Got to the place, and who did I see
A sucker-ass nigga tryin’ to sound like me
Put my pistol up against his head
And said, You sucker-ass nigga I should shoot you dead.
Schoolly D griff anfangs in seinen Songs noch nicht auf derbe Kraftausdrücke zurück, wurde jedoch stärker wahrgenommen, als er anfing, „wie die Leute auf der Straße zu sprechen“. Und „P.S.K“ wurde bald zum Phänomen. Die Lo-Fi-Qualität vermittelt ein schauriges Gefühl, die Drums wirken gewaltig und das boshafte Scratching hallt wie durch einen großen Saal. „Mir stand der Mund offen“, schrieb Ice-T darüber. „Ich drehte mich zu meinem Homey und sagte: ‚Yo, der Shit ist so abgedreht!‘ Es klang anders als der übliche Hip-Hop – als wärst du high.“
„P.S.K.“ diente Ice-T als Inspiration für „6 In The Mornin’“, der dem taffen, zukünftigen Hip-Hop noch näher kam. Produziert wurde der Track von Unknown DJ, einem mysteriösen frühen Mitglied der World Class Wreckin’ Cru, das sich nie fotografieren ließ. Das Quietschen der Adidas des Protagonisten, sein nobler Truck, das Geräusch eines Pagers, das Anrollen der Batteram – alle Details werden hier genau beschrieben:
Got a knot in my pocket, weighing at least a grand
Gold on my neck, my pistol’s close at hand
I’m a self-made monster of the city streets
Remotely controlled by hard hip-hop beats.
„Ich rappe über Dinge, von denen ich Ahnung habe“, sagte Ice-T 1986. „Wenn ich in einem netten Viertel aufgewachsen wäre und in einem Haus für eine halbe Million Dollar leben würde, dann würde ich über goldenes Besteck und Hausmädchen rappen. Ich bin aber in South Central L.A. aufgewachsen.“ Als er „6 in the Mornin’“ aufnahm, lebte er zwar in Hollywood, trug aber immer noch Adidas, war rank und schlank, ein wenig paranoid und dekorierte die Wände seines Apartments mit Maschinengewehren.
Der Song selbst war eine Offenbarung. Als Ice-T ihn 1986 in einem Kino in der South Bronx aufführte, schlug er sogar bei New Yorker Szenekönigen wie Rakim und KRS-One wie ein Blitz ein. „Die Leute waren schockiert, als er rappte: We beat the bitch down in the goddam street“, erklärte Afrika Islam, ein weiterer Produzent von Ice-T. „Damals verband niemand L.A. mit Storys aus dem Ghetto. Wir dachten dabei nur an Hollywood und Malibu Beach.“ Ice-T sollte schon bald der erste Rapper sein, der von Sire Records, wo auch Madonna unter Vertrag stand, gesignt wurde.
1987 veröffentlichten KRS-One, Scott La Rock und D-Nice als Boogie Down Productions mit Criminal Minded einen frühen Gangsta-Klassiker. Darauf enthalten war „The Bridge Is Over“, eine Ode an ihren Kiez, die South Bronx, als Geburtsort des Hip-Hop, in der auch die Queensbridge-Rapper MC Shan und seine Juice Crew ihr Fett abbekamen. Auch anderen Rappern dieser Ära muss man Tribut dafür zollen, dass sie neue Maßstäbe aufstellten, was man auf einer Platte sagen konnte. So etwa der New Yorker Rapper Just-Ice, bekannt für seinen Track „Gangster of Hip-Hop“ aus dem Jahr 1986, oder Too $hort aus Oakland, dessen „Freaky Tales“ 1987 die Traumvorstellung eines Pimps von einem unersättlichen Harem wiedergab. In L.A. gab Mixmaster Spade aus Compton für den jungen Eric Wright sowohl musikalisch als auch geschäftlich ein gutes Vorbild ab.
Angeführt von Songs wie „P.S.K.“ und „6 in the Mornin’“ bahnte sich ein rauer, das Leben auf der Straße in den Mittelpunkt rückender Hip-Hop seinen Weg als Alternative zu softem Electro. Auch Ice Cube, Dr. Dre und Eric nahmen mehr als nur Notiz von diesem neuen Sound. „Das waren die einzigen Platten, die wir spielten, weil es auf ihnen um Dinge ging, mit denen wir uns identifizieren konnten“, sagte Dre.
Er und Eric hatten die farblosen Schmachtfetzen und kümmerlichen Party-Rapper im Radio satt. Stattdessen wollten sie die Sprache der Straße verwenden, um Geschichten zu erzählen, die so rau und wild wie das alltägliche Leben waren. 1986 begannen sie, sich in Lonzos Haus zu verabreden, wo sich ihnen oft auch ein Songwriter namens Laylaw Goodman anschloss. Dieser war ein weiterer Sponsor, den Dre an Land gezogen hatte, um seine Musik machen zu können. Er nannte sich schlicht Laylaw und war ein echter Street-Dude, der etwas Geld auf der hohen Kante hatte, was er dem Drogengeschäft zu verdanken hatte. (Tatsächlich hatte Eric mitunter bei ihm Stoff auf Kommission besorgt.) Cube kam in Dres Schlepptau mit zu Lonzo, wo Eric und er sich nun besser kennenlernten. Eines Tages spielte Dre den Jungs seinen neuesten Track vor, der von einem einfachen, bedrohlichen Beat, 808-Bass und einem langen Electro-Fade-out gekennzeichnet war. Allerdings war da auch etwas Schadenfrohes und Sadistisches, das sich in dem schrillen wie eingängigen Keyboard-Riff manifestierte. „Dre hatte vor“, schrieb Jonathan Gold, der ihn zu jener Zeit interviewte, „einen Sound mit Wiedererkennungswert zu kreieren, der so markant ist, dass er stets wüsste, wenn die Leute einen seiner Tracks in ihren Autos laufen lassen.“ Cube war sich sicher, den perfekten Song für den Beat zu haben – genau so kompromisslos, wie Eazy es sich für sein Label wünschte. „The Boyz-N-The-Hood“ war ein Epos, das sich an „6 in the Mornin’“ orientierte. Der junge Protagonist berauschte sich an billigem Starkbier, schlug schon mal seine Freundinnen und killte Langfinger. Den Lokalkolorit unterstrichen die Erwähnung des Autos des Ich-Erzählers („I pulled up in my ’64 Impala“), der bevorzugten Starkbier-Marke („From the 8 Ball my breath starts stinkin’“) und sogar der lokalen Zeitung („Little did he know I had a loaded 12 gauge/ One sucker dead, L.A. Times front page“).
„Genau so will ich, dass die Texte klingen“, sagte Eric, der dem Track noch ein paar Ergänzungen hinzufügte, etwa die Strophe über seinen alten Drogenkurier J.D., der selbst anfing, Crack zu rauchen, und Erics Radio klaute: The boy J.D. was a friend of mine / ’Til I caught him in my car trying to steal an Alpine. Cube nahm ein Demo auf, auf dem er selbst zu Dres Beat rappte und das Eric auf Endlosschleife in seinem Jeep laufen ließ. Eric zahlte Cube ein paar hundert Dollar für den Song. Später, als die Nummer durchstartete, sollte er noch einen Suzuki Sidekick drauflegen. Ihre Geschäftsbeziehung gestaltete sich extrem locker und formlos, was später noch zu Spannungen führen sollte. Doch damals fühlte sich Cube nicht ausgenutzt. Da er nie irgendwelchen Papierkram unterzeichnete, sicherte er sich ohne es zu wissen sogar ab. „Ich überschrieb nie meine Rechte“, wie er sagte.
Du hast aus diesem Typen einen Rapper gemacht
Dre traf eine New Yorker Gruppe namens H.B.O. alias Home Boys Only, die 1986 eine Zeitlang in Südkalifornien lebte. Ihr Vibe erinnerte an Run-DMC und er sagte zu, sie zu produzieren, doch verbrachten sie nicht allzu viel Zeit in Lonzos Studio. Man erinnert sich heute vor allem deshalb an sie, weil sie „The Boyz-N-The-Hood“ ablehnten. „Sie sagten: ‚Yo, Mann, den Song machen wir nicht, das ist ein Westcoast-Song‘“, erinnerte sich Dre später. Und Cube erzählte: „Sie wollten wissen, was da überhaupt abging: ‚Was ist denn ein ’6-4?‘“
Da sie das Studio bereits gebucht hatten, waren sich Dre und Eric nicht ganz sicher, was sie nun machen sollten. Dre schlug vor, dass Eric den Song rappen sollte. Immerhin hatte er sich Cubes Version akribisch eingeprägt. Außerdem beschrieb der Track am ehesten sein Leben. Schließlich war er ja ein Typ von der Straße, warum sollte er da nicht auch auf Platte einen mimen? Doch Eric zögerte. „Setz deine Brille auf, dreh das Licht runter“, sagte Dre und holte Erics Sonnenbrille. „Mach es einfach.“ Eric willigte ein, wusste aber ganz offensichtlich nicht, was er da tat. Seine Vorstellung war holprig, seine Kadenz und sein Timing eine Katastrophe. Aber Dre war geduldig und nahm sich für jede Zeile Zeit. Er ließ Eric eine kurze Passage rappen, Cruising down the street in my ’64, spulte dann das Tape zurück und ließ Eric noch einmal ran, bevor er die jeweils besten Takes aneinanderheftete. Dieser Prozess dauerte acht, neun Stunden, doch die Warterei zahlte sich aus. Dres Genie lag darin, zu erkennen, dass Eric trotz all seiner Schwächen das Zeug dazu hatte, ein bemerkenswerter Rapper mit einer einzigartigen Stimme zu sein. Tatsächlich hatte Erics piepsiges Organ einen sowohl verstörenden als auch beruhigenden Effekt. Seine Stimme wirkte fremdartig und man erkannte sie sofort wieder.
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