Giesela Gersch-Gernoth
MEIN HAUS, MEIN HOF, MEIN RUDEL
Hundegeschichten mit Paula, einer Hovawart-Dame voller Überraschungen
Cover
Titel Giesela Gersch-Gernoth MEIN HAUS, MEIN HOF, MEIN RUDEL Hundegeschichten mit Paula, einer Hovawart-Dame voller Überraschungen
Vorwort
Unsere Kleine
Che bello cane
Die erste Läufigkeit
Schwimmen lernen
Die Bult
Nasho, Bicku, Quietschi
Ein Lamm und Kühe, überall Kühe
Cora und Sabinchen
Alles nur Erziehung
Am Atlantik
Der Hundeladen
Auf der Karmelisenalm
Die Hunde in der Nachbarschaft
L’amore
Kletten
Die entzündeten Pfoten
Der große Umzug
Die Jagdpächter
Nur ein bisschen
Olli und Pincel
Liegeplätze
Der Heißluftballon
Gegenseitiges Abtrocknen
Gefährliche Situationen
Adventszeit
Von Badeteich zu Badeteich
Besuch und zu Besuch
Resonanzen
Die Winterkönigin
Das Parkhaus
Das Alter
Abschied
Danksagung
Kurzbiografie der Autorin
Impressum
»Hovawarte bestechen wie kaum eine andere Rasse durch ihre einzigartige Mischung aus Eleganz und Energie, Sensibilität und Selbstbewusstsein. Wer einen Hovawart ins Herz schließt, erfährt Tag für Tag, was Freundschaft ist. Ob schwarzmarken, blond oder schwarz: Der schöne Hofwächter steckt voller Gefühle, Lernfreude, Verspieltheit und Charme.« Mit diesem Zitat aus dem Buch »Der Hovawart« von Susanne Kerl (Müller Rüschlikon Verlag, Stuttgart, 2012) möchte ich Sie, liebe Leserin und lieber Leser, begrüßen.
Der Hovawart ist eine neue Rasse, die Anfang des vorherigen Jahrhunderts entstand. »Ein ›Bilderbuchhund‹ im besten Sinne des Wortes im Aussehen und Verhalten«, so sagt es Dr. Volker Wienrich (Der Hovawart, Verlag Paul Parey, Hamburg, 1994). »Hovewart« oder auch »Hofwarden« wurden seine Vorfahren im Mittelalter genannt. Die bäuerlichen Gebrauchshunde hatten vollen Familienanschluss. Sie erfüllten ihre Aufgabe als Wächter des Hofes, als Wächter von Hab und Gut. So waren sie keine Jäger und keine Streuner. In den deutschen Mittelgebirgen wie Odenwald oder Harz waren diese Hunde noch im 19. Jahrhundert zu finden. Das bezeugt das Gemälde »Hundefamilie mit altem Gaul« von Benno Adam 1869.
Er hat einen Hund dargestellt, der wie ein Hovawart aussieht. Zwei seiner Welpen sind auch blond (Bildersammlung Georg Schäfer, Schweinfurt, entnommen aus dem Buch von Dr. V. Wienrich). In der Neuzucht oder Wiederzucht unseres heutigen Hovawarts war dieser bäuerliche Hund die Grundlage. Verschiedene Hunderassen wie Neufundländer, Kuvasz, auch Schäferhund und Leonberger wurden eingekreuzt. So entstand ein anerkannter Gebrauchshund, der nicht nur als Wachhund dient, sondern auch als Rettungshund sowie Blindenführhund. Er bellt nur, wenn er einen Grund hat. Von seiner Veranlagung her ist er ausgeglichen und gutartig und durch die besondere Anbindung an die Familie ein hervorragender Begleit-, Schutz- und Wachhund.
Der Körper des Hovawarts ist kraftvoll, mittelgroß und leicht gestreckt. Sein kräftiges, etwas welliges Langhaar ist blond, schwarz oder schwarzmarken, d. h. das Haarkleid ist schwarz mit mittelblonder Markenzeichnung über den Augen, an den Lefzen und der Kehle, an der Brust sowie an den Vorder- und Hinterläufen.
Kommt ein Hovawart als Welpe ins Haus, wird Ihnen ein Wildfang begegnen, der sich durch neugierige Kontaktaufnahme zu allem »Beweglichen« und »Unbeweglichen« und durch große Verspieltheit charakterisieren lässt. Die Hovis sind bekannt dafür, dass sie erst spät reif werden, entsprechend dauert es auch seine Zeit, ehe sie sich zu absolut treuen Gefährten entwickeln. Bis es so weit ist, können Sie sich auf die eine oder andere Eskapade gefasst machen, sei es in der Begegnung mit anderen Hunden oder die Umsetzung einer spontanen Idee, die dem unbekümmerten Wesen dieser Hunderasse entsprungen ist. Lassen Sie sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Auch übermäßige Strenge ist nicht förderlich. Sanfte Führung mit Vertrauen auf diesen tollen Hund wird sich doppelt und dreifach in seiner Zuneigung und Treue zu Ihnen widerspiegeln.
In den sehr persönlichen Geschichten von meiner schwarzmarkenen Hovawarthündin Paula versuche ich, eine Vertreterin dieser Rasse in ihrer ganzen Lebendigkeit mit allen Höhen und Tiefen sowohl in Worten als auch in Bildern zu beschreiben und darzustellen. Um die besondere Atmosphäre, die die Kommunikation zwischen Paula und mir bestimmt hat, einzufangen, lasse ich meine Hündin am Ende jedes Kapitels einen Satz sprechen. Ich möchte damit ihrem Verhalten einen lebendigen Ausdruck geben, den ich in einer beschreibenden Form nicht erreichen könnte. Aber wir wissen ja, ein Hovi kann alles – nur kein Hochdeutsch. »… das gefühlvolle, bindungsbereite Energiebündel ist nicht mit links zu erziehen«, schreibt Susanne Kerl. Ja, und es ist eine große Achtung vor dem Wesen dieser Hunde erforderlich, um sie in ihrer Eigenwilligkeit und ihrem Temperament, die auch noch im hohen Alter spürbar sind, wertzuschätzen. Führung und Toleranz sind nötig und große Empathie – ist diese Basis vorhanden, wird die Beziehung immer inniger. Erziehungsfehler, die sich besonders bei Anfängern wie mir kaum vermeiden lassen, spielen dann keine bestimmende Rolle.
So habe ich es erlebt mit meiner besonders eigenwilligen Hündin, und davon möchte ich Ihnen nun erzählen. In diesem Sinne: Lassen Sie sich bezaubern von Paula.
Gemälde »Hundefamilie mit altem Gaul« von Benno Adam 1869
Bildersammlung Georg Schäfer, Schweinfurt
Die Welpenzeit geht schnell vorbei
Nach einer fünfwöchigen Thailandreise, die meinen Ehemann Wolfgang und mich per Tuk-Tuk, Eisenbahn, Bus und Flugzeug fast durch das ganze Land führte und die uns die Einwohner, die Küche, das Klima und die buddhistische Kultur nahebrachte und schätzen lehrte, bekommen wir ungefähr zwei Monate später Besuch von einem jungen Mann, der Ansichtskarten aus verschiedenen Ländern verkaufen will. Er betritt unseren Garten, wo wir gerade arbeiten, und trägt sein Anliegen vor. Noch eingestimmt auf Urlaub, unterhalten wir uns mit ihm und kaufen auch ein paar seiner Karten.
Kurze Zeit später wacht Wolfgang nachts aufgrund eines Geräusches auf, das ihn veranlasst, überall Licht anzumachen und durch das Haus zu gehen, um nach dem Rechten zu schauen. Nichts! Doch er kann nicht wieder einschlafen. Es vergeht wohl eine Stunde, dann hört er wieder dieses unbekannte Geräusch, wie ein Knacken im Holz, erst sporadisch, dann regelmäßig in schnellerer Abfolge. Diesmal schleicht er im Dunkeln die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Er sieht an der hinteren Terrassentür einen Mann. Sofort stürzt er zur Tür und reißt sie auf … Doch der Mann flüchtet. »Gisela, ruf die Polizei!«, brüllt Wolfgang ins Haus. Ich sitze im Bett, vor Schreck gelähmt, völlig handlungsunfähig. Erst als Wolfgang aufgebracht nach oben kommt und mich schüttelt, bin ich in der Lage zu telefonieren. Oder telefoniert Wolfgang? Ich weiß es nicht mehr. Die Polizei ist schnell vor Ort, Spuren werden gesichert. Unsere Terrassentür ist angebohrt, fremde Fußspuren in der Rabatte zeugen von der Flucht des Täters. Einer der Polizisten vermutet einen Zusammenhang mit dem Besuch des Kartenverkäufers, der höchstwahrscheinlich zum Auskundschaften da gewesen sei. Er empfiehlt dringend abschließbare Fenster und Terrassentüren. Am wirkungsvollsten gegen Einbrüche sei jedoch eine lebendige Alarmanlage – ein Hund! Später sollte sich herausstellen: In dieser Nacht wurde in mehreren Häusern im Dorf eingebrochen. Was bleibt, ist ein spürbares Unbehagen, ein Gefühl der Verunsicherung in den eigenen vier Wänden, das uns noch lange Zeit begleitet – und das, obwohl der Einbruch abgewehrt wurde.
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