die heißen Gluten durch die Stube flammten.
Großvater am Kamin schlief ein,
die Müdigkeit zog ihn in den wohlverdienten Schlaf hinein.
Er war der Herr der alten Scheune,
im Stall war es der große Knecht,
die junge Magd die Herrin auf dem Felde:
Zusammen sich erfüllten alle Bauernträume,
ein jeder mit der schweren Arbeit kam zurecht.
Sie waren alle vier im Bauerndorf die Helden.
Der Hahn, er war der Ritter auf dem Hof,
am frühen Morgen er den Bauern weckte,
die große Hühnerschar sich um ihn reckte,
schon ging die schwere Arbeit los.
Am späten Abend nach getaner Arbeit,
saß man gemütlich unterm Walnussbaum,
es war die erste kurze Ruhezeit,
nach vielen Stunden im alten Gartenraum.
Ich höre heute noch die Bäurin rufen,
wenn Mäuse in der Tenne tobten,
zart in der Stimme, sanft im Ton:
„Heimsje komm! Heimsje komm!“
Die Katze war der Wächter auf dem Hof,
sie war die Herrin in der vollen Tenne,
und in der Nacht stets auf der Pirsch,
mit Arien ihrer Miezenklänge
ließ sie im Stall die Winde los,
wenn sie durch Haus und Hofe schlich.
Im Frühjahr war’s der Schwalben Sang,
die in der Scheune ihre Nester bauten,
im Sommer war es Großvaters Sensenklang,
der am frühen Morgen unser Herz erfreute,
wenn auch die Morgenglocken läuten.
Im frühen Herbst die Heimchen in der Stube zirpten,
die Grillen auf dem Ährenfeld,
die letzten Schwalben an den Drähten schwirrten:
die volle Ernte war bestellt.
Das Heimchen am Herd,
das Heimchen im Zimmer,
das Heimsje im Haus!
Die alten Gesichter kleiden sich aus
für ewig und immer.
Wo ist die Zeit geblieben?
Wann kommt sie wieder,
die gute, alte Zeit?
Sie ist von uns geschieden
hernieder in ein Armenhaus.
Wann geh’n die Lichter aus
im alten Bauernhaus?
Großmutter, Mutter, Enkel und Kind,
in einer Stube zusammen sind:
Das war einmal
vor langer Zeit.
Kommt sie zurück geeilt?
Wir haben unsre Zeit gestohlen,
die schwangren Ackerschollen und die Gartenbohlen,
den alten Bauerngarten und das Bauernhaus:
Die Lebenslichter auf dem Dorf –
Sie gehen aus.
Früher waren Hausschlachtungen ein fester Bestandteil des bäuerlichen Jahresablaufes. Traditionell waren November und Dezember die Monate der Schlachtfeste, um genügend Fleisch und Wurst für den Winter zu haben und weil die Lebensmittel in der kälteren Jahreszeit besser haltbar waren. Am Vortag wurden umfangreiche Vorbereitungen getroffen. Man brauchte Töpfe, Schüsseln, Schürzen, Tücher, Gewürze und Kräuter. Auch die Leitern zum Aufhängen der Schlachthälften durften nicht fehlen.
Am Schlachttag selber wurden viele helfende Hände benötigt, denn Fleisch, Eingeweide und Blut mussten noch im warmen Zustand zu verschiedenen Wurstsorten verarbeitet werden. Leberwurst, Schwartenmagen, Presskopf und Blutwurst fehlten auf keiner Schlachtplatte. Es wurde Fett ausgelassen, eingesalzen, gepökelt und geräuchert. Im ganzen Dorf roch es nach Kesselfleisch und Wurstsuppe.
Nach getaner Arbeit standen die Schweinehälften senkrecht an Leitern gebunden zum Auskühlen an der Hauswand. Hing das Schwein an der Leiter, wurde nach alter Tradition eine Runde Korn ausgeschenkt. Alle Helfer wurden mit Naturalien in Form von Fleisch und Wurst vom frisch geschlachteten Schwein bezahlt.
Hatte man am Kalender einige günstige Tage für die Schlachtung ermittelt, wobei der nächste Neumond den Ausschlag gab, dann bestimmte der bestellte Hausschlachter den genauen Termin und die Stunde, wann alles bereit sein musste. In den Tagen um den Neumond herum durfte nicht geschlachtet werden, man wusste aus alter Erfahrung, dass sich dann das Dauerfleisch nicht gut hielt. Es musste morgens sehr früh geschlachtet werden, um viel Zeit zum Auskühlen zu gewinnen, denn noch am gleichen Tage abends erschien der Schlachter zum zweiten Male, um das Schwein zu zerlegen.
Zu den Vorbereitungen der Schlachtung gehörte es zunächst, dafür zu sorgen, dass das zu schlachtend e Schwein einen Tag lang vorher nicht gefüttert werden durfte, denn das erleichterte sehr die Schlachtarbeiten. Die Hausfrau und die Mägde hatten einen ganzen langen Tag Arbeit, um ordnungsgemäße Vorbereitungen zu treffen. Erfolgte das Schlachten in der Waschküche, so wurde diese zuerst geschrubbt, fehlte es aber an einem passenden Raum oder war die Temperatur im Hause zu warm, so machte man draußen im Hof eine Stelle sauber und bedeckte den Boden mit einer Schütte Roggenstroh als Unterlage beim Schlachten.
Ein Knecht musste dem Schlachter helfen. Er ergreift das Schwein am Sterz und hält es fest, bis der Schlachter den Strick um ein Hinterbein geschlungen hat, so haben die beiden das Schwein in der Gewalt und führen es an den Ort, an dem es geschlachtet wird.
Über die Tötungen gab es ganz früher keine Bestimmungen. Das Schwein wurde auf eine Seite gelegt, Knechte und Schlachter knieten sich darauf, und dann machte der Schlachter mit seinem langen Messer einen Schnitt in die Kehle und durch die Drossel, eine Magd fing das ausströmende Blut mit einer Pfanne auf und schüttete es in einen Topf, in dem es mit einem langstieligen hölzernen Löffel so lange gerührt wurde, bis das Schwein ganz ausgeblutet war. Das Rühren erfolgte deshalb, um Klumpenbildung im Blut zu verhindern. Während der ganzen Prozedur des Schlachtens schrie das Schwein ganz unbändig laut, dass man es weithin hören konnte.
Am späten Abend setzte der Schlachter seine Arbeit fort. Ein Hauklotz auf drei Beinen, ein großer Tisch und eine Reihe großer Töpfe standen in der Waschküche bereit. Die Hausfrau gab nun dem Schlachter Anweisung, wie die Zerteilung erfolgen sollte. Die großen Stücke wie Beine und Speckseiten wurden im Keller im Pökelfass eingesalzen, Rippen-, Nacken- und Bratenstücke wurden zunächst auf dem Fleischboden zum Trocknen einige Tage aufgehängt, dann eingekocht.
Alle Mettwürste und alle im großen Kupferkessel gekochten Leber- und Blutwürste wurden zunächst einige Tage zum Trocknen aufgehängt und dann in der stockdunklen Räucherkammer im Speicher geräuchert. Der Rauch des Backofens wurde zu dieser Zeit dann durch die Räucherkammer geleitet. Manche Stücke blieben hier monatelang hängen, bis sie zum Verbrauch heruntergeholt wurden. Nach zwei Wochen wurden auch die Schinken und die Speckseiten aus dem Pökelfass herausgeholt, abgewaschen, getrocknet und ebenfalls zum Räuchern in der Räucherkammer aufgehängt.
Wie Großmutter noch Sauerkraut einlegte
„Eben geht mit einem Teller
Witwe Bolte in den Keller,
Dass sie von dem Sauer’kohle
Eine Portion sich hole,
Wofür sie besonders schwärmt,
Wenn er wieder aufgewärmt.“
Wie Wilhelm Buschs Darstellung zeigt, war Sauerkraut auch schon früher recht beliebt – und der Oktober mit der weißkrauternte bietet sich wie kein anderer Monat an, einige Portionen für den Eigenbedarf selbst herzustellen. Das Einsalzen von Sauerkraut ist nicht nur eine recht einfache und vergnügliche Arbeit für die private Vorratshaltung, sondern beschert dem winterlichen Küchenzettel eine gesunde Bereicherung.
Sauerkraut entsteht, weil Hefepilze und Milchsäurebakterien im Weißkohl eine Gärung bewirken. Sie wandelt den Großteil der vorhandenen Kohlenhydrate in Milchsäure um. Diese desinfiziert regelrecht den Darm, bekämpft Fäulnisvorgänge und wirkt im Körper ähnlich gesund wie Sauermilch und Joghurt. Dazu kommen noch die Vitamine des roh verzehrten Sauerkrauts- und seine bekannte Bedeutung als Schlankmacher oder Schlank-Erhalter. Am selbst eingelegten Sauerkraut wird besonders Großmutters „Hausmachergeschmack“ gerühmt: Durch kleine Veränderungen in der Würze und bei den Zutaten erhält jedes Kraut seinen unverwechselbaren Geschmack. Sauerkraut mit Kasseler und Bier - ein deftiger Schmaus, der den Deutschen den Spitznamen „die Krauts“ eingebracht hat, aber immer eine genussvolle Mahlzeit verspricht.
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