Fühlen Sie sich eingeladen, das Buch, auch, wenn Sie es schon zu kennen glauben, noch einmal neu unter diesem Aspekt zu lesen.
Sollte ich mit der Lektüre dieser Neufassung Interesse geweckt haben, das zu vertiefen, was wir die „Dialogische Haltung“ und die Dialogkreis-Begleitung nennen, gibt es eine gute Möglichkeit: Sie könn(t)en sich berufsbegleitend als Dialogbegleitung zertifizieren zu lassen. Unser Konzept für diese Weiterbildung entwickeln Jana Marek und ich stetig weiter und aktualisieren es regelmäßig.
Sowohl über die Internetseite des Vereins Im Dialog e.V. (https://im-dialog-ev.de) als auch über die Adresse http://johannes.schopp.deerfahren Sie mehr über Weiterbildungen, Angebote und Aktionen des 2013 gegründeten Vereins „Im Dialog e.V.“
Ansonsten: Mögen Sie sich angesteckt fühlen von der Experimentierfreude und der Neugier, die es braucht, um neue, berührende dialogische Erfahrungen zu machen. Es lohnt sich!
Johannes Schopp
Hagen, Juli 2019
[16] Vorwort zur 4. Auflage
Gerald Hüther
Es freut mich sehr, dass dieses Buch von Johannes Schopp nun in einer neuen Auflage vorliegt. Nicht nur deshalb, weil es einen sehr praktischen Ansatz für die Arbeit mit Eltern vorstellt, der zu einer nachhaltigen Veränderung ihrer Beziehung zu ihren Kindern führt. Diese Neuauflage ist in meinen Augen auch Ausdruck einer anhaltenden und sich weiter verstärkenden Suche nach solchen Hilfestellungen für Eltern, die sich nicht mehr länger in der Präsentation eines Sammelsuriums von Ratschlägen und Rezepten zur Verbesserung elterlicher Erziehungskompetenz erschöpfen, sondern die es stattdessen Eltern ermöglichen, ihren Kindern auf eine andere Weise als bisher zu begegnen: Mit einer dialogischen, oder – einfacher ausgedrückt – mit einer liebevolleren, achtsameren und respektvolleren Haltung.
Dass es die inneren Einstellungen und Haltungen sind, die darüber entscheiden, wie ich mich verhalte, was ich sage, was ich tue, was ich wie bewerte, worauf ich achte, worum ich mich kümmere und wie ich anderen Menschen begegne, ist eine relativ neue Erkenntnis. Bisher ging man davon aus, dass es das Ziel pädagogisch-therapeutischer Bemühungen sein müsse, ungünstige Verhaltensweisen durch günstigere zu ersetzen. Durch Aufklärungs- und Trainingsprogramme sollten Eltern dazu gebracht werden, neue Verhaltensmuster einzuüben und dann auch zu Hause, in der Familie einzusetzen, sogar „Elternschulen“ wurden eingerichtet und die Super-Nanny führte im Fernsehen exemplarisch vor, wie sich Eltern ihren Kindern gegenüber zu verhalten haben.
Genützt hat all das wenig, und inzwischen wissen wir auch weshalb: Weil es etwas gibt, was das Verhalten steuert und was sich eben nicht durch kluge Ratschläge und Trainingsprogramme verändern lässt. Es ist die dem jeweiligen Verhalten zugrundeliegende und dieses Verhalten steuernde innere Haltung. Die müsste sich ändern, wenn man erreichen möchte, dass sich jemand künftig anders verhält.
Niemand kommt aber mit seinen ungünstigen inneren Einstellungen und Haltungen zur Welt. Die erwirbt man erst, und zwar durch ungünstige eigene Erfahrungen. Und die ungünstigste Erfahrung, die ich als Mensch machen kann und die viele [17] schon sehr früh zu machen gezwungen sind, ist die so genannte Opferhaltung, also die innere Überzeugung, ich bin inkompetent, ich kann nichts gestalten, ich bin den Verhältnissen hilflos ausgeliefert. Verbunden ist diese Haltung mit dem Gefühl eigener Schwäche und Bedürftigkeit.
Das aus dieser inneren Einstellung resultierende Verhalten ist selten günstig. Für Kinder ist das, was ihre Eltern aus einer solchen Einstellung heraus tun und sagen, was sie daraus lernen und welche Schlussfolgerungen sie daraus für sich selbst ziehen, eine Katastrophe.
Wer sich selbst nichts zutraut, traut auch anderen nichts zu. Wer sich selbst als Opfer erlebt, macht auch andere zu Opfern, wer selbst ratlos ist, macht auch andere ratlos.
Weil es immer Beziehungserfahrungen sind, die zu solch ungünstigen inneren Einstellungen und Haltungen führen, müssten Eltern und Kinder Gelegenheit bekommen, andere, günstigere Erfahrungen im Umgang miteinander zu machen. Diejenigen, die solche günstigeren Beziehungserfahrungen ermöglichen könnten, sind die Eltern, nicht die Kinder. Damit aber Eltern diese Rolle übernehmen können, brauchen sie Stärkung, brauchen sie Kraft und Zuversicht, brauchen sie genug (Selbst-)Vertrauen, dass ihnen diese Art von Beziehungsgestaltung auch gelingt. Und genau das, die Stärkung dieser elterlichen Gestaltungskompetenz und ihres Selbstwirksamkeitsgefühls ist es, was Johannes Schopp mit diesem Ansatz der dialogischen Haltung in seiner beraterischen und begleitenden Tätigkeit erreicht und in diesem Leitfaden beschreibt. Glücklicherweise nicht als graue Theorie, sondern in einer leicht verständlichen Sprache und mit vielen praktischen Beispielen und Anregungen für die konkrete Umsetzung. Deshalb handelt es sich bei diesem Buch nicht um einen weiteren Ratgeber auf dem ohnehin schon mit Tipps und Ratschlägen überfüllten Büchermarkt, sondern es beschreibt einen ganz anderen, einen zukunftsweisenden Ansatz.
Ein Ansatz, der nicht auf kurzzeitige Effekte und Scheinerfolge abzielt, sondern auf nachhaltige Wirkungen.
Ich bin sicher, dass diese überarbeitete Auflage nicht die letzte sein wird.
Göttingen, im Mai 2013 |
Gerald Hüther |
[18] Vorwort zur 4. Auflage
Sigrid Tschöpe-Scheffler
Wie kann es gelingen, wahrhaft interessiert und offen für das zu werden, was Mütter, Väter und Kinder bereits an Wissen und Können, individueller Erfahrung, biografischen Erkenntnissen, Lebensleistungen, Intuition und Expertentum für ihr eigenes Leben mitbringen?
Johannes Schopp zeigt in seiner sehr anregenden Publikation, nun bereits in der 4. Auflage, dass dies nur durch echten Dialog möglich ist. Dialog ist nicht in erster Linie eine Methode, auch wenn er eingeübt werden muss, sondern eine Haltung, die eine auf Prozesshaftigkeit angelegte existentielle Begegnung mit sich selbst und dem anderen initiiert.
Mir scheint es, dass diese Haltung inzwischen nicht nur in der Zusammenarbeit mit Eltern „angekommen“ ist, sondern dass sich daraus auch ein Paradigmenwechsel insgesamt für die Familienbildung abzeichnet.
Es ist ein großer Verdienst der dialogischen Arbeit, wie sie von Johannes Schopp und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Publikationen und Aus- und Fortbildungen gelebt und präsentiert wird, dass Menschen spüren, wie bedeutungsvoll zwischenmenschliche Erfahrungen und Begegnungen für sie selbst sind, und sie diese darum in ihre (nicht nur pädagogische) Arbeit und in ihr Leben übertragen wollen.
Der Autor zeigt sehr eindringlich, dass es nicht in erster Linie die Konzepte, Trainings und Methoden sind, die Menschen in der Tiefe zusammenführen, sondern individuelles Wachstum und eigene Entwicklung erst in der tiefen Begegnung mit dem Anderen realisiert werden können.
Ich wünsche dem Autor, seinem großen Anliegen und damit auch seiner Publikation weiterhin eine große Verbreitung, noch viele Auflagen und interessierte Leserinnen und Leser, die durch dieses Buch angeregt werden, selbst dialogisch unterwegs zu sein, sich für die Standpunkte des Anderen ernsthaft zu interessieren und mit ihnen (und sich selbst) in einen echten Dialog zu treten.
Die meisten Eltern handeln in der Überzeugung, das Beste für ihre Kinder zu tun. Dabei stoßen sie jedoch immer wieder an Grenzen, die in der Natur der Sache liegen. Kinder sind von Geburt an individuelle Wesen, die ihren eigenen Willen und eigene Vorstellungen haben, die sie mit zunehmendem Alter immer weiter entwickeln. Von daher gibt es ganz natürliche Reibungspunkte zwischen den Interessen der Eltern und denen ihrer Kinder. Darüber hinaus bedeutet Elternsein ganz pragmatisch, Tag für Tag, Woche für Woche und Jahr für Jahr eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen und im Dschungel der Möglichkeiten zwischen „richtig“ und „falsch“ abzuwägen.
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