Deutsche Massenauswanderung in den vergangenen drei Jahrhunderten und Rückwirkungen auf die Außenbeziehungen Deutschlands
1. Auflage, erschienen 02-2021
Umschlaggestaltung: Romeon Verlag
Text: Manfred P. Emmes
Layout: Romeon Verlag
Coverbild: „Ankunft im Lande der Freiheit“.
Historisches Museum Bremerhaven.
ISBN (E-Book): 978-3-96229-841-8
www.romeon-verlag.de
Copyright © Romeon Verlag, Kaarst
Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten. Ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.
Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Gewissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Verlages. Er übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrichtigkeiten.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
MANFRED P. EMMES
Deutsche Massenauswanderung in den vergangenen drei Jahrhunderten und Rückwirkungen auf die Außenbeziehungen Deutschlands
Die in der hiesigen Studie vertretenen Auffassungen geben ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.
I. Einleitung: Massenauswanderung als Reaktion auf die politisch-wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland
II. Große deutsche Auswanderungswellen nach Osteuropa und Übersee
1. Auswanderungsfreiheit als Ergebnis langjährigen Liberalisierungsprozesses
2. Erste kontinentale Auswanderungswellen nach Südosteuropa und in den peripheren Großstaat Russland im 18. und 19. Jahrhundert
3. Frühe deutsche Massenauswanderung in den peripheren westlichen Großstaat USA
4. Entwicklungsbedingungen und Determinanten der deutschen Massenmigration im 19. und 20. Jahrhundert
4.1. Politisch-wirtschaftliche Begleitumstände und Folgewirkungen
4.2. 1830er und 1848er Auswanderer als Wirtschaftsfaktoren und politische Kulturträger im Zielland USA
III. Sozial-ökonomische Aspekte im Verhältnis zwischen Herkunfts- und Zielstaat mit Einfluss auf die Massenauswanderung
1. Wegzug als Verlust für das Kapazitäts- und Entwicklungspotenzial Deutschlands und Gewinn für die Aufnahmeländer
2. Ansätze zur rechtlichen Regelung des Auswanderungswesens und Diskussion übergeordneter Auswanderungsziele
3. Kolonisationsprojekt des „Mainzer Adelsvereins“ - frühe deutsche Ansiedlung in Texas
4. Rückwanderung ins Herkunftsland im Kontext von Massenmigration
IV. Massenauswanderung als Bestimmungsfaktor der Außenbeziehungen Deutschlands
1. Auswanderungswellen aus Deutschland und Implikationen für die Beziehungen zu den Zielländern
2. Wachsende Zugangsprobleme in bedeutenden Zielländern für deutsche Auswanderer
3. Lateinamerika als Zielregion deutscher Auswanderer mit konfliktiven Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen Deutschlands
3.1. Spannungen Deutschlands im Verhältnis zu den USA
3.2. Irritationen in den deutsch-brasilianischen Beziehungen
4. Einflussnahmen NS-Deutschlands auf die Emigranten in den Zielländern
5. Auswanderung aus Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und aktuelle Tendenzen
V. Zusammenfassung und Schlußbetrachtung: Trends und Probleme deutscher Überseemigration in den vergangenen drei Jahrhunderten
VI. Anmerkungen
VII. Literaturverzeichnis
I. Einleitung: Massenauswanderung als Reaktion auf die politisch-wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland
Neben Kriegen, Friedensschlüssen, Konflikten und deren Lösungen waren es in der neueren deutschen Geschichte, überwiegend im 19. und 20. Jahrhundert, vor allem Massenauswanderungswellen, die nachhaltigen Einfluss auf die Sozialstruktur der jeweiligen deutschen Länder oder (später) des geeinten Deutschlands und auch auf die außenpolitischen Beziehungen zu den Zielländern hatten. Zwischen all diesen Ereignissen ist vielfach ein enger Zusammenhang erkennbar. So wurden nach Kriegen und ihren Verwüstungen häufig Migrationsbewegungen ausgelöst, d. h. Kriege und Konflikte sowie die in der Folge aufgetretenen wirtschaftlichen Verschlechterungen der Lebensbedingungen bildeten maßgebliche Ursachen und Bestimmungsfaktoren für die meist schwerwiegenden Entscheidungen der Menschen, aus ihrem Heimatraum auszuwandern. Zudem haben massive Bevölkerungsentwicklungen ansatzweise bereits im 18. Jahrhundert, vornehmlich jedoch im 19. und 20. Jahrhundert, in Deutschland eine besondere Rolle gespielt. Dies hat indes - obwohl in diesem Zeitraum Millionen von Menschen Deutschland verließen und zum Teil tiefe Spuren hinterließen - in der historischen Aufarbeitung, abgesehen von landes- und regionalgeschichtlichen (Forschungs-) Arbeiten, bislang kein besonderes Forschungsinteresse gefunden. Bei den entsprechenden historisch-politischen Darstellungen zu dieser Epoche stehen hingegen meist die übergeordneten (staats-) politischen und wirtschaftlichen Geschehnisse und Verläufe im Vordergrund.
Die Massenauswanderungen hatten jedoch, neben den starken und nachhaltigen psychisch-emotionalen Effekten auf die Auswandernden selbst, auch weitreichende Auswirkungen auf die zurückgebliebenen Familien und Freundeskreise sowie auf das ethnisch geprägte Sozial- und Kulturleben in den (Ausgangs-) Ländern und Kommunen. Die Wirkungen blieben jedoch nicht nur auf das Herkunftsgebiet beschränkt, sondern sollten erheblichen Einfluss gewinnen auf die Vorstellungswelt der Menschen im Zielland und zum Teil auch erhebliche Rückwirkungen haben auf die Außenbeziehungen dieser Zielländer zu den Herkunftsstaaten. Auf diese Wechselwirkungen und außenpolitischen Aspekte wird im Weiteren ein besonderer Fokus gelegt werden.
Dabei werden nicht die Zielländer der kontinentalen Wanderungsbewegungen, sondern die (überseeischen) Vereinigten Staaten von Amerika und Südamerika als größte deutsche Auswanderergebiete im langen Zeitraum des 19. und 20. Jahrhunderts im Vordergrund stehen. Im Rahmen der hiesigen Betrachtung können die staatlichen Vorstellungen und Maßnahmen in Bezug auf die Auswanderungsbewegung im Herkunftsland nur ausschnittartig erfasst werden, ebenso wie die Perzeptionen und z. T. krisenhaften Rückwirkungen der migrationsbedingten Ereignisse in den Herkunfts- und Aufnahmeländern.
Neben den Briefen von Auswanderern und Berichten von Rückwanderern war es auch die neuartige Massenpresse in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, durch die große Bevölkerungskreise mit z. T. vertieften außenpolitischen und wirtschaftlichen Nachrichten erreicht wurden. Vor allem die „Amerikabriefe“ und auch ihre mündlich weiter vermittelten Erzählungen fanden große Verbreitung und genossen aufgrund der meist persönlichen Bekanntheit ihrer Absender höchstes Vertrauen. Sie sollten das Nord- und Südamerikabild der Masse der Auswanderungswilligen besonders prägen. Trotz auch kritischer Berichte in den Auswandererbriefen überwog jedoch letztlich ein positives Bild der Neuen Welt. Dieses war bestimmt durch Nachrichten von einem, wenn auch mit mancherlei Risiko verbundenen, im Auswanderungsland kaum vorstellbaren Maß an persönlicher Freiheit in der Lebensgestaltung und der Möglichkeit des erleichterten Besitzerwerbs. Hierdurch ergaben sich oft bedeutsame Impulse und Verläufe des Wanderungsgeschehens, vielfach ausgelöst über transatlantische Migrationsnetzwerke sowie durch Verwandte und Bekannte verknüpfte Kommunikationssysteme in den Herkunftsgemeinschaften. Diese vernetzten europäische Herkunftsräume und überseeische Zielgebiete oft über lange Zeiträume und stellten so einen spezifischen Zusammenhang und Wahrnehmungsraum her.
Читать дальше