel.

Am äußersten Rand ästen vereinzelt ein paar mächtige Bullen, geführt vom alten Rasu. Weiter innen trottete eine Gruppe von Kühen mit halbwüchsigen Kälbern, weidete gemächlich Tundrakräuter. Und in der Nähe eines von Mücken umsurrten Schlammpfuhls rauften ausgelassen einige Jungtiere.

Plötzlich ertönte ein schrilles Trompetensignal. Die Herde stockte wie auf Kommando. Eine kleinere Gruppe im Zentrum bewegte sich nicht weiter, bildete dicht zusammengedrängt einen schützenden Ring um eine stöhnende Kuh. Heftige Geburtswehen erschütterten ihren Körper.

Rasu, der alte Leitbulle, schien genau zu wissen, was da vorging. Längst schon hatte er mit der empfindlichen Spitze seines Rüssels die frische Spur eines Wolfsrudels am Boden gewittert. Seine Erfahrung sagte ihm, daß die Wölfe dem Neugeborenen gefährlich werden konnten. Die trächtige Kuh brauchte Zeit, in der deckungslosen Tundra ihr Baby ungestört zur Welt zu bringen. Und solange würde die Herde bei ihr Wache halten.

Zwei ältere Kühe standen bei ihr, umsorgten die Mutter. Und es dauerte nicht lange. Als das Kleine kam, fingen sie es mit ihren Rüsseln auf, damit es nicht zu tief stürzte, lösten es behutsam aus den Eihäuten und halfen ihm auf die Beine.

Manka fühlte sich noch ein bißchen taumelig. Erschöpft lehnte sie sich gegen die stützenden Rüssel. Viel sah sie noch nicht von der unbekannten Welt, nur die gewaltigen wollhaarigen Leiber der Großen, ihre stämmigen Säulenbeine und die gelblich schimmernden Stoßzähne. Manka reichte ihnen kaum bis an die Knie. Und als aus einem der mächtigen Bäuche neben ihr ein dumpfes Kollern ertönte, erschrak sie heftig.

In diesem Augenblick spürte sie eine sanfte Berührung. Ihre Mutter hatte sich ihr zugewandt und strich mit dem Rüssel über ihr vom Fruchtwasser noch feuchtes Gesicht. Und weiter tastete der Rüssel über ihre kleinen Ohren und die Stirn bis zu ihrer leicht eingerollten Rüsselspitze.

Manka seufzte leise. Nach der warmen Geborgenheit im dunklen Leib ihrer Mutter war ihr alles hier draußen fremd: die bunten Blüten im frischen Grün voll summender Insekten, der kühle Wind, der durch die Tundragräser strich, die ungewohnte Helligkeit. Aber die zärtliche Berührung beruhigte sie, die schützende Nähe. Und sie atmete den vertrauten Geruch.

Allmählich stand Manka schon etwas sicherer auf den Beinen. Die Großen um sie herum grollten und quietschten leise. Es war, als wollten sie das Neugeborene begrüßen.

Manka gab einen noch zaghaften Laut von sich. Dabei baumelte ihr kleiner Rüssel wie ein schlaffer, kraftloser Schlauch hin und her. Instinktiv suchte sie nach den beiden Milchdrüsen zwischen den Vorderbeinen ihrer Mutter. Sie spürte ein seltsames Gefühl im Magen, spürte zum erstenmal Hunger.

Aber so schnell fand sie nicht, was sie suchte. Noch war ihr kurzer Rüssel nicht voll benutzbar. Aber getrunken wurde nicht mit dem Rüssel, sondern mit dem Mund. Und das war für das winzige Mammutbaby gar nicht so einfach.

Ihre Mutter bemerkte Mankas unbeholfene Bemühungen. Behutsam schob sie sich halb über sie. Jetzt hatte Manka es leichter. Trotzdem dauerte es noch eine ganze Weile, bis sie eine der Zitzen fand. Dann aber saugte sie gierig, trank die warme nahrhafte Milch.

Doch auch das Trinken war anstrengend. Immer wieder legte Manka eine kurze Pause ein, um zu verschnaufen. Endlich fühlte sie sich satt. Die Milch hatte ihr geschmeckt. Jetzt spürte sie eine große Müdigkeit. Sie schloß die Augen und döste ein wenig.

Inzwischen war über eine Stunde vergangen. Wolkenfetzen schoben sich vor die sinkende Sonne. Es wurde kühler. Ein Kolkrabenpaar kreiste in großer Höhe über der Stelle, wo Manka geboren worden war, lauerte auf bequemes Futter. Am Horizont verschwand leichtfüßig ein Rudel Wildpferde.

Die Mammutherde zog langsam weiter. Und die kleine Gruppe um das Neugeborene wollte nicht Zurückbleiben. Sie brauchte den Schutz der übrigen Herde, die Geborgenheit in ihrer Mitte. Zwar hatten die Mammuts kaum Feinde, doch den Kleinen drohten vielerlei Gefahren, von denen Manka noch nichts wußte. Deshalb bildeten immer einige der großen Mammutkühe einen Schutzring um die Jungtiere. Und Manka war nicht das einzige Baby. So mußte auch Manka sich wohl oder übel auf ihren noch unsicheren Beinen in Bewegung setzen.

Die Großen aber machten es ihr leicht, halfen ihr fürsorglich weiter. Von der einen Seite spürte sie den haarigen Rüssel ihrer Mutter unter ihrem kleinen Bauch, von der anderen Seite den Rüssel einer der großen Kühe, die bei der Geburt geholfen hatten. Manka fühlte sich leicht angehoben. Und teils von Rüsseln sorgsam gestützt, teils von ihnen getragen, machte Manka zwischen den beiden Großen ihre ersten tapsigen Schritte in die frühsommerliche Tundra.

Sommerliche Tage

Die Nacht war sternenklar und voller Geräusche. Gegen Abend hatte die Mammutherde eine Gegend erreicht, wo die flache Tundra in eine hügelige Taigalandschaft überging. Der im Sommer sehr feuchte Dauerfrostboden der Tundra, der nur oberflächlich abtaute und das Wasser nicht versickern ließ, lag ein Stück hinter ihnen.

Hier zwischen den schütter stehenden Erlen, Fichten, Birken und Weiden war der Boden trockener, die Pflanzendecke vielfältiger. Und Mammuts legten sich nicht gern zum Schlafen auf feuchten Untergrund.

Manka lag eng angeschmiegt zwischen ihrer Mutter, ihrem vier Jahre älteren Bruder Ranko und der hilfsbereiten Tante auf einem weichen Graspolster. Nach dem anstrengenden Tag schlief sie tief und fest, wohlig geborgen zwischen wärmenden Leibern. Sie hörte weder das laute Schnarchen der Herde noch das dumpfe Kollern ihrer Bäuche. Und sie sah auch nicht, wie in kurzen Abständen immer wieder ein paar der Großen aufstanden und einige der im Stehen dösenden Wachen ablösten, die sich dann niederlegten.

Erst als die rötliche Morgensonne über die fernen Höhenzüge stieg und Mankas Mutter sich erhob, erwachte Manka. Sie vermißte die Wärme. Auch ihr Bruder Ranko war schon aufgestanden. Geschickt drückte er mit dem Rüssel einige Birkenzweige nieder, um an die Blätter zu kommen. Fast die gesamte Herde stand schon auf den Beinen und suchte zwischen Gras und Gesträuch nach Nahrung. Ein neuer Tag hatte begonnen. Und das erste, was Manka spürte, war Hunger.

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