Die »Schwester Irenia« aus dem Kindergarten, war immer sehr lieb zu mir. Wenn es draußen einmal stürmte und ich wieder Angst hatte, dann hat sie mich unter ihrem Umhang versteckt und mich wieder in die Zeppelinstraße nach Hause gebracht.
Einer meiner Spielkameraden aus dem Kindergarten war Uwe Leo Pawelowski. Seine Eltern hatten eine Metzgerei. Vom Kindergarten aus ging ich da vorbei nach Hause. Manchmal durfte ich dann auch zu denen in die Metzgerei kommen und bei der Arbeit zusehen oder mit Uwe spielen. Dazu gab es meist auch noch ein Stück Wurst. Toll war das!
Auch lernte ich im Kindergarten ein Mädchen mit Namen Gudrun kennen. Wenn wir uns sahen, war Begeisterung angesagt. Wir haben auch meist zusammen gespielt.
Später, in der Schulzeit, haben wir uns dann erst einmal aus den Augen verloren und seltener gesehen.
1948 im April sind meine Mutter und ich an einem Tag mit der K-Bahn nach Krefeld gefahren. Die K-Bahn sah damals aus wie ein alter Eisenbahnzug mit hohen Einstiegen und der hatte auch einen Speisewagen mit Toilette.
Mutti wollte mit mir in den schönen Stadtwald nach Krefeld fahren. Dort konnten wir ausgiebig spazieren gehen.
In der Nähe des Stadtwald-Hauses war auch ein Kinderspielplatz und eine verzweigte Weiheranlage. Wenn man Glück bzw. Geld hatte, konnte man auch im Stadtwaldhaus Kaffee trinken und leckeren Kuchen essen. Manchmal war das auch angesagt.
Als Mutti und ich mal wieder nach Krefeld fuhren, saß in unserer K-Bahn ein Mann, der wollte zurück von Düsseldorf nach Krefeld fahren. Er bzw. seine Eltern hatten in Krefeld-Oppum ihr Haus. Dieser Mann bot uns dann erst einmal seinen Sitzplatz an. Was Mutti wiederum imponiert hatte. Er stellte sich auch gleich vor. Sein Name war Richard Schmitz. Anschließend unterhielten sich die beiden angeregt und Richard hatte mich gelegentlich gestreichelt und auf den Schoß genommen.
An der Haltestelle Krefeld-Oppum ist er ausgestiegen, nachdem er sich mit Mutti für ein neues Treffen verabredet hatte. Aus diesem Erlebnis wurden mehrere Treffen der beiden und manchmal war ich auch wieder dabei.
Er, der Richard, wurde am 24. 08. 1913 vormittags um 5.00 Uhr in Krefeld, Hülserstr. 5, als Sohn der Eheleute Johann Heinrich Schmitz und Wilhelmine Schmitz, geborene Schmidt geboren.
Er hatte auch noch Geschwister: Schwester Gertrud und zwei Brüder: Bruder Ernst war Schriftsetzer, verheiratet mit Luzi. Und Bruder Willi (geb. 08. 06. 1908, gest. 25. 10. 1977), der war Bäcker, verheiratet und hatte eine eigene Bäckerei in Krefeld.
Richard war der jüngste. Er hat nach der Entlassung aus der Volksschule am 31. 03. 1927 Klempner und Installateur gelernt und am 18. 04. 31 seine Gesellenprüfung gemacht.
Nach seiner Lehrzeit, die Stellen waren ja damals sehr knapp und schlecht bezahlt, hat sich Richard am 01. 01. 1934 freiwillig bei der Kriegs-Marine als Berufssoldat für 12 Jahre verpflichtet.
Diese Ausbildung war nicht einfach. Zunächst der theoretische Teil, dann die praktischen Übungen im Schwimm- und Tauchbecken und so weiter.
Wenn dann der Tag der Übernahme eines neuen Schiffes anstand, war die Aufregung groß. Den Männern, die die neue Besatzung bildeten, wurden Spinde und Schlafsäcke zugeteilt. Anschließend ging es ans Auspacken der Schlafsäcke.
Wer noch nie Planken unter den Füßen hatte, war dann schon schwer nervös. Dann musste auch noch geübt werden, wie man eine Hängematte klar macht und weitere weitreichende Tätigkeiten an Bord erlernen. Außerdem war eine enge Kameradschaft sehr wichtig.
Nach dem Einräumen der persönlichen Ausrüstung, erfolgte dann die »An Bordnahme« all der anderen Gerätschaften, die zum Boot gehörten wie: Tauwerk, Kutter, Riemen, Lebensmittel, Dauerproviant, Verbrauchsstoffe und vieles mehr.
Zum Wochenende schloss sich ein ergiebiges »Reinschiff« an, das ganze Schiff wurde dann geputzt.
Nach der Ausbildung hat Richard auf verschiedenen Schiffstypen Dienst getan: Torpedoboot, Zerstörer, U-Boot und ist letztlich als Stabs-Ober-Maschinist (Offizier bei der Marine) im U-Boot in den Nordmeeren gefahren.
Bei Kriegsende vom 08. 05. 1945 – 15. 12. 1945, musste Richard sein U-Boot »U 299« unter Aufsicht der Engländer nach England bringen und kam dann in Schottland in Kriegsgefangenschaft.
Das Schlimmste am ganzen Krieg war aber für Richard, dass er mit seiner »hoch-dekorierten« Uniform (das waren die Ärmelstreifen, Orden und Ehrenzeichen) bei einem Bauern in Schottland »Dienst in den Rüben« machen musste.
Seine Entlassung von dem Bauern aus Schottland erfolgte 1948 und er kehrte nach Krefeld in sein Elternhaus zurück.
Nachdem sich Hildegard und Richard lieben gelernt hatten, ist er auch bei meinen Großeltern mit eingezogen. Richard und Hilde heirateten am 24. 01. 1950. Dann wurde mein Familienname auf Schmitz umgeschrieben.
Richard hatte natürlich noch keine Arbeit, deshalb konnte er fortan in der Fabrik von meinem Opa arbeiten.
Opa hatte inzwischen einen eigenen, neuen Reinigungsbetrieb gebaut. Nachdem der Inhaber der Firma Wiederhold verstorben war.
Dieser Betrieb war für die Reinigung von Flüssigkeitsbehältern (Kannen, Fässer, Hobbocks etc.) gedacht. Der Betrieb war in Düsseldorf-Reisholz in der Nürnberger Straße angesiedelt. Dort wurden diese Emballagen für zum Beispiel Lackfabriken gereinigt (eine frühe Art des Recycling).
Diese gereinigten Emballagen waren so sauber, dass sie anschließend sogar für Lebensmittel-Bevorratung genutzt werden konnten.
Da Opa zuvor ja Ingenieur bei der Firma »Sommer, Maschinen- und Anlagenbau« war, hatte er die Reinigungsmaschinen selbst entworfen und unter seiner Regie bauen lassen.
Sechs Fässer konnten in einer Maschine gleichzeitig gereinigt werden. Jedes Fass wurde mit einer Laugenfüllung versehen und mit einer dicken Gliederkette bestückt. Elektrisch drehte sich dann jedes Fass um seine eigene Achse und gleichzeitig alle Fässer zusammen auch vertikal. Wenn die Maschine im Einsatz war, konnte man neben dieser Anlage allerdings sein eigenes Wort nicht mehr verstehen.
Aber es war ja insgesamt gut für das Leben unserer Familien, dass mein Opa diese Firma überhaupt hatte und Richard dort auch arbeiten konnte.
Einen positiven Nebeneffekt hatte das Ganze auch noch, es war ein toller Spielplatz für mich. Ich fuhr gerne mit meinem Opa in die Firma. Circa 2.200 Quadratmeter Grundstück hatte das Gelände, eine Halle von 120 Metern Länge stand darauf, auch ein Pförtnerhaus und ein Eisenbahn-Anschluss für den Emballagen-Versand.
Aber was für mich noch wichtiger war: es gab noch viel freie Erde für mich zum Buddeln. Eines Tages war ich mal wieder mit meinem Opa mitgefahren, hatte schön in der Erde gebuddelt und mir allerhand Werkzeug aus der ganzen Firma zusammen geholt, was anschließend in der Firma vermisst wurde. Danach hatte ich den ersten und einzigen Ärger mit meinem Opa. Ich kam dann nichts ahnend an der Halle entlang und hatte meinen Opa gar nicht gesehen. Auf einmal wurde ich »von einem Erdbeben« erschüttert. Da hatte es mindestens einen Satz rote Ohren, oder »zwei Satz« gegeben.
Da war mein Opa aber ganz schön sauer. Später war aber wieder alles gut, dafür hat auch schon mein Ömchen gesorgt.
Im April des Jahres 1950 wurde ich in der »Bernburger Schule« (Volksschule) in Düsseldorf-Eller eingeschult. Die Schule war circa 1.500 Meter von meinen Großeltern entfernt, wo wir ja auch wohnten. Das war von jetzt an meine tägliche Außenwelt. Mutti brachte mich in den ersten Tagen noch selbst dort hin. Danach musste ich alleine laufen.
Zu Beginn des Schuljahres gab es auch eine Schultüte und von Onkel Gerhard und Tante Gerda einen Tornister. Gefüllt wurde der allmählich mit: Tafel, Kreide, Schwämmchen, Stiften etc. und einer Blechtasse, die für Quäkerspeise gedacht war.
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