„Ganz richtig“, sagte der Rancher. „Sie sind nur für Watertown zuständig, Riley!“
„Ihr vergesst alle nur eins: Miss Freese wurde aus der Stadt entführt.“ Er zog sein Pferd herum und ritt davon.
Ric hatte plötzlich ein Gewehr in der Hand und hob es langsam. Er blickte Garett dabei fragend an.
Der Rancher sah unentschlossen aus. „Ich würde das unterlassen“, sagte Matt leise. „Keiner weiß, wie der nächste Sheriff aussehen wird.“
„Den bestimmen wir“, erwiderte der Rancher.
„Und der Bezirksrichter? Glaubt ihr wirklich, dass er den Mord an einem Sheriff auf sich beruhen lässt?“
„Er hat Recht“, wandte einer, der Männer am Bunkhaus ein. „Wenn der Bezirksrichter erst seine Nase in die Sache steckt, sieht es trübe aus. Ich würde auch davon abraten.“
Ric stand immer noch unentschlossen. „Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass er so viel Staub aufwirbelt“, ächzte der Rancher. „Die Sache wird ungemütlich. Wenn er nun eine Meldung nach Fort Sisseton macht?“
Matt blickte in das fragende Gesicht Garetts, und er wunderte sich, dass der Mann plötzlich so unsicher war.
„Wenn er das wirklich macht“, sagte er, „so vergeht darüber viel Zeit. Mehr Zeit, als du brauchst, um mit Troger einig zu werden. Wenn du hier aber erst der starke Mann bist, kann dir auch der Bezirksrichter nichts tun.“
Matt sah, dass Garett dieses Argument einging wie guter Whisky. Dabei war es ein schlechtes Argument.
„Stell die Flinte weg, Ric“, knurrte der Rancher. „Matt hat Recht.“
Wister blickte hinter dem Sheriff her, der den Hügel hinaufritt. Er wusste, dass Rileys Leben soeben an einem hauchdünnen Faden gehangen hatte.
„Ric, du holst das Mädchen herauf. Niemand soll uns nachsagen, wir wären schlechte Gastgeber.“
„Ja, Boss.“
Ric lehnte das Gewehr an die Bunkhauswand und ging zum Haupthaus hinüber. Er stieg die Treppe hinauf und ging in das Haus.
Matt war sicher, dass sie das Mädchen im Keller versteckt hatten. Er musste Riley Recht geben. Auf einer solchen Ranch war es leicht, einen Menschen spurlos verschwinden zu lassen.
Riley mochte gut zehn Minuten verschwunden sein, als der Ranchwagen über die Hügelkuppe kam und langsam ins Tal rollte.
Als der Wagen im Hof stand, sprang Hal ab und begann laut und wild zu lachen. Die anderen Cowboys stimmten grölend ein.
Matt schallte es in den Ohren. Er hatte plötzlich das Gefühl, in ein Rudel wilder, hungriger Wölfe geraten zu sein.
Er sagte nichts. Er saß auf der Fence und rollte sich eine Zigarette.
Ric kam aus dem Haupthaus. Er blieb am Anfang der Treppe stehen, grinste und blickte zu Matt herüber.
„Du sollst die erste Wache bei ihr übernehmen!“, rief er.
Matt rutschte von der Fence, brannte seine Zigarette an und rauchte ein paar Züge. Langsam schlenderte er zur Treppe hinüber, die Ric herunterkam. Sie trafen sich am Fuße, blieben beide stehen und sahen sich an.
„Du kannst dich mit ihr unterhalten“, meinte Ric. „Der Boss will es so.“
„Warum?“
Ric zuckte die Schultern. „Du sollst vielleicht langsam darauf hinwirken, dass sie eine bestimmte Erklärung unterschreibt. Nämlich die, niemals hier gewesen zu sein. Es gibt doch eine ganz simple Erklärung. Zwar wird sie Riley nicht einleuchten, aber er wird nichts machen können. Sie brauchte nur zu sagen, sie wäre einfach fortgeritten. Mal ein paar Tage woandershin.“
„Natürlich, Ric.“
„Siehst du. Ich denke, du kannst ihr das bestimmt begreiflich machen.“
Matt zog noch einmal an seiner Zigarette, warf sie dann über die Schulter und stieg die Treppe hinauf.
„Los!“, bellte Ric hinter ihm. „Holt eure Gewehre, und bildet einen Ring um die Ranch. Es ist möglich, dass Troger schon weiß, was die Uhr geschlagen hat. Wir wollen uns nicht überraschen lassen.“
Matt fragte sich, ob er der Vormann dieser Ranch war, oder ob Ric jetzt diesen Posten innehatte.
Matt Wister zog den schweren Holzriegel mit einem Ruck zurück und öffnete die Tür. Vor sich sah er einen kleinen Raum, der ein ebenfalls kleines Fenster zur Schuppenseite hatte.
Er zog die Tür hinter sich zu und blieb stehen. Das Mädchen blickte ihm entgegen.
Maude saß auf einem Stuhl hinter einem roh gezimmerten Tisch, hatte die Hände auf der Platte liegen und bewegte sich nicht. Ihr Gesicht war bleich. Sie war nicht mehr gefesselt, und auch der Knebel war verschwunden. Ihre Augen blickten kühl, und ihre Finger zitterten leicht.
Erst jetzt schien sie voll erkannt zu haben, in welcher Gefahr sie sich befand.
Matt zog sich einen Stuhl neben die Tür und setzte sich. Er blickte an den Wänden entlang. Es war ihm, als könnte er links hinter der Wand ein Geräusch hören.
Er lächelte flüchtig. Irgendwer schien mithören zu wollen. Vielleicht war es Garett, der ihn auf diese Art prüfen wollte. Und das war für ihn auch der einzige einleuchtende Grund, dass er diese Wache übernehmen musste.
„Alan Troger hat gestern mit Ihnen gesprochen“, sagte das Mädchen plötzlich. „Er erzählte mir davon.“
„So?“
„Er war überzeugt, dass Sie für ihn reiten wollten.“
„Ich wüsste nicht, wie er zu dieser Überzeugung gekommen sein sollte.“
„Sie hatten doch schon so halb zugesagt!“
„Ich hatte das offengelassen, zugegeben.“
„Sie kennen Al?“
„Wieso?“
„Ich habe das Gefühl. Schon als ich Ihren Namen erwähnte, tat er so komisch. Es war fast, als wäre es ihm unangenehm, an etwas erinnert zu werden. Was ist es?“
„Es ist vielleicht besser, wenn Sie sich darüber keine Gedanken machen.“
„Ich bin mit ihm verlobt.“
„Ich weiß.“
„Mir müssten Sie es sagen.“
„Ihre Verlobung wird so und so platzen“, sagte Matt. „Garett hat Sie nicht hierher bringen lassen, um seinen Leuten die Zeit zu vertreiben.“
„Ich hatte angenommen, in Ihnen einen Freund gefunden zu haben.“
Matt hörte die Bitterkeit aus den schnell hervorgestoßenen Worten heraus. Er wandte den Kopf und lauschte zur Wand hin, und er sah, dass auch Maude etwas bemerkt haben musste. Er lächelte und sagte: „Garett ist mein Boss. Er bezahlt mich, und folglich bestimmt er auch, was ich zu tun habe.“
Sie schaute ihn scharf an, als traue sie seinen Worten nicht.
Er blinzelte mit den Augen und setzte hinzu: „Es gibt für mich keinen vernünftigen Grund, gegen ihn arbeiten zu wollen. Sie haben ganz Recht. Alan Troger und ich, wir kennen uns von früher her. Wir haben uns niemals gesehen, aber wir kennen uns. Es ist keine gute Erinnerung. Für mich nicht; für ihn auch nicht.“
„Schade, Sie waren meine letzte Hoffnung.“ Maude Freese senkte den Kopf.
Matt rollte sich eine Zigarette, riss ein Schwefelholz über das Stuhlbein und begann zu rauchen. Er lauschte immer noch nach der Wand hin. Nach einer Weile hörte er leise Schritte. Eine Tür klappte.
„Ich frage mich, wie Sie auf Troger gekommen sind“, meinte er. „Sie haben einen Store, der sicher sein Geld wert ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann wie Troger auf Sie Eindruck machen kann.“
„Wollen Sie mich um jeden Preis beleidigen?“
„Durchaus nicht. Es ist nur so: wenn man schon darüber spricht, sollte man es offen tun. Dazu haben Sie keine Lust, wie?“
„Ich finde, das geht nur mich etwas an.“
„Natürlich.“
„Sie helfen mir also nicht?“
„Nein. Und wenn Sie irgendwann einmal Gelegenheit haben, ihn zu fragen, dann tun Sie es ruhig. Wenn ich Ihnen helfe, helfe ich Troger. Fragen Sie ihn, warum ich keinen Grund habe, ihm zu helfen.“
„Glauben Sie, dass er mir das sagen würde?“
„Sie sind doch mit ihm verlobt“, sagte Matt lächelnd. „Oder trauen Sie ihm nicht?“
Читать дальше