Thomas Wagner
Die Einmischer
Wie sich Schriftsteller heute engagieren
Argument Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
Deutsche Originalausgabe
Alle Rechte vorbehalten
© Argument Verlag 2010
Glashüttenstraße 28, 20357 Hamburg
Telefon 040/4018000 – Fax 040/40180020
www.argument.de
Satz: Iris Konopik
Umschlaggestaltung: Martin Grundmann, Hamburg
Covergrafik: »take up thy pen« © Kit Malo
ISBN 9783867549448
Erste Auflage 2010
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013
Die kanadische Illustratorin Kit Malotummelt sich in der Kunstszene von Montreal. Eigentlich ist sie stur mit ihrem Bleistift liiert, kann aber Herausforderungen schlecht widerstehen, was zu Experimenten mit interaktiver, Live-Action- und Animationskunst, Sensor-Installationen und kuratorischen Tätigkeiten (Pop-Festivals, Visual Art Blogs) führt.
Von Natur aus analysierwütig, ist ihr Thema die subversive und humoristische Verarbeitung alltäglichen Lebens, wie es sich dokumentieren und neu dokumentieren lässt, um herrschende Vorstellungen von Realität, Wahrheit und Perspektive zu konfrontieren und herauszufordern.
www.lambsamongwolves.com
Cover
Titel Thomas Wagner Die Einmischer Wie sich Schriftsteller heute engagieren Argument Verlag
Impressum Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Deutsche Originalausgabe Alle Rechte vorbehalten © Argument Verlag 2010 Glashüttenstraße 28, 20357 Hamburg Telefon 040/4018000 – Fax 040/40180020 www.argument.de Satz: Iris Konopik Umschlaggestaltung: Martin Grundmann, Hamburg Covergrafik: »take up thy pen« © Kit Malo ISBN 9783867549448 Erste Auflage 2010 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013 Die kanadische Illustratorin Kit Malo tummelt sich in der Kunstszene von Montreal. Eigentlich ist sie stur mit ihrem Bleistift liiert, kann aber Herausforderungen schlecht widerstehen, was zu Experimenten mit interaktiver, Live-Action- und Animationskunst, Sensor-Installationen und kuratorischen Tätigkeiten (Pop-Festivals, Visual Art Blogs) führt. Von Natur aus analysierwütig, ist ihr Thema die subversive und humoristische Verarbeitung alltäglichen Lebens, wie es sich dokumentieren und neu dokumentieren lässt, um herrschende Vorstellungen von Realität, Wahrheit und Perspektive zu konfrontieren und herauszufordern. www.lambsamongwolves.com
Einleitung - Worum es geht
Die Gespräche
Dietmar Dath
Die Gegner schlafen auch mal
Raul Zelik
Nichts legitimiert, dass der Staat zu terroristischen Mitteln greift
Juli Zeh
Mit dem Fingerabdruck können Geheimdienste anrichten, was sie wollen
Ilija Trojanow
Das Gegenmodell heißt: völlige Umwälzung der Verhältnisse
Robert Menasse
Die Jasager und Mitmacher sind für mich Faschisten
Wolfgang Schorlau
Dank Marx verstehe ich, wie unsere Gesellschaft funktioniert
Saddek und Sabine Kebir
Die Nation kann nur multikulturell sein
Erasmus Schöfer
Widerstand braucht Literatur, um sich zu verständigen
Michael Wildenhain
Politische Literatur braucht einen Resonanzraum
Sabine Kuegler
Am wichtigsten ist, dass das Töten und die Unterdrückung aufhören
Jürgen Todenhöfer
Die Lösung ist: Mit dem Krieg aufhören und verhandeln!
Wladimir Kaminer
Die Angst, was zu verlieren
Eva Jantschitsch (»Gustav«)
Ein Rock’n’Roll-Leben ist strukturell nicht möglich
Kai Degenhardt
Wie es sein könnte
Biermösl Blosn
Wir haben dieses Scheißfernsehen nicht gebraucht
Erwin Riess
Die Donau als Ausweg
Christine Lehmann
Unsere Kultur hat ein Y-Chromosom
Dagmar Scharsich
Ich wollte die DDR erhalten und zu einem demokratischen Land machen
Michael Mäde
Ich hielt die DDR für den besseren deutschen Staat
Matthias Frings
Über Ronald M. Schernikau: Die Revolution wäre für ihn das Unterhaltendste gewesen
Danksagung
Anmerkungen
Wenn Literaturwissenschaftler Märchen erzählen, dann hört sich das so an: Es war einmal eine Zeit, in der sich die Schriftsteller ins politische Geschehen einmischten. Seit dem Zusammenbruch des Sozialismus in Europa sei dieses Engagement allerdings passé. Seitdem habe man sich nur noch gewundert, dass die Autoren der Linken fernblieben. Heute fehle selbst die Verwunderung darüber. Die Ursache der Misere sei schließlich darin zu suchen, »dass Links nicht mehr rockt«1. So will es der langjährige Juror und Juryvorsitzende des Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preises Burkhard Spinnen und findet mit dieser Argumentation ausgerechnet in dem rechtsgerichteten Romancier Thor Kunkel2 einen Geistesverwandten. Auch dieser meinte, jüngere deutsche Autoren meldeten sich heute kaum je zu Wort, wenn es um politische Fragen geht3. Kommentare zu wichtigen gesellschaftlichen Entwicklungen kenne er keine. Selbst die allesfressende und wiederkäuende Kulturmaschinerie werde kaum kritisiert. Jeder Fußballer, jede Viva-Moderatorin mische sich provokanter in die Tagespolitik ein als die Schriftsteller. Spinnen und Kunkel sprechen eine Ansicht aus, die unter Literaturwissenschaftlern, Feuilletonisten und selbst unter Autoren heute weit verbreitet ist.
Mit der Wirklichkeit hat all das Gerede vom Verstummen der engagierten Literatur heute freilich kaum etwas zu tun. Wer genau hinsieht, statt den kurzlebigen Literaturmoden zu folgen, die im Rhythmus der Buchmessen und Literaturpreis-Verleihungen alljährlich ausgerufen werden, erkennt bald: Zwanzig Jahre nach dem Mauerfall ist die Literatur so breit und vielgestaltig engagiert wie schon lange nicht mehr. Jenseits von Pop-Literatur, Fräuleinwunder und einem sogenannten Neuen Feminismus melden sich Autorinnen und Autoren deutlich vernehmbar zu Wort, greifen Schriftsteller als kritische Intellektuelle kraftvoll und beherzt in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen ein.
Dabei schienen vor nicht allzu langer Zeit gerade jene Autoren die Diagnose vom Ende der engagierten Literatur zu bestätigen, die sich gegen den damals vorherrschenden Trend im klassischen Sinne demonstrativ parteilich zeigten und sich für den Wahlkampf der SPD einspannen ließen. Als Juli Zeh, Benjamin Lebert, Feridun Zaimoglu oder Durs Grünbein im Jahr 2005 einem Ruf von Günter Grass folgten und für die Wiederwahl des Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) warben, wirkte das politisch eher einfallslos, angepasst, jedenfalls meilenweit entfernt von fortschrittlichen gesellschaftspolitischen Visionen. Die 1968 in Westberlin geborene Schriftstellerin Tanja Dückers vermisste bei ihren Kollegen damals einen utopischen Überschuss der Literatur, der auf nicht realisierte Möglichkeiten des Zusammenlebens verweist: »Wenn Literatur sich mit Politik beschäftigt, sollte sie nicht den Status quo bestätigen (dafür sind die Realpolitiker da), sondern den schlechten Ist-Zustand mit dem vergleichen, was möglich wäre. Gute Literatur verhält sich in diesem Sinne wie gute Musik: Sie transzendiert die Realität und vermittelt für einen Moment die Aussicht auf ein besseres Leben. Welche Utopie in der Unterstützung für Hartz IV liegen soll, ist hingegen völlig schleierhaft.«4
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