Der hockte jetzt dümmlich grinsend am Boden, und der Köter zerrte an seinem Hosenbein. Eins der Bälger bohrte mit Genuß in der Nase, das andere bückte sich interessiert vor, um die Aktion der Mutter zu begutachten.
Die ließ auch nicht lange auf sich warten.
Der stramme Arm der Señora fuhr hoch und wieder zurück. Die dunklen Haare auf ihrer Oberlippe zitterten, und durch ihren massigen Körper ging ein Ruck, der alles wabbeln ließ.
Durch den Körper des Hafenmeisters ging ebenfalls ein Ruck, als ihm die Bratpfanne auf den Schädel knallte. Der dumpfe Gong war bis auf die Schebecke zu hören.
Der kleine Nasenbohrer grinste jetzt befriedigt, und das andere Gör brüllte begeistert: „Noch eins, Mami, gib ihm noch eins auf die Rübe!“
Die resolute Señora ließ sich das nicht zweimal sagen.
Noch während Don Martin mit glasigen Augen zur Seite kippte, wobei immer noch das dümmliche Grinsen auf seinem Gesicht lag, erfolgte der zweite Angriff.
Wieder landete die Bratpfanne auf Don Martins Schädel. Es hörte sich an, als würde auf der Schebecke geglast.
Don Martins Gesichtsausdruck veränderte sich rapide.
Er grinste nicht mehr. Er öffnete den Mund zu einem lauten Seufzer, schloß die Augen und wurde schlaff. Sein Kopf sank auf die Brust, und so blieb er einen Augenblick hocken – jenseits von Gut und Böse.
„So, du verdammter Säufer“, sagte die Señora zufrieden, „das wird dir eine Lehre sein, denke ich.“
Carberry und Smoky waren genauso erschüttert wie Don Martin. Sie sahen sich an und schluckten trocken.
„Kriegt er auch noch was aufs Maul?“ erkundigte sich der eine Knabe hoffnungsvoll.
Die Señora gab keine Antwort, aber jetzt wandte sie sich mit blitzen den Augen den beiden Seewölfen zu.
„Und jetzt zu euch, ihr verdammten Hurensöhne!“ rief sie. „Ihr seid schuld daran, daß er wieder besoffen ist, dieser miese Kerl, dieser Fuselschlucker. Schämt ihr euch …“
Carberry ließ noch einmal seinen Charme spielen, obwohl er von dem jetzt nicht mehr so ganz überzeugt war.
„Aber Señora Don Martin“, sagte er. „Wir …“
„Halt dein Maul, du langer Lulatsch!“ keifte die Señora. „Und nenne mich nicht Don Martin. Das ist kein Don, sondern ein nichtsnutziger Lümmel. Aber euch werde ich es zeigen.“
Carberry hatte mit der Attacke nicht gerechnet. Er stand da und versuchte „charmant“ zu grinsen, was bei seinem Aussehen allerdings völlig mißlang.
Da knallte es auch schon. Die Bratpfanne sauste mit einer Vehemenz heran, daß Carberry nicht mehr ausweichen konnte. Er wollte noch die Arme hochreißen, doch da ertönte schon der Gong.
„Oh, mein Gott“, hörte er Smoky wie aus weiter Ferne rufen.
Der Ruf ging in einem zweiten Gong unter, und da begann der Profos bereits mit dem Schädel zu wackeln. Sekundenlang war er völlig benommen, erst dann blickte er wieder einigermaßen durch.
Die Señora hatte sich von ihm abgewandt und traktierte jetzt den Decksältesten, der verstört die Hände über den Kopf hielt und versuchte, die rasende Furie mit den Ellenbogen von sich abzuhalten.
Aber auch Smoky mußte zwei harte Gongs einstecken, ehe es ihm mit Not und Mühe gelang, ein paar Schritte davonzurennen.
Für die Kerle auf der Schebecke war das Spektakel an Land mehr als ergötzlich. Sie hielten sich die Bäuche vor Lachen und kriegten sich nicht mehr ein. Da waren nur noch Brüllen und Gelächter an Deck und wiehernde Kerle, die sich nach allen Seiten bogen.
„Hurra!“ rief Ferris Tucker. „Wahrhaftig ein tolles Bild! Der liebe Ed kriegt eine Abreibung.“
„Er hat die beiden Kerle ja auch ganz übel abgefüllt“, sagte Hasard lachend. „Schließlich ist das nicht mehr als gerecht, wenn auch für ihn ein paar Brocken abfallen.“
Sie lümmelten am Schanzkleid der Schebecke und sahen sich den Fortgang interessiert und unter lautem Gelächter an.
„Die ist ja verrückt, die alte Schachtel!“ schrie Smoky. „Die haut uns in Grund und Boden. Los, wir verschwinden, Ed, sonst gibt es noch mehr Senge.“
Carberry geriet jetzt allmählich in Braß, aber auch die Señora steigerte sich noch und wurde dabei von ihren Gören kräftig angefeuert. Die genossen es offensichtlich sehr, daß der Herr Papa ordentlich durchgewalkt wurde. Und daß zwei Fremde auch ihren Teil abkriegten, ließ sie vor Vergnügen laut krähen.
Die Señora war sehr gerecht, das mußte man ihr lassen. Drei Kerle hatten Senge bezogen, nur der Alcalde noch nicht. Der kam gerade wieder zu sich und versuchte, sich aufzurappeln.
Er stand noch mit wackligen Knien da, als ihn ebenfalls die Bratpfanne traf. Weil er sich gerade umdrehte, erwischte das zweckentfremdete Instrument seinen Hinterkopf und brachte ihn auf Trab.
Er rannte los, wie aus einer Kanone abgefeuert, schrie wild und gellend und landete dann hart auf der Nase im Staub der Straße.
Carberry und Smoky machten sich jetzt schleunigst aus dem Staub und rannten los.
Doch die Señora folgte bratpfannenschwenkend und mit wilden Worten. Sie war jetzt erst so richtig in Fahrt, aber sie erreichte die beiden nicht mehr.
Dem Profos stank es zwar ganz gewaltig, vor einer triumphierenden Furie auskneifen zu müssen, doch er hatte keine andere Wahl, sonst gab es wieder Senge.
Smoky wollte sich ebenfalls nicht länger der Lächerlichkeit preisgeben und rannte in langen Sätzen neben dem Profos her.
Weiter vorn standen Roger und Nils. Sie lehnten an einem Dalben und hielten sich daran fest, damit sie vor lauter Lachen nicht umfielen.
„Sehr witzig, das alles“, fauchte Smoky und warf einen ängstlichen Blick über die Schulter zurück, wo ihnen das attackierende Weib immer noch mit der Pfanne in der Hand nachrannte.
Aber dann gab sie auf und blieb schnaufend stehen.
Smoky und der Profos blieben ebenfalls stehen, wahrten aber genügend Abstand, damit sie jederzeit wieder die Flucht antreten konnten.
„Das darf doch nicht wahr sein“, sagte der Profos keuchend. „Diese schnauzbärtige Xanthippe hat mir tatsächlich was auf die Rübe gedonnert. Das gibt zwei ganz verdammte Beulen.“
„Mir auch, aber wenigstens haben die anderen auch kräftig was abgekriegt.“
„Das ist doch keine Genugtuung“, grollte Carberry wütend. „Wie stehen wir denn jetzt vor den anderen da? Die lachen sich krank.“
„Mann, da törnt die Kakerlakenmutter wieder los“, sagte Smoky entsetzt. „Die hat immer noch nicht genug.“
Die Señora nahm erneut Kurs auf sie, blieb dann jedoch unschlüssig stehen, als die beiden vorsichtshalber die Beine in die Hand nahmen und in Richtung Schiff abdrehten.
Voller Wut, weil sie nichts mehr ausrichten konnte, warf sie die Bratpfanne nach ihrem bedröselten Mann.
Der Hafenmensch kriegte das Ding noch einmal an den Schädel und streckte sich der Länge nach auf dem Pflaster aus. Er sah aus wie tot.
Was dann folgte, kapierten Smoky, der Profos und die anderen überhaupt nicht mehr.
Die Dicke watschelte auf ihren hingestreckten Mann zu, warf sich über ihn und brach in lautes Jammern und Wehklagen aus.
Die Arwenacks glaubten, nicht richtig zu hören.
„Mein armer Martin“, schluchzte sie tief und ergreifend. „Was haben die bösen Kerle nur mit dir getan? O Martino! Santitochen, mein kleiner Heiliger, mein Goldengel!“
„Hä?“ fragte der Profos wenig geistreich. „Bin ich jetzt bescheuert, oder sind es die anderen?“
„Die Alte spinnt“, kommentierte Smoky entsetzt. „Die hat nicht alle am Dachfirst.“
Die beiden Bälger brachen ebenfalls in lautes Plärren aus, nur der Köter kläffte den bewußtlosen Hafenmenschen weiterhin an und zerrte immer wieder an seiner Hose.
„Das gibt es doch nicht“, ächzte Smoky, „oder hat sie den lieben Martin etwa totgeschlagen?“
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