Nach einer grundlegenden Überarbeitung der DIN-VDE-Normblätter erhielten diese eine neue Bezeichnung:
- VHD: bisher DIN VDE 8004, neu DIN 48 004/12.40,
- VHW: bisher DIN VDE 8005, neu DIN 48 005/12.40.
1931 kamen Stützen-Isolatoren auf den Markt, die Salzablagerungen (Bild 34) [24] und starke Verschmutzungen durch Industrieluft (Bild 35 und Bild 36) [24], [53] beherrschen sollten.
Bild 34: Stützen-Isolator für Gegenden mit Salzablagerungen
Bild 35: Stützen-Isolator für starke Industrie-Luftverschmutzung
Bild 36: Amerikanischer Stützen-Isolator für Industrie-Luftverschmutzung ("Fog type")
Zum Schutz von Stützen-Isolatoren vor Lichtbögen, die nach Überschlägen durch Blitzeinschläge in die Freileitung am Isolator entstehen können, wurde 1909 von L. C. Nicholson erstmals an der Stütze eines Stützen-Isolators ein metallischer Schutzring angebracht (Bild 37) [67], [68], [315]. Dadurch erfolgt der Durchschlag der Luftstrecke mit nachfolgendem Lichtbogen vom Isolierkörper entfernt, zwischen Schutzring und Leiterseil.
Bild 37: Schutzring für Stützenisolatoren nach Nicholson (1909)
1910 brachte die Porzellanfabrik Rosenthal einen neuartigen Stützen-Isolator auf den Markt, der im wesentlichen nur aus einem Pozellandach und einem einzigen, die Stahlstütze umgebenden Porzellanmantel bestand (Bild 38) [65].
Bild 38: Stützen-Isolator von Rosenthal (1910)
Auf einer 25-kV-Freileitung in der Nähe von Genua (Italien) traten 1907 schwierige Isolationsbedingungen mit normalen Stützen-Isolatoren auf [69]. Feine Wasserteilchen, die der Wind von der Seeseite heranblies, blieben auf den Isolatoren haften. Nach Trocknung entstand ein feinkristalliner Überzug, auf dem Staub und Ruß haften blieb. Diese Schicht wuchs in 2 Monaten bis zu 1 mm Dicke, bildete sich jedoch nicht auf den dem Regen ausgesetzten Flächen.
Zur Lösung des Problems schlug Anfosi [65], [69] einen Isolator vor, der nur aus einem flachen Dach und einer Hülse um die Stütze bestand (Bild 39).
Einen völlig anderen Zweck sollte dagegen der Stützen-Isolator von Ginori [65] erfüllen (Bild 40): Das Leiterseil bzw. der Leitungsdraht ist unterhalb eines Daches aus Porzellan angebracht. Durch dieses Dach werden die darunterliegenden Porzellanteile bei Regen trocken gehalten.
Bild 39: Stützen-Isolator von Anfosi (1907)
Bild 40: Stützen-Isolator von Ginori (1910)
Bild 41: Amerikanischer Stützen-Isolator für 75 kV (1910)
Für eine 75-kV-Freileitung wurde 1910 von der Edison Electric Company (USA) ein 4-teiliger Stützen-Isolator nach Bild 41 [70] eingesetzt.
Eine Verbesserung der Isoliereigenschaften brachte der 1910 von der Porzellanfabrik Hermsdorf für Spannungen bis 25 kV hergestellte Metallschirm-Isolator [71]. Er unterscheidet sich von den Delta-Isolatoren dadurch, dass der oberste Porzellanmantel durch einen leichten Metallschirm ersetzt wurde (Bild 42).
Bild 42: Metallschirm-Isolator der Porzellanfabrik Hermsdorf (1910)
Der weitausladende gepreßte feuerverzinkte Metallschirm sollte bei Regen die direkte Benetzung der darunterliegenden Pozellanteile verhindern.
Ähnliche Eigenschaften hat der von der Porzellanfabrik Rosenthal entwickelte Kammer-Isolator [82], [83], der 1910 für eine 66-kV-Freileitung der Hidro-electrica Espanola Madrid verwendet wurde (Bild 43).
Bild 43: Kammer-Isolator der Porzellanfabrik Rosenthal (1910)
1918 analysierte Gilchrest die in den amerikanischen Hochspannungs-Freileitungsnetzen sehr zahlreich aufgetretenen Störungen an mehrteiligen Stützen-Isolatoren und zog daraus für die richtige Konstruktion solcher Isolatoren folgende Schlußfolgerungen:
* Die Oberfläche des Isolierkörpers soll den elektrischen Feldlinien folgen.
* Die Umrisse der Regendächer sollen den Äquipotentiallinien folgen.
* Die Linien der mechanischen Beanspruchung sollen parallel zu den elektrischen Feldlinien verlaufen.
* Der Oberflächenwiderstand jedes Porzellanteiles soll annähernd gleich sein oder nach der Stahl-Stütze zu etwas abnehmen.
* Die Kapazität jedes Porzellanteiles soll annähernd gleich sein.
Bild 44 zeigt einen nach diesen Gesichtspunkten konstruierten Isolierkörper für einen Stützen-Isolator [72], der als Faradoid-Isolator bezeichnet wurde.
Bild 44: Von Gilchrest vorgeschlagene Idealform eines mehrteiligen Isolierkörpers für Stützen-Isolatoren (1918, Faradoid-Isolator)
Seit 1918 beschäftigte sich ein Ausschuss des VDE mit der Bewertung und Normung von Porzellan-Isolatoren. 1920 entstanden die ersten Entwürfe für eine deutsche Norm über Freileitungs-Isolatoren [29], [30]. In den Normentwürfen wurde darauf hingewiesen, dass bei Stützen-Isolatoren Maßnahmen vorzusehen sind, die das Entstehen von Rißbildungen im Isolierkörper ausschließen.
Insbesondere sind bei zusammengekitteten Isolierkörpern
* die Kittflächen kalottenförmig auszubilden,
* scharfe Biegungen, Krümmungen und Kanten zu vermeiden und
* die Kittschicht und das Kittmittel mit Sorgfalt auszuwählen.
Die Befestigung der Stützen-Isolatoren auf den Mastkonstruktionen geschah in den USA zunächst mittels Holz-Stützen [28], [73]. So wurden beispielsweise 1904 Holz-Stützen
* aus Eukalyptus-Holz, die ausgekocht, getrocknet und in heißem Leinöl getränkt wurden oder
* aus Bergakazie oder Eichenholz, die nach Trocknung 6 bis 12 Stunden in heißes Paraffin getaucht wurden,
hergestellt [38], [74]. Beim mehrjährigen Betrieb derartiger Freileitungen zeigte sich jedoch, dass die Holz-Stützen durch die Einwirkung von Glimmentladungen und Ladeströmen allmählich verkohlten, bzw. direkt verbrannten. Sie wurden deshalb durch rohrförmige Stahl-Stützen ersetzt. Der Isolierkörper wurde direkt auf das Gewinde der Stahl-Stütze oder durch Zwischenlegen eines Bleifadens aufgedreht [74].
Für eine 60-kV-Freileitung am Niagarafall wurden für 3-teilige Stützenisolatoren gußeiserne Stützen mit einer breiten Grundplatte verwendet (Bild 45).
Bild 45: Gußeiserne Stütze (USA, 1906)
Bild 46: Rohrförmige Stahlstütze in Holztraverse eingelassen (1908)
Auch rohrförmige Stahl-Stützen, die direkt in die Holztraverse eingesteckt wurden, kamen zur Anwendung, wie 1908 auf einer 35-kV-Freileitung in Neuseeland (Bild 46) [77].
Stahl-Stützen bewährten sich gut. Man brachte aber dadurch das Erdpotenzial in das Innere des Isolierkörpers und bis auf wenige Zentimeter an das Hochspannungspotenzial heran.
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