Claus-Steffen Mahnkopf - Deutschland oder Jerusalem

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Am 27. März 2011 starb mit nur 36 Jahren die jüdische Religionsphilosophin Francesca Yardenit Albertini, gebürtige Römerin, emphatische Wahldeutsche, Grenzgängerin zwischen Italien, Deutschland, den USA und Israel, eine leidenschaftliche Forscherin und Hochschullehrerin. „Eine Begabung, wie sie nur einmal in einem halben Jahrhundert anzutreffen ist“, so der Religionsphilosoph Bernhard Casper.
Mit großer Kenntnis der Sprachen, dem Renaissanceideal einer klassischen Bildung und tief verwurzelt in der aufklärerischen Moderne kämpfte sie für die Idee eines neuen Verhältnisses zwischen Deutschen und Juden und für eine deutsch-jüdische Aussöhnung jenseits der Schuldfrage. Ihr Blick richtete sich auf jene Stärken des Judentums, die es als Träger einer kritischen Modernität auszeichnen könnten.
Die Heirat des deutschen Avantgardekomponisten und Autors Claus-Steffen Mahnkopf begründete eine besondere, nicht nur intellektuelle Symbiose, in der jeder der beiden den gleichen Lebensentwurf erkannte. In großer Offenheit legt Mahnkopf hier das Porträt seiner geliebten Frau vor. Es zeichnet das Bild einer Frau, deren Hunger nach Wirklichkeit die kurze Frist dieses Lebens um so schmerzlicher werden läßt.

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Man denke aber nicht, daß Francesca mit der Welt eins gewesen wäre. Sie litt auch unter Einsamkeitsgefühlen, unter Verlassenheit, was selbst ich nicht immer ausgleichen konnte. Hinzu kam die Todesangst wegen des Diabetes. Manchmal schien sie wie verloren. Ich erinnere mich, wie sie einmal am Bahnsteig auf dem Berliner Hauptbahnhof auf mich wartete. Eine große Menschenmenge, nichts Ungewöhnliches. Und doch stand sie dort, als ob sie nicht dazugehörte, und erwachte zum Leben erst in dem Augenblick, als sie mich erblickte. Wieder eine Doppelexistenz. Als ob sie aus einer zweiten, nur ihr zugehörigen Welt gekommen wäre.

Diese zweite Welt, verstärkt durch die diversen Doppelexistenzen, ist typisch für Sonderbegabungen, die – etwas kitschig formuliert – eine intensivere Welt in sich tragen, als es die äußere ist. Francesca blieb auch ein Kind bis zum Schluß, typisch für Wunderkinder und Hochbegabte, die keine Zeit, sprich keinen Willen und keine Energie aufbringen, »normal« zu werden. Sie verweigern sich der Anpassung an die ordinäre Welt, an das Realitätsprinzip. Letztlich ist das auch sehr vernünftig, wenn es darum geht, Kreativität zu bewahren und zu steigern. Für eine juvenile Diabetikerin kann es freilich fatal sein.

Sie wußte sich zu schützen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wollte sie keine Spielfilme zum Thema Judenverfolgung mehr sehen. Ich glaube, der Pianist von Polański war der letzte. Ein Lied von Liebe und Tod – Gloomy Sunday, diesen Film verweigerte sie; aber auch Pane e tulipani (»Brot und Tulpen«), trotz der Paraderolle von Bruno Ganz. Dieser Film erinnerte sie wohl zu sehr an ihr eigenes Land. Den Untergang über Hitlers letzte Tage hingegen sah sie mit großem Interesse.

Francesca war eine hochemotionale Frau, deren Gefühlshaushalt zwar ihre Lebenslust und den Arbeitseifer antreiben, aber auch ihre Entscheidungen und Überlegungen bestimmen konnte. War sie erst einmal in Rage, konnte sie zu schnell reagieren und machte Fehler, die sie bei besonnenerer Haltung vermieden hätte. Francesca fehlte das Abgebrühte und Ausgebuffte. Sie war ein klarer Kopf, kein kühler. Sie hatte nicht das lebenserleichternde Privileg, intellektuell oder emotional zu sein. So konnte sie, wenn sie sich, weniger im Berufs- als im privaten Leben, angegriffen fühlte, aggressiv und launig werden. Es kam auch zu unschönen Szenen. Francesca war alles andere als ein Mensch ohne Schwächen. Sie kam aus der Spur, wenn es nicht so klappte, wie sie es vorbereitet hatte.

Francesca war von schnellem Urteil und von großem Selbstbewußtsein in ihren Ansichten. Was »man« denkt, war für sie niemals eine Größe. Sie lebte ihre »determinazione«, ihre Bestimmtheit. Sie war nicht arrogant in der konkreten Begegnung mit einem Menschen, konnte aber vernichtende Urteile fällen und abfällige Meinungen bilden. Im Sommer 1999 war sie auf einer berühmt gewordenen Tagung auf Schloß Elmau, zu der Bernhard Casper sie mitnahm. Sie kam zurück und erzählte lebhaft. Als ich in der Zeitung las, daß auch Peter Sloterdijk aufgetreten war, und sie danach fragte, warum sie denn diese Berühmtheit nicht erwähnt hatte, wurde sie energisch: »Was, dieser Schwätzer, dieser aufgeblasene Pseudophilosoph soll berühmt und anerkannt sein? Das kann ich nicht glauben!« Sie hat späterhin ihre Ansicht nicht geändert. Hatte sie einmal jemanden »gefressen«, so die Ministerin Ursula von der Leyen, war jedwede Diskussion vergebens.

Verlief das Leben hingegen, wie sie es sich eingerichtet hatte, dann war sie relativ ruhig und berechenbar. Dabei konnte sie sehr wohl Melancholie befallen, und das nicht erst, seit die Krankheit ihr Leben zur Gänze umwarf. Francesca litt mit, wenn im Privaten oder Politischen Unglücke passierten. »Ich fühle mich schwach und zerbrechlich«, schrieb sie an Freunde nicht nur einmal. Allein, diese Schwächen sind – fast trivial zu sagen – menschlich, die Melancholie gehört zu allen tiefsinnigen Menschen, und ohne das Leiden ist Kreativität kaum vorstellbar.

»Kollektive haben in meiner Lebensphilosophie keine Bedeutung: Ich betrachte jeden Menschen als ein singuläres, einmaliges Phänomen, das zwar seinen besonderen kulturellen, sozialen und anthropologischen Hintergrund hat, aber mit der Auseinandersetzung mit diesem Hintergrund zu einem einmaligen, besonderen, individuellen Geschöpf wird.« Damit erklärte Francesca ihr Menschenbild. Mir ist das sehr früh aufgefallen: Sie hatte keine Probleme mit »normalen« Menschen, zeigte mithin genau dasjenige Verhalten nicht, das bei Intellektuellen häufig zu beobachten ist, deren Unfähigkeit zu umgangssprachlicher Kommunikation in der Normalsprache. Es gibt Bilder, da sitzt sie inmitten ihrer Tauchergruppe in einer Blockhütte und strahlt. Ich möchte nicht wissen, mit wie vielen Menschen sie per Du war. Es ging schnell. Ihre Freiburger Zimmervermieterin sagte nach der Beerdigung, sie sei die einzige Studentin gewesen, mit der sie sich geduzt hatte. Statussymbole waren Francesca absolut gleichgültig. Sie kommunizierte auf Augenhöhe, war stets extrem höflich und fragte lieber einmal zuviel als zuwenig. Sie war ein Exemplar der sprichwörtlichen jüdischen Herzlichkeit, Weltoffenheit und Gastlichkeit.

Das zeigte sich am deutlichsten in Berlin und Potsdam, an ihrer Arbeit, an ihrer Wirkungsstätte zusammen mit den Kollegen und Studenten. Dort verschränkte sie das Persönliche mit dem Universitären. Es sei ein längeres Zitat wiedergegeben, Ausschnitte aus einer studentischen Rede. Sarah Pohl, die eine Freundschaft mit ihrer Professorin Francesca verband, sprach auf der akademischen Trauerfeier der Universität. Sie beschreibt die Lehrerin, die stets nicht nur eine Lehrerin war. Gewiß, auf einer Abschiedsfeier wird nur Gutes gesagt, aber was hier steht, ist authentisch und könnte von mir nicht besser formuliert werden.

»Ich werde die Gespräche mit ihr vermissen, die italienischen Sprichwörter und Redewendungen. Ich werde mich an ihre Kindheitsanekdoten erinnern, die sie in ihre Vorlesungen und Seminare einwob, an ihre manchmal weltfremden und um so intellektuelleren Witze und Vergleiche. Ihre Energie, die übermenschlich wirkte, die auch bei einer spontan einberufenen Zweimann-Vorlesung an einem Samstagmorgen acht Uhr jede Müdigkeit vertrieb und immer den Wissenshunger auf mehr versprach. Ganz besonders jedoch werde ich das persönliche und oft private Gespräch mit ihr vermissen, ihre aufmunternden und, Zitat, ›aufpumpenden‹ Worte. Ihren Optimismus, dessen Herkunft mir unersättlich und unergründlich zugleich schien. Ihren enorm starken Willen, um den ich sie nicht nur einmal beneidete, Francescas unglaubliche Lebensfreude.

Ich kann und möchte euch, liebe Studenten und Kommilitonen, dazu aufrufen, dies in euren Herzen zu bewahren, diesen enormen Willen nach Fortschritt und Erkenntnis. Bewahrt euch diesen Willen und das Streben nach Weisheit und gleichzeitiger Menschlichkeit. Das, was von Francesca Albertini in uns allen weiterlebt, ist ihre Lehre. Sie war ein Mensch der unvergleichlichen Sorte, eine Frau und Dozentin, die ihre Arbeit lebte, wirklich lebte. Sie lebte ihre Ethik, ihren Anspruch an Moral und Wahrheit. Für sie gab es schlicht keine Grenzen, sie nahm ihre Arbeit, wenn man überhaupt davon sprechen kann, stets mit nach Hause. So war es Tatsache und Beruhigung zugleich, daß sie stets erreichbar war, stets und wirklich immer (!) auf E-Mails, SMS oder Telefonanrufe antwortete und reagierte. Hin und wieder verteilte sie sogar ihre private Telefonnummer, um ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Auch im Ausland war sie stets zu erreichen und sorgte sich um den individuellen, bestmöglichen Erfolg eines jeden einzelnen Studenten.

Es geschah oft, daß ihre Sprechstunden neben der offiziellen zum Beispiel in einen Freiblock gebettet wurden, vor oder hinter einen Kurs geschoben wurden oder gänzlich außerhalb der universitären Maßstäbe stattfanden. Ich erinnere mich an sehr lange und erschöpfende, doch zufriedenstellende Sprechstunden und Termine, die nicht selten in einem mehrstündigen Gespräch endeten. Sie wurde nicht müde, Literaturlisten zu versenden, Hinweise auf Zeitungsartikel und Gedanken zum zuvor Besprochenen.

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