Das Sprichwort von allen Wegen, die nach Rom führen, kann getrost auf den Schöckl übertragen werden. Zeitgenössische Wanderführer nennen fast ein Dutzend Möglichkeiten, wie man auf den oder rund um den Grazer Hausbergwandern kann. Klassisch ist der Aufstieg von St. Radegund aus, wobei man diesen entweder zu Fuß auf gut markierten Wegen in Angriff nimmt und nach circa 2 Stunden auf dem Gipfel steht. Der Marsch führt abwechselnd über Wiesen und durch die für die Region um Graz typischen Mischwälder nach oben. Oder man wählt ebenfalls ab St. Radegund die Schöckl-Seilbahn, die einen in rund 7 Minuten Fahrtzeit bequem auf den Berg bringt. Mehr als 150 000 Fahrgäste werden Jahr für Jahr auf diese Art und Weise auf den Berg gegondelt – eine der Erklärungen für das gelegentliche Gedränge auf dem Schöcklplateau.
In den vergangenen Jahren hat sich der Schöckl zu einem richtigen Freizeitparadiesentwickelt, das kaum Wünsche offenlässt. Kritiker monieren, dass dem Berg Gefahr drohe, seinen ursprünglichen Charakter zu verlieren. Wie auch immer, das Angebot deckt vieles ab: Naturgemäß kommen Wandererund Nordic-Walkervoll auf ihre Kosten. Aber auch Mountainbiker können den Hausberg der Grazer im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Die Sommerrodelbahnmit dem Namen „Hexenexpress“ erinnert an die Sage von der Schöcklhexe, die in ihrer Wetterküche die gröbsten Unwetter zusammengebraut haben soll. Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Jungfamilien mit Babys im Kinderwagen wurde vor Kurzem ein mehr als 3 Kilometer langer „Weg für alle“eingerichtet, der – in Kombination mit einigen speziell ausgestatteten Seilbahngondeln – nun wirklich allen den Gipfelsturm ermöglicht. Der Schöckl als barrierefreier Berg sozusagen.
„Weg für alle“
Paragleiter können vom Schöckl aus abheben, und wer eine neue angebliche Trendsportart sucht, der kann es einmal mit dem Disc Golf, einer Art Frisbee, probieren, für das ebenfalls ein eigener Parcours eingerichtet wurde. Auf der anderen Seite schaut es mit dem seit Generationen traditionellen Skilaufen auf dem Schöckl weniger gut aus. Lernten früher noch zahlreiche Grazer Kinder auf ihrem Hausberg Skifahren, so droht diesem Wintersportvergnügen hier das endgültige Aus. Schneemangel und veraltete Liftanlagen werden als Ursachen genannt. Schade, noch vor wenigen Jahren zog Conny Hütter, die mittlerweile im Alpinen Skiweltcup an der Weltspitze mitfährt, unter anderem auf dem Schöckl erste Schwünge in den Schnee, was beweist, dass nicht nur Obersteirer mit den berühmten zwei Brettln umgehen können …
Abgerundet wird das Angebot auf dem Schöckl durch eine Gastronomie, die locker mit manchem Ausflugsziel im Tal mithalten und ebenfalls auf eine ziemliche Tradition verweisen kann. So hat das Stubenberghausbereits vor über 100 Jahren, im Jahr 1890, seine Pforten erstmals geöffnet und bietet bis heute nicht nur Verköstigung an, sondern auch die Möglichkeit zu nächtigen. In einem Wanderbüchlein aus dem Jahr 1931, als es noch keine Seilbahn und andere Verkehrsmittel gab, die einen rasch nach Graz zurückbringen konnten, liest man noch eine dementsprechende Empfehlung: „Wer den Schöckl zum erstenmal besteigt, sollte oben übernachten.“
Wem angesichts der vielfältigen Attraktionen noch Zeit bleibt, der kann bei entsprechendem Wetter einfach nur die Aussicht vom Berg in die Landeshauptstadt hinunter, aber auch bis weit in die Nachbarländer hinein genießen. Oder man marschiert gemütlich über das Schöcklplateauzum Gipfelkreuz. Der Weg führt unter anderem am Sender vorbei, der ebenfalls auf dem Schöckl Platz gefunden hat, um von hier aus seit dem Jahr 1956 weit ins Umland auszustrahlen. Der Schöckl dürfte übrigens immer schon Hightech, Naturgenuss und Mystik unter einen Hut gebracht haben: So zündete der Grazer Raketenpionier Friedrich Schmiedlzwischen 1924 und 1933 vom Gipfel aus seine ersten Postraketen. Und im bereits zitierten Wanderführer wird Anfang der 1930er-Jahre der sogenannte Telephonwegals Aufstiegsmöglichkeit auf den Grazer Hausberg genannt. Dieser führte von der Göstinger Hütte eine Fernsprechleitung entlang zum Hochschöckl.
Betriebszeiten der Schöckl-Seilbahn,Bergwetter und alles zu den Freizeitmöglichkeiten auf dem Grazer Hausberg findet man unter „Freizeit“ auf der Website der Holding Graz. www.holding-graz.at
Der klassische Wanderweg auf den Berg beginnt in St. Radegund bei der Talstation der Schöckl-Seilbahn und lautet auf die Nummer 21.
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OHNE BÜCHSE AUF DIE PIRSCH
Schloss Stainz, Jagdmuseum
Vom Wildschütz zum Jäger? Schon Erzherzog Johann schätzte die fachliche Kompetenz der Wilderer. Das und viel mehr über die ursteirische Tradition des „Jagerns“ erfährt man im Jagdmuseum.
Der Fuchs schnürt fluchtartig davon, denn plötzlich bricht ein Zwölfender-Hirsch durchs Gehölz; bevor der stolze König des Waldes noch in den Anblick des Aufsichtsjägers gelangt, kracht auch schon der Schuss aus dem Stutzen des Wilderers, und es beginnt eine wilde Hatz durchs Revier: Jäger verfolgt Wilderer… Klischees wie dieses prägen nicht zuletzt aufgrund unzähliger Heimatfilme aus den 1950er-Jahren bis heute das Bild der Jagd. Dabei stehen mittlerweile ganz andere Dinge auf der Agenda der knapp 25000 steirischen Jäger: Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Wildabschüsse, Aufrechterhaltung eines natürlichen Gleichgewichts im Wald, und auch für das bei den Wildwochen in der steirischen Gastronomie heiß begehrte Hirschgulasch muss logischerweise irgendjemand die Ausgangsbasis liefern, nämlich die Jäger.
Der Jagd in all ihren Facetten widmet sich das Jagdmuseum in Schloss Stainzin der Weststeiermark. In diesem Spezialmuseum, einer Abteilung des Universalmuseums Joanneum und damit des steirischen Museums schlechthin, haben Jäger wie Nicht-Jäger die Möglichkeit, tief ins Mysterium der Jagd einzutauchen. Das Jagdmuseum erlaubt jedem einen ausführlichen Pirschgang durch Geschichte und Gegenwart der Jagd – ganz ohne Büchse und Jagdkarte. „Vom Auerhahn bis zur Waldameise wird versucht, dem Besucher einen Überblick zu geben, was an der Jagd interessant ist“, erklärt Museumsleiter Karlheinz Wirnsberger. Dabei wendet man sich vor allem an die nicht jagende Bevölkerung, also die große Mehrheit. „Wir sind keine Trophäenschau“, zerstreut Wirnsberger gleich im Vorfeld mögliche Bedenken. Und wirklich, die verschiedenen Schaustücke des Jagdmuseums zeigen das Wildund dessen Lebensraum Waldaus den unterschiedlichsten Perspektiven. So tummeln sich die Tiere des Waldes als anschauliche Präparate auf einem Drahtgestell statt, wie früher, im nachgebauten Pappmaschee- und Plastikunterholz. Es geht um die Konzentration aufs Wesentliche, die Tiere, und nicht darum, ein welt- und waldfremdes Stimmungsbild zu transportieren wie in den eingangs angesprochenen Heimatfilmen. Die Schau lädt zum Erfahren mit beinah allen Sinnen ein: Sehen, Hören, Fühlen. So können die Besucher Fellstücke verschiedenster Tiere mit den Fingern berühren oder sich bei der Spurenkunde den Vierbeinern auf die Fersen heften. „Das Museum ist ein Lernort für die Natur“, erklärt Wirnsberger den Hintergrund. Was man hier sieht, lässt sich beim nächsten Waldspaziergang draußen in natura erkunden.
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