Perspektiven auf Gesellschaft und Politik
Herausgegeben von Thomas Hauser, Prof. Dr. Tanjev Schultz, Prof. Dr. Guido Spars und Prof. Dr. Daniela Winkler
Bisher in der Reihe erschienen:
Tanjev Schultz (Hrsg.):
Was darf man sagen? Meinungsfreiheit im Zeitalter des Populismus; 2020, 176 Seiten, € 17, ISBN: 978-3-17-038304-3
Stefan Iskan (Hrsg.):
Corona in Deutschland. Die Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik; 2020, 174 Seiten, € 18, ISBN: 978-3-17-039608-1
Tanjev Schultz (Hrsg.):
Auf dem rechten Auge blind? Rechtsextremismus in Deutschland; 2021, 148 Seiten, € 17, ISBN: 978-3-17-040064-1
Guido Spars (Hrsg.):
Wohnungsfrage 3.0; 2021, 217 Seiten, € 19, ISBN: 978-3-17-040176-1
Thomas Hauser/Philippe Merz (Hrsg.):
Vom Bürger zum Konsumenten. Wie die Ökonomisierung unser Leben verändert; 2021, 172 Seiten; € 17; ISBN: 978-3-17-038300-5
Daniela Winkler (Hrsg.)
Ein Teil des Beitrags »Anpassung an den Klimawandel in Deutschland« entstand im Rahmen des Projektes »Urbane Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen – Typologien und Transfer von Anpassungsstrategien in kleinen Großstädten und Mittelstädten« (ExTrass), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird (Förderkennzeichen: 01LR1709A, 01LR1709A1).
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1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-038312-8
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-038313-5
epub: ISBN 978-3-17-038314-2
kf8: ISBN 978-3-17-038315-9
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Umgang mit einer Menschheitskrise. Zur Einführung
Daniela Winkler
Dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt, der in näherer oder fernerer Zukunft in einem heute vermutlich noch nicht vorstellbaren Ausmaß auf die Lebensverhältnisse der Menschen einwirken wird, kann nicht mehr ernsthaft bestritten werden – und doch wird diese Entwicklung bestritten oder zumindest verharmlost, ignoriert oder relativiert. Und dies sowohl von Bürgern, die eine Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte, ihres ökonomischen Status oder ihres Weltbildes befürchten, als auch von Politikern, die sich diese abwehrende Haltung aus verschiedensten Zwecken zu eigen machen. Auf den ersten Blick überrascht diese Erkenntnis, nicht jedoch bei näherer Analyse der verschiedenen soziologischen, politikwissenschaftlichen und demokratietheoretischen Hintergründe, die der vorliegende Band beleuchtet.
Über die wissenschaftlichen Hintergründe und die Reichweite der aufziehenden Klimakrise ist nur eine Minderheit umfassend informiert. So werden nach dem 5. Weltklimabericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) die Folgen des Klimawandels deutlich schlimmer ausfallen als noch vor kurzem befürchtet: »Continued emission of greenhouse gases will cause further warming and long-lasting changes in all components of the climate system, increasing the likelihood of severe, pervasive and irreversible impacts for people and ecosystems« (IPCC 2015, 56). Nach allen zugrunde gelegten Szenarien wird die Durchschnittstemperatur im Laufe des 21. Jahrhunderts erkennbar ansteigen. Hitzewellen und Extremwetterereignisse werden hierdurch häufiger und intensiver auftreten. Hinzu tritt eine kontinuierliche Erwärmung der Ozeane und ein Anstieg des Meeresspiegels. Diese Auswirkungen können nur durch substanzielle und nachhaltige Reduktionen der Treibhausgasemissionen begrenzt werden. Auch wenn die menschlichen Treibhausgasemissionen auf Null reduziert würden, werden sich die Auswirkungen der bisherigen Emissionen noch über Jahrhunderte manifestieren (zu den Hintergründen und Auswirkungen noch ausführlich der Beitrag von Reinhard Zellner).
Ein Ende des vergangenen Jahres veröffentlichter Bericht der renommierten naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature beschreibt eindringlich, welche Folgen das Erreichen globaler Kipppunkte mit sich bringen wird. Unter Kipppunkten (»tipping points«) versteht man jene klimarelevanten Veränderungen, welche – unabhängig von menschlicher Einflussnahme – die globale Erwärmung unumkehrbar vorantreiben werden. Kipppunkte sind insbesondere das Austrocknen des Amazonas-Regenwaldes, die Verlangsamung des Golfstroms, die Zerstörung der borealen Wälder, das Absterben der Korallenriffe, der Rückgang des arktischen Meereises, das Abschmelzen des Eisschilds Grönlands, der West- und Ost-Antarktis sowie das Auftauen der Permafrostböden. Jede dieser Veränderungen zieht unabweisbar andere – die Klimakrise anheizende – Entwicklungen nach sich. Sollten also einzelne Kipppunkte überschritten werden, könnte das nicht nur ganze Ökosysteme zerstören, sondern auch andere gefährdete Systeme zum Kippen bringen und hierdurch die Erde in eine Heißzeit überführen, deren Temperatur um mehrere Grad über der heutigen Temperatur liegen würde.
Aktuelle Messungen haben ergeben, dass das arktische Polareis in einer Geschwindigkeit schmilzt, dass die Arktis voraussichtlich nicht – wie bislang vermutet – 2050, sondern schon ab 2035 im Sommer komplett eisfrei sein wird. Hierdurch gelangen große Mengen Süßwasser in den Nordatlantik. Die daraus resultierende Senkung des lokalen Meersalzgehalts und die Abkühlung des Atlantiks verlangsamt das atlantische Strömungssystem. Zu diesem System zählt auch der Golfstrom, der für das ausgeglichene Klima in Kontinentaleuropa verantwortlich ist. Seit den 1950er-Jahren hat sich dieser bereits um 15 % verlangsamt, was sich wiederum auf die Regenhäufigkeit im Amazonasregenwald auswirkt. Eine Austrocknung des Regenwaldes könnte die Folge sein.
Nach heutigem Wissensstand könnte eine Beschränkung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C die globalen Veränderungen abbremsen und so größere Anpassungschancen für menschliche und ökologische Systeme bieten. Das Pariser Klimaabkommen, welches von 196 Staaten und der Europäischen Union unterzeichnet wurde, sieht daher die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellen Werten vor. Ob diese Begrenzung ausreicht, um irreversible Rückkopplungen durch Kippelemente im Erdsystem sicher zu verhindern, ist allerdings fraglich: Einzelne wissenschaftliche Studien bezweifeln dies bereits. Auch der Sonderbericht des IPCC von 2018 warnt in diesem Zusammenhang vor irreversiblen Folgen, namentlich vor der weiteren Zunahme von Hitzeextremen, Starkniederschlägen und Dürren sowie einer zusätzlichen Erhöhung des Meeresspiegels. Zugleich wurde durch menschliche Aktivitäten schon jetzt eine Erwärmung von 1,0 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau verursacht. Bereits 2030 kann bei derzeitiger Entwicklung eine globale Erwärmung von 1,5 °C erreicht werden. Die Einhaltung des (möglicherweise ohnehin unzureichenden) 1,5 °C-Ziels ist daher bereits heute mehr als fraglich.
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