Wenn ich mit Tieren anderer Menschen spreche - sei es Hund, Katze, Pferd oder was auch immer, ist die Akzeptanz der Menschen deutlich größer. Einfach weil ich von vielen dieser Tiere Dinge gesagt bekomme, die ich so nicht wissen konnte.
Bei meinen Hühnern verhält es sich anders. Schnell ist die Vermutung da, dass es eigentlich meine Gedanken sind und nicht die der Hühner.
Ich kann diese Zweifel natürlich nicht ganz löschen.
Ich kann nur sagen, dass im Verlauf dieser Interviews Dinge gesagt werden, über die ich persönlich noch nie nachgedacht habe und die ich auch nie so treffend und schön hätte formulieren können.
Viele ihrer Aussagen finde ich sehr gut, sie decken sich auch mit meiner Meinung - aber zum Teil waren sie auch durchaus neu und sehr lehrreich für mich.
Ich würde mir wünschen, dass Sie mir das glauben und wirklich meine Hühnerdamen als Autorinnen ansehen.
Vielleicht fragen Sie sich, wie meine Gesprächsprotokolle mit den Hühnern konkret zustande kamen?
Ich habe mich für ein Gespräch immer zurückgezogen und musste mich gut konzentrieren. Da ich das Huhn aber schlecht in mein „stilles Kämmerlein” mitnehmen konnte, nutzte ich den Weg über die Fotografie; das Bild des Tieres, mit dem ich sprechen wollte, genügte.
Das ist auch einer der Gründe, warum meine Hühner hier nicht im Original abgelichtet erscheinen möchten.
Die Gespräche habe ich übrigens nie direkt hintereinander geführt - dafür reicht meine Konzentrationsfähigkeit auch nach inzwischen längerer Übung nicht aus - das zweite Gespräch wäre dann qualitativ deutlich schlechter gewesen.
Die Hühner selbst (wie Tiere generell) sind übrigens völlig problemlos in der Lage, ununterbrochen auf dem Wege der Telepathie zu kommunizieren. Sie sind darin wahre Meister. Sie können sogar mehrere Unterhaltungen gleichzeitig führen!
Ich übe noch.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass meine Hühner sich ihre Themen eigenständig und völlig frei ausgewählt haben. Ich hatte darauf keinen Einfluss und war selbst vor jedem Gespräch sehr gespannt und dann häufig wirklich überrascht und beeindruckt.
Daher trage ich keine Verantwortung für den Inhalt der Gespräche. Missverständnisse und Fehler kann ich leider nicht vollständig ausschließen.
Ein erschütterndes Erlebnis
Ich muss ein wenig ausholen um zu erklären, wie es dazu kam, dass ich für mich die Weisheit der Hühner entdeckte. Es hatten vorher schon Gespräche mit ihnen stattgefunden. Die waren aber nicht bemerkenswerter als die mit meinen anderen Tieren.
Jedem Menschen, der mit seinen Haustieren gesprochen oder ein Gespräch mit ihnen in Auftrag gegeben hat, ist bekannt, dass es sehr verblüffend sein kann, was sie alles über einen wissen.
Sie sehen klar und deutlich auf unseren inneren Kern, kennen alle Familienmitglieder sehr genau und können durchaus Probleme und Schwächen aufzeigen oder einem sehr gute und interessante Denkanstöße geben.
Genauso waren meine Hühner auch. Etwas mehr in Form eines Supervisors vielleicht, da sie nicht so stark in das Familienleben eingebunden sind wie ein Tier, das direkt mit im Haushalt lebt.
Und dann kam der Hase.
Dieser Hase war eines schönen Vormittags plötzlich bei uns im Garten.
Und er verreckte dort elendig. Das muss ich leider so sagen, weil es so war.
Ich weiß wirklich nicht, was dieses Tier hatte. Aber er wand sich fürchterlich, zuckte unkontrolliert und war nicht mehr in der Lage zu laufen.
Es war deutlich, dass er dem Tod geweiht war, aber sein Sterben dauerte für mich zu lange.
Es fiel mir schwer, dieses Leiden mit anzusehen.
Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass ich selbst ihn wohl nicht würde erlösen können.
Also suchte ich mir Hilfe, nachdem ich eine gefühlte Ewigkeit abgewartet und erfolglos versucht hatte, den Hasen auf meine Art und Weise beim Sterben zu begleiten.
In dem Moment, als der Mensch, der dieses Tier „erlösen“ sollte, auf den Hof kam, hatte ich das Gefühl, dass das nicht richtig ist.
Aber nun gab es irgendwie kein Zurück mehr.
Einige Tage später sprach ich mit meinem Huhn, Ludmilla.
Aus einer Eingebung heraus fragte ich sie, wie sie den Vorfall mit dem Hasen erlebt hatte. Ihre Antwort war: „Das mit dem Hasen war so ´ne Sache. Es war nicht richtig, ihn totzuschlagen. Er hätte noch Zeit gebraucht, sich zu lösen.“
Ich konnte das Leiden nicht mehr ertragen!
„Ihr seht das falsch. Es gehört zu unserem Leben dazu. Das ist der Lauf der Dinge. Jeder bekommt, was er verdient.“
Aber so ein Leiden hat doch keiner verdient.
„Nein - das Leiden nicht. Aber er brauchte das für seine Persönlichkeitsentwicklung. Davon hast du ihm jetzt ein Stück genommen. Aber du hast es in bestem Wissen und Gewissen getan, deshalb war es in Ordnung.“
Es fällt mir schwer, das mit dem Leiden so zu akzeptieren.
„Das darfst du so nicht sehen. Mitleid ist nie gut, nie produktiv.“
Ich muss zugeben, dass mich das sehr beeindruckt hat. Neugierig geworden fragte ich ein weiteres meiner Hühner, Paula.
Ihre Antwort auf die gleiche Frage:
„Ich sehe das ähnlich wie Ludmilla. Wobei sie etwas zu hart zu dir war, finde ich.
Du konntest es einfach nicht aushalten und das ist auch okay.
Ist ja auch schwer zu ertragen, wenn man wie ihr als Menschen meint, überall mitreden zu müssen.
Wir kümmern uns nur um uns selbst.
Dann kommen wir nicht in solche Situationen.“
Paula ging es seit einiger Zeit schlecht.
Bessere Zeiten wechselten sich mit schlechteren ab.
Aber eines Tages war klar, dass es nun zu Ende geht.
Sie hat ihren Tod mit einer solchen Würde getragen, dass es mich noch heute sprachlos macht.
Das Einzige, was sie sich von mir gewünscht hat war, dass ich sie in ihr Nest setze.
Sie wollte gerne dort sterben und war selbst schon zu schwach, um dort hinaufzukommen.
Ihr Tod dauerte mehrere Tage, und sie durchlebte verschiedene Phasen. Sie hatte Schmerzen und sie hatte Angst. Allerdings hatte sie keine Angst vor dem Tod an sich. Es ging dabei mehr um den Prozess des Sterbens und das Loslassen des Lebens. Aber sie hat das alles souverän bewältigt und ist letztendlich ganz friedlich in ihrem Nest eingeschlafen.
Für mich war es eine harte Lektion.
Der erste Impuls war natürlich, ihr zu helfen, sie umzubringen.
Aber wem helfe ich damit wirklich? Mir oder ihr? Diese Frage musste ich mir nach dem Hasen-Erlebnis ja nun stellen.
Paula war bis zum letzten Atemzug geduldig mit mir und ausgesprochen liebenswürdig.
Ich habe sie natürlich persönlich gefragt, was SIE möchte.
Ihre Antwort:
„Ich will jetzt sterben. So macht es keinen Spaß mehr.
Unterstützen (meine Versuche, sie zu heilen) hilft jetzt nicht mehr. Ich bin schon auf dem Weg.
Es war gut, in Ruhe Abschied nehmen zu können.
Ich weiß, dass du mich sehr geschätzt hast und traurig sein wirst. Aber das brauchst du nicht! Ich lebe weiter - in dir. Du wirst mich nicht vergessen und das ist viel wert.
Du brauchst mir nichts Nettes mehr zu sagen. Ich sehe direkt in dein Herz.
Ich möchte keine Hilfe beim Sterben. Ich schaffe das alleine. Sonst melde ich mich.
Es macht dir Angst, ich weiß. Das macht es mir nicht leichter, das weißt du auch.
Aber es ist nur menschlich. Ihr habt den Tod aus eurem Leben ausgeklammert. Aber er gehört dazu. Fürchte ihn nicht.
Du wirst lernen, damit umzugehen.
Lass mir meine Ruhe und gib mir Zeit. Dränge mich nicht.
Halte es aus.“
Kurze Zeit später war sie tot.
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