Um 1900: Architektur als Gesamtkunstwerk
Genese der Avantgarden im Ersten Weltkrieg: Die europäische Illusion des Neubeginns
Alternativen der Moderne: Pluralismus der Baustile
Bauen in Diktaturen: Architektur als Teil des Totalitarismus
Neuanfänge und Kontinuitäten nach 1945: Wiederaufbau und Kritik der Moderne
High Tech und Partizipation: Utopien und Konsequenzen der Großtechnik
Was ist Architektur? Bauen und Poststrukturalismus
Themenblock · Medien der Architekturvermittlung
Architekturtheorie 1800–2000: Vom ‚sprechenden’ zum ‚fiktionalen’ Bauen
III. Schlüsselwerke
|1|Wörlitzer Anlagen bei Dessau: Der Garten als Ort des Stilpluralismus
|2|Die Saline von Chaux in Arc-et-Senans: Die Idealstadt der architecture parlante
|3|Monticello und Virginia University: Beginn der Architektur in den USA
|4|Das Alte Museum in Berlin: Das Museum als neue Bauaufgabe
Themenblock · Die Öffentlichkeit als Bauherrin
|5|Residenz und Ludwigstraße in München: Der Historismus des Auftraggebers
|6|Houses of Parliament in London: Architektur und Monarchie
|7|Erstes und zweites Hoftheater in Dresden: Wege der Neorenaissance
|8|Bibliothèque Ste-Geneviève in Paris: Stein und Eisen
|9|Crystal Palace in London: Typisierung und Weltausstellung
|10|Gare du Nord in Paris: Bauaufgabe Schienenverkehr
Themenblock · Architektenausbildung
|11|Red House in Bexleyheath: Handwerklichkeit als Reformprogramm
|12|Die Opéra in Paris: Selbstdarstellung des Großbürgertums
Themenblock · Die Entstehung der modernen Denkmalpflege
|13|Die Wiener Ringstraße: Umbau einer Kapitale
|14|Der Justizpalast in Brüssel: Hypertrophes Staatssymbol
|15|Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand: Tempel des Konsums
|16|Die Mietskaserne in Berlin: Massenwohnbau und Industrialisierung
|17|Guaranty Building in Buffalo: Die Geburt des Wolkenkratzers
|18|Das Bayerische Nationalmuseum in München: Stilvielfalt als museologisches Konzept
|19|Maison Horta in Brüssel: Dekoration des Lebens im Art nouveau
|20|Das Postsparkassenamt in Wien: Ästhetik des Bekleidens
Themenblock · „Ornament und Verbrechen“
|21|Die Garnisonkirche in Ulm: Liturgiereform und sakrales Bauen
|22|Gartenstadt Hellerau bei Dresden: Die Gartenstadt als Reformbewegung
|23|Die Turbinenhalle der AEG in Berlin: Der Werkbund und die Industrie
|24|Robie House in Chicago: Die Suche nach einem Stil der USA
|25|Das Théâtre des Champs-Elysées in Paris: Klassik und Betonarchitektur
|26|Die Stadtbibliothek in Stockholm: Das Potenzial der Erinnerung
|27| Une Ville contemporaine : Le Corbusier als Urbanist
Themenblock · Organisationen und Interessenverbände
|28|Haus Schröder-Schräder in Utrecht: Abstrakte Komposition im Raum
|29|Zweites Goetheanum in Dornach: Anthroposophie und Expressionismus
|30|Berliner Wohnsiedlungen: Wohnungen für den ‚neuen Menschen’
Themenblock · Bauausstellungen
|31|Bauhausarchitektur in Dessau: Synthese des Neuen Bauens
|32|Das Verwaltungsgebäude der IG Farben in Frankfurt: Repräsentatives Bauen für die Industrie
|33|Haus Schminke in Löbau: Organische Moderne
|34|Casa del Fascio in Como: Modernes Bauen im faschistischen Italien
|35|Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg: Staatsarchitektur im Nationalsozialismus
|36|Kaufmann Desert House in Palm Springs: Life style in der Nachkriegsmoderne
|37|Die Unité d’habitation in Marseille: Umsetzung der Charta von Athen
|38|Stalinallee und Hansa-Viertel in Berlin: Wiederaufbau im Wettbewerb der Systeme
|39|Torre Velasca in Mailand: Die Wiederentdeckung der historischen Stadt
|40|Seagram Building in New York: Wolkenkratzer und corporate identity
Themenblock · Architekten-Rollen
|41|Technische Universität Otaniemi/Espoo: Landschaft und moderne Architektur
|42|Brasília, Stadtanlage und Parlamentsbau: Eine Hauptstadt als Staatssymbol
|43|Rundfunk- und Pressezentrum in Kofu: Prozesshafte Großform
|44|Haus der Nationalversammlung in Dhaka: Monumentalität und Moderne
|45|Die Wallfahrtskirche in Neviges: Formsuche im Sakralbau
|46|Das Olympiazentrum in München: Ökologie und sanftes Bauen
|47|Centre Beaubourg in Paris: Pop und High Tech
|48|Die Neue Staatsgalerie in Stuttgart: Strategien der Postmoderne
|49|Jüdisches Museum in Berlin: Dekonstruktion und Fragmentation
|50|Das 21. Jahrhundert: Positionen der Gegenwart
IV. Anhänge
Zeittafel
Glossar
Literatur
Register der Bauten und Stadtanlagen
Personenregister
Abbildungsnachweis
I. Einleitung

Geschichte der Geschichten der Architektur
1800–2000
Die Architekturgeschichte des 19. und 20. Jh.s hat lange gebraucht, bevor sie sich selbst historisch reflektierte. Das lag daran, dass noch bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts das 19. Jh. als die Epoche der Dekadenz, der beliebigen Vielfalt und des lügnerischen Prunks galt und die Kontrastfolie für die Avantgarden seit dem Anfang des 20. Jh.s bildete. Einer solch negativ verorteten Epoche konnte kaum die Ehre einer profunden historischen Darstellung angetan werden. Auch für konservative Kunsthistoriker blieb lange die Architekturmoderne des 20. Jh.s fremd, ja sie unterlag weiterhin der populären Verdammung, die ihr seit den 20er Jahren entgegen gebracht wurde und die auch nach 1945 – trotz ihrer allgemeinen Rehabilitation in der Bundesrepublik als anti-nationalsozialistisches, demokratisches Bauen – vielfach weiterbestand. Diese Verurteilung galt ebenso im Osten Deutschlands, wo bis in die 60er Jahre die ‚westliche‘ Moderne als imperialistisch kritisiert werden konnte. – So ist es nicht unverständlich, dass es lange nur vereinzelte historische Gesamtdarstellungen gibt. Immerhin erschien 1915 und 1917 im „Handbuch der Kunstwissenschaft“ eine sehr knappe, expressionistisch-volkspsychologisch argumentierende Darstellung der Zeit ab 1800 (Griesbach 1915, Burger 1917). Gustav Adolf Platz veröffentlichte schon 1927 eine detaillierte Gesamtdarstellung der Architekturgeschichte seit 1900 als Ergänzungsband der „Propyläen-Kunstgeschichte“ (Platz 1927), ließ aber bezeichnenderweise das 19. Jh. aus. Den eigentlichen Ausgangspunkt der Geschichtsschreibung des Bauens des 19. und 20. Jh.s bildete Nikolaus Pevsners „Pioneers of the Modern Movement from William Morris to Walter Gropius“ von 1936 (Pevsner 1936), 1949 neu unter dem Titel „Pioneers of Modern Design“ herausgegeben. Die englische Arts-and-Crafts-Bewegung wurde hier zusammen mit der Industrialisierung zum Generator eines neuen zeitgenössischen Stils. Pevsner schrieb als Kunsthistoriker, der seine eigene Gegenwart – die Studien zu dem Buch entstanden schon vor seiner Emigration aus Deutschland nach England – historisch ‚ableiten’ wollte. Das ist insofern bemerkenswert, als Berufskollegen wie Hermann Beenken und Hans Sedlmayr zur selben Zeit dem 19. Jh. insbesondere mangelnde Einheit und Größe attestierten – mit dekadentistischer, nationalsozialistisch gefärbter Note.
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