Aus dem Englischen von Paul Fleischmann
www.hannibal-verlag.de
Für unsere Fans
Über den Co-Autor
JIM RULAND schreibt seit den frühen Neunzigerjahren für Punkrock-Magazine wie Flipside oder Razorcake, Amerikas einzigem unabhängigen Nonprofit-Fanzine. Er ist Co-Autor von My Damage, das in Zusammenarbeit mit Keith Morris, dem Sänger von Black Flag, den Circle Jerks und OFF!, entstand.
Impressum
Deutsche Erstausgabe 2020
© 2020 by Hannibal
Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen
www.hannibal-verlag.de
ISBN 978-3-85445-691-9
Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-690-2
Titel der Originalausgabe: DO WHAT YOU WANT – The Story of BAD RELIGION
© 2020 by Bad Religion
ISBN Hardcover: Hachette Books 978-0-306-92222-0
Hachette Books is a division of Hachette Book Group, Inc., New York, USA
Cover Design © Richard Ljoenes
Coverfoto © [TK]
Cover © 2020 Hachette Book Group, Inc.
Grafischer Satz in deutscher Sprache: Thomas Auer, www.buchsatz.com
Übersetzung: Paul Fleischmann
Deutsches Lektorat und Korrektorat: Hollow Skai
Hinweis für den Leser:
Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden.
Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.
Inhalt
Einleitung: Eine gefährliche Dissonanz
1: Willkommen im Hell Hole
2: Wir können das
3: Direkt aus dem Fegefeuer
4: Das Inferno im Hier und Jetzt
5: Noch nichts erreicht
6: Musik für Spinner
7: Ein Neuanfang
8: Im Westen was Neues
9: Hin und her
Bilderstrecke 1
10: Was immer ihr wollt
11: Immer noch mehr
12: Gegen den Strom
13: Gott in elf Metaphern
14: Ein zweischneidiges Schwert
15: Ein subtiles „Fuck you“
16: Kollaps
17: Der schnellste Fahrer sitzt am Steuer
Bilderstrecke 2
18: Logik und Leidenschaft
19: Jenseits von Gut und Böse
20: Das verlorene Paradies
21: Eine beschissene Band wie eure
22: Zurück im Rennen
23: Schock und Verunsicherung
24: Evolution der Revolution
25: Frischer Wind
26: Immer und überall
27: Am Ende der Geschichte
Danksagungen
Diskografie
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„This isn’t art, this is suicide!“ Diese Worte, die der 15-jährige Sänger von Bad Religion in der Gluthitze einer Garage ins Mikrofon fauchte, waren die ersten, die die Band aufnahm. Der Song „Sensory Overload“ stammte aus der Feder des 17 Jahre alten Brett Gurewitz. Er hatte ihn geschrieben, als Brett und Greg die El Camino Real High School im kalifornischen Woodland Hills besuchten. Die Aussage dahinter schlägt mit der wuchtigen Schonungslosigkeit eines jugendlichen Manifests ein, doch sprüht sie nur so vor Wahrheit, Spott und auch Missverständnissen.
Wir schreiben das Jahr 1980, und Punk war nicht mehr neu. The Damned waren drei Jahre zuvor zum ersten Mal in L.A. aufgetreten. Bald danach kamen auch The Clash zu Besuch. Die Sex Pistols hatten ihren letzten Gig im Januar 1978 im Winterland in San Francisco absolviert. Die Ramones standen kurz davor, ihr bereits fünftes Studioalbum zu veröffentlichen. Englische Post-Punk-Bands wie Bauhaus, Siouxsie and the Banshees und The Cure fielen in New York ein.
In Los Angeles galt Punkrock aber immer noch als vitales Genre. L.A.-Punk-Bands der ersten Stunde wie die Screamers, die Weirdos, die Bags und die Plugz hatten Hardcore-Newcomern wie Black Flag und den Adolescents weichen müssen. Da sie um die gewalttätigen Fans dieser Bands wussten, hatten viele Veranstalter und Clubs Hardcore-Punk-Bands aus dem Programm gestrichen und es gab nur wenige Auftrittsmöglichkeiten für junge Acts. Das hielt jedoch niemanden davon ab, neue Gruppen zu gründen. Die Surfer und Skater, die etwas weiter vom Epizentrum Hollywoods entfernt zuhause waren, steuerten als Fans ein neues Ausmaß an Athletik und Aggression zu den Shows bei.
Der einzige Faktor, der Bad Religion von ihren südkalifornischen Altersgenossen zu unterscheiden schien, war der, dass sie aus Woodland Hills stammten, einer vorstädtischen Kommune tief in den westlichen Ausläufern des San Fernando Valleys, das wiederum aufgrund seiner Durchschnittlichkeit und Homogenität verachtet wurde. Während Hollywood als das Punk-El-Dorado von L.A. galt, stand das Valley für das strikte Gegenteil davon. Wie schafften es nun vier High-School-Schüler, von denen zwei die Schule vorzeitig abbrechen sollten, sich von der Masse abzuheben?
Sie waren weder die ersten noch die letzten Punkrocker aus dem Valley. Die Musik, die sie im Glutofen ihrer Garage fabrizierten, war nicht ausgesprochen originell. Die Bandmitglieder ließen kein herausragendes musikalisches Talent erkennen, das auf eine brillante Karriere hingedeutete hätte. Tatsächlich machte der eine oder andere von ihnen sich erst gerade mit seinem Equipment vertraut. Doch sie verfügten über etwas, das ihnen von Anfang an als markantes Alleinstellungsmerkmal diente – Intelligenz.
1980 war Punk immer noch in der Lage, Menschen zu provozieren – und die evokative Eröffnungssalve von Bad Religion legte nahe, dass Punk sich schon bald von einer kunstvollen Ausdrucksweise zu einer philosophischen Notwendigkeit wandeln würde. Obwohl „Sensory Overload“ wie ein großer Teil ihres frühen Materials eine Gratwanderung zum Nihilismus darstellte, verzichtete der Song auf Slogans wie „Smash the State“ oder „Fuck the Police!“, die nicht imstande waren, ein Argument zu untermauern, und dem kritischen Denken letztlich nur im Wege standen.
Indem sie die Kreativität der ursprünglichen Punk-Bands aus L.A. wie der Germs und von X mit der ungestümen Energie von deren Nachfolgern aus dem Hardcore kombinierten, schrieben Bad Religion Songs, die ihre Hörer dazu aufforderten, sich Gedanken über die Welt und ihren Platz darin zu machen. Bad Religion waren eine Band mit einer einzigartigen Weltsicht und Aussage.
Ihr Name und ihr kompromissloses Logo – ein Kreuz, das rot durchgestrichen war, heute weltweit als Crossbuster bekannt – verdeutlichte ihre Ablehnung des Status quo zu einer Zeit, als der der christliche Konservativismus gerade den amerikanischen Mainstream beeinflusste.
Bad Religion traten genau zum richtigen Zeitpunkt auf den Plan, um zu verkünden: „Wir machen uns Gedanken darüber, was die Wahrheit und was Lüge ist.“ Diese Sichtweise weckte die Aufmerksamkeit von Millionen zorniger und zunehmend unzufriedener Jugendlicher – nicht nur im Valley oder in Los Angeles und Südkalifornien, sondern rund um den Globus. Ihr subversiver Geist und ihre nachdenklichen Songtexte ließen es akzeptabel erscheinen, sich rebellisch und gleichzeitig intellektuell zu geben. Die Musik war zwar Punk, aber die Botschaft universell – und die Texte im beeindruckenden Repertoire der Band sind heute relevanter als je zuvor. Darin besteht auch die Ironie ihres dreisten Auftaktsongs. Ihre erste Aufnahme war alles andere als ein „Suizid“, sondern vielmehr die Initialzündung einer 40 Jahre andauernden Karriere im Rock’n’Roll, die bis heute anhält.
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