Mit von der Partie waren der pockennarbige Lucky Luciano, so illustre Gestalten wie „ Drei-Finger-Brown “ – Thommy Lucchese, „ der Hinrichter“ Albert Anastasia, die Al-Capone-Erben Charlie und Rocco Fischetti, um nur einige wenige zu nennen 11. Last not least der große Gangster-Boss Frank Costello, Vorbild für die Hauptfigur Vito Corleone in Mario Puzos Roman „ Der Pate “. Marlon Brando verkörperte ihn im gleichnamigen Film.
Francesco Castiglia alias Frank Costello (1891-1973) bei einer Befragung im Kefauer Committee 1951. Bildquelle: Wikipedia
Gemeinsam beschloss man in Havanna den Auftragsmord an dem Gangster und Playboy Bugsy Siegel, teilte die Netze für den Drogenschmuggel unter sich auf und legte den Grundstein für das Glücksspielgewerbe auf Kuba. Unterhaltsame Höhepunkte zum Abschluss der Konferenz boten zwölf nackte Mädchen, die ihre Talente den Mafiosi andienten, was in eine wüste Orgie ausartete. Ihr folgte der Auftritt eines zwar sehr dürren, ja schmächtigen, doch stimmgewaltigen und zum Pop Idol aufgestiegenen Entertainers: Frankie Boy - Frank Sinatra. 12
Auch wenn Lucky Luciano auf Druck der USA 1947 Kuba verlassen musste, das organisierte Verbrechen hatte sich dort bereits fest eingenistet. Einer der smartesten und einflussreichsten Gangster-Bosse war Meyer Lansky.
Meyer Lansky (1902-1983). Bildquelle: Wikipedia
Gejagt vom amerikanischen FBI, fand er schließlich im Kuba seines Duzfreundes Batista Zuflucht. Als dessen Berater sollte Meyer Lansky Havanna zur größten Vergnügungsmetropole ganz Lateinamerikas machen: Nachtclubs, Bordelle, Luxushotels und Spielcasinos füllten ihre Schwarzgeldkonten wie von selbst.
1952, nach all den Jahren des Luxuslebens in Florida, griff Batista in seiner alten Heimat nun wieder direkt nach der Macht. Es waren seine Freunde aus dem Militär und aus den Zirkeln des organisierten Verbrechens, die sich ihm als Steigbügelhalter andienten.
Unter solchen Umständen hätte Batista freilich keine Chance gehabt, die bevorstehenden Wahlen zu gewinnen, denn nicht nur die kubanische Oberschicht verachtete den damals 51jährigen als halbseidenen, korrupten Gangster 13. Als Mulatte hatte er im Übrigen noch nicht einmal Zutritt zum exklusiven „Havanna Yacht Club“. Nur mit militärischem Rückhalt gelang ihm schließlich der Staatsstreich. „ Wir sind das Gesetz !“ ließ er die wachhabenden Soldaten wissen und bezahlte sie für ihr Stillhalten mit doppeltem Sold 14. Ein Leichtes, hatte ihm die Mafia doch dafür ihre Portokasse zur Verfügung gestellt. Die rechtmäßige Verfassung wurde außer Kraft gesetzt, die Opposition durch Druck mundtot gemacht. Und nur zwei Wochen nach seinem Putsch wurde Batista von der US-Regierung als neuer kubanischer Präsident anerkannt. Die Bundesrepublik Deutschland unter ihrem Bundespräsidenten Theodor Heuss verlieh dem Diktator noch im Mai 1957 das Bundesverdienstkreuz – eine peinliche Verfehlung, die bei der Vergabe dieses Ordens allerdings nicht die einzige bleiben sollte.
Vergessen war die Verfassung von 1940, weder Batista noch seinen Geldgebern stand der Sinn nach Reformen sondern nach Reichtum. Hemmungslos füllten sie ihre eigenen Taschen. Kuba verkam zum Sündenbabel, Mädchen aus den Armenvierteln dienten sich für ein paar Dollar Touristen an. Besonders US-Amerikanern bot das freizügig erotische Angebot eine willkommene Abwechslung zur puritanischen Prüderie im eigenen Land. Diese Spaßgesellschaft schien es nicht zu stören, dass sie vergnügt auf den Trümmern der kubanischen Demokratie und ihrer gescheiterten Reformversuche tanzte, während ihre Gastgeber unter das Joch der Diktatur gezwungen wurden.
Fidel Castro beschrieb die damalige Zeit als Jurastudent an der Universität: „ Es war eine Atmosphäre aus Macht, Furcht und Waffen “ 15
Kapitel 3
Der geistige Enkel José Martís 16
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Er wagte trotzdem den Aufstand: Er war vierundzwanzig Jahre alt und seit 1950 promovierter Anwalt. Und dies gleich in drei Fächern: in Jura, Sozialwissenschaften und Internationalem Recht. 17Zunächst hatte er versucht, die Machenschaften Batistas auf legalem Weg anzuprangern. Er erhob Klage beim Obersten Gericht. Unterstützung erhielt er von den Anführern der beiden Oppositionsparteien, den „ Auténticos “ und den „ Ortodoxos “ 18, die wohl die Wahl damals gewonnen hätten. Er scheiterte mit seiner Klage. Die Richter lehnten den Antrag ab. Jetzt brauchte Fidel Castro dringend verlässliche Freunde, nicht nur zu seiner moralischen Unterstützung, sondern auch als Leibwächter.
Aufgeben würde er niemals! Stattdessen suchte er den bewaffneten Kampf gegen den Diktator. Nach alter kubanischer Tradition war er auch bereit, sein Leben für die Freiheit zu geben.
„Patria o Muerte, venceremos!“
„Vaterland oder Tod. Wir werden gewinnen!“
José Martí, Kubas Nationalheld. Die Statue aus Carrara-Marmor von José Vilalta y Saavedra wurde 1905 von General Máximo Gómez im Parque Central von Havanna eingeweiht. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
Sein großes Vorbild war José Martí, Kubas Nationalheld, Dichter, Essayist und Freiheitskämpfer. Der 1853 als Sohn spanischer Einwanderer in Havanna geborene José Martí hatte das Unabhängigkeitsstreben Kubas von der spanischen Kolonialherrschaft unterstützt, in flammenden Essays und Versen gegen die soziale Ungerechtigkeit und die koloniale Sklavenhaltergesellschaft gekämpft und sich für die Gleichheit der Rassen und Geschlechter eingesetzt. Er plädierte dafür, eine diversifizierte Landwirtschaft zu betreiben, anstatt sich weiterhin auf das „Weiße Gold“, die Monokultur des Zuckerrohrs zu verlassen. Bereits damals hatte er hellsichtig vor einer Vorherrschaft der USA in der Karibik und in Lateinamerika gewarnt. Sein Traum war ein freies Kuba gewesen, „ Cuba libre “. Nach langen Jahren im Exil, konnte er endlich nach Kuba zurückkehren und gründete 1893 die erste „R evolutionäre Partei Kubas “. Später sollten sich auch die „Auténticos“, die Authentischen, nach ihr benennen. Als einer der ersten fiel José Martí in den Kämpfen um die Unabhängigkeit Kubas 1895. Im schwarzen Jackett, seinem Markenzeichen, und auf einem weißen Pferd war er mitten hinein in die feindlichen spanischen Linien geritten. Heute blickt der in Stein verewigte, achtzehn Meter große Apostel der kubanischen Freiheitsbewegung von seinem Sockel vor einem gewaltigen, einhundert Meter hohen Obelisken auf der Plaza de la Revolución in Havanna auf sein geliebtes Kuba.
Obelisk auf der Plaza de la Revolución in Havanna, grauer Marmor von der Isla de la Juventud. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
Statue José Martís aus weissem Marmor, Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
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