Claus-Steffen Mahnkopf - Deutschland oder Jerusalem

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Am 27. März 2011 starb mit nur 36 Jahren die jüdische Religionsphilosophin Francesca Yardenit Albertini, gebürtige Römerin, emphatische Wahldeutsche, Grenzgängerin zwischen Italien, Deutschland, den USA und Israel, eine leidenschaftliche Forscherin und Hochschullehrerin. „Eine Begabung, wie sie nur einmal in einem halben Jahrhundert anzutreffen ist“, so der Religionsphilosoph Bernhard Casper.
Mit großer Kenntnis der Sprachen, dem Renaissanceideal einer klassischen Bildung und tief verwurzelt in der aufklärerischen Moderne kämpfte sie für die Idee eines neuen Verhältnisses zwischen Deutschen und Juden und für eine deutsch-jüdische Aussöhnung jenseits der Schuldfrage. Ihr Blick richtete sich auf jene Stärken des Judentums, die es als Träger einer kritischen Modernität auszeichnen könnten.
Die Heirat des deutschen Avantgardekomponisten und Autors Claus-Steffen Mahnkopf begründete eine besondere, nicht nur intellektuelle Symbiose, in der jeder der beiden den gleichen Lebensentwurf erkannte. In großer Offenheit legt Mahnkopf hier das Porträt seiner geliebten Frau vor. Es zeichnet das Bild einer Frau, deren Hunger nach Wirklichkeit die kurze Frist dieses Lebens um so schmerzlicher werden läßt.

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Im Frühjahr 2002 war Francesca zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten. Es sollte nicht das letzte Mal sein. Immer wieder forschte sie dort, besuchte Kongresse, hielt Vorträge und stellte sich für Stellen vor. Sie genoß die großzügigen Selbstverständlichkeiten des akademischen Lebens in den USA, die üppig ausgestatteten Bibliotheken, die Ungezwungenheiten des sozialen Austauschs unter den »scholars«. Vor allem das Hebrew Union College mit der Klau Library in Cincinnati war seit 2005 der Ort, an dem sie für mehrere Wochen am Stück arbeitete. Dort war sie in die amerikanische jüdische Community integriert und pflegte, auch von Deutschland aus über Mails und Skype, intensive Freundschaften. Späterhin, als sich ihre Position in Deutschland festigte, klärte sich ihr Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. Dort arbeiten und forschen, das sicher, aber für immer leben, dorthin zu ziehen, das kam nicht in Frage. »Die Arbeitsbedingungen«, sagte sie, »sind phantastisch, aber wenn du den Campus verläßt, beginnt die kulturelle Leere.« Sie war und blieb eine Europäerin, und das sowohl kulturell wie politisch. Mit Deutschland wollte sie kein Land tauschen.

2007 nahm Francesca sich eine Zweitwohnung in Frankfurt, wo sie eine Professur vertrat. Die Universität hatte ihr ein Gästeappartement zur Verfügung gestellt. So konnte sie sich besser auf die Arbeit konzentrieren und mußte nicht, wie bisher, wöchentlich pendeln und im Hotel nächtigen. Das hatte zudem den Vorteil, daß sie auch in dieser Stadt, in der das jüdische Leben viel reger und geschichtsträchtiger ist als im kleinen Freiburg, ein Netz von Kontakten aufbauen konnte.

Ab Herbst 2007 bezog sie, nachdem der Ruf an die Universität Potsdam erfolgt war, eine Wohnung in Berlin, natürlich in der Hauptstadt und nicht in der benachbarten, kleineren Stadt. Sie, die Römerin, die immer erklärte, »man« könne in keiner Stadt leben, die weniger als vier Millionen Einwohner hat, war endlich in der Metropole angekommen. Frankfurt war bis dahin die Stadt, in die wir fast gezogen wären. 2004 hatte die Universität ihr eine Vertretungsprofessur mit Gästewohnung angeboten, die Stelle mußte dann aber anderweitig vergeben werden. So blieben wir zunächst in Freiburg, von wo aus jedoch Francesca immer wegstrebte; dabei war Frankfurt ihre erste Wahl. Später räumte sie ein, daß Berlin natürlich die bessere sei. Frankfurt war definitiv zu klein und längst von einer linksintellektuellen Hochburg zu einer kalten Kapitalismusstadt mutiert. Ihre lange Odyssee fand ins neue Zuhause, von Rom über Freiburg nach Berlin, mit den Zwischenstationen Jerusalem, Frankfurt und Cincinnati. In Kairo erklärte sie mir 2001, daß ihre Reise viel verschlungener war: von der ägyptischen Gefangenschaft über Kanaan, die sephardische Diaspora mit Spanien und dem Elsaß nach Rom und von dort nach Deutschland. Wer sonst kann auf eine fünftausend Jahre lange Reise zurückblicken als das jüdische Volk?

Man fragt sich, ob Francesca arbeitswütig war, ob sie überhaupt das Leben genießen konnte, ob sie so etwas wie Hobbys kannte. Immerhin: In den zwölf Jahren in Deutschland schrieb sie zwei Bücher, übersetzte zwei, veröffentlichte etwa 30 Aufsätze, hielt über 50 Vorträge und bestritt gut 60 Lehrveranstaltungen zu stets unterschiedlichen Themen. Nach Francescas Tod fragte mich einer ihrer Kollegen, wie denn Francescas unglaublicher Ehrgeiz bei gleichzeitiger Höchstgeschwindigkeit zu erklären sei. Ich konnte eine mehrschichtige Antwort geben. Zunächst besaß Francesca eine unstillbare Neugierde und Freude am Entdecken, einen Wissensdurst, der nicht zu stillen war. Sodann wußte sie im Inneren (oder ging davon aus), daß sie nicht lange leben sollte. Schließlich, und das dürfte der tiefere Grund sein, war diese Art von geistiger Existenz eine Lobpreisung Gottes. Der letzte Grund für Francescas enzyklopädisches Verhalten war ein religiöser, und zwar ein zutiefst jüdischer.

Ich fragte sie einmal: »Hast Du wirklich den ganzen Shakespeare gelesen?« Sie antwortete: »Natürlich, das ist doch eine Mitzwa.« Mithin eine Pflicht, eine gute Tat im jüdischen Denken. Gott habe uns Menschen auferlegt, daß wir uns mit der Schöpfung ausgiebig beschäftigten, und dazu gehört alle Kunst, alle Weltkultur, alle Musik, und so auch die Weltliteratur mit ihrem Shakespeare. Ein umfassendes Bildungsideal, aber grundiert von der emphatischen Idee einer universalen Gelehrsamkeit. Und diese ist prinzipiell unendlich, also unerreichbar. Francesca schrieb mit zwanzig in eines ihrer Notizbücher, wie sehr sie darunter litt, so wenig zu wissen, so unreif zu sein, gerade weil sie so viele Bücher gelesen habe, wisse sie von ihren Defiziten und Lücken. Schon damals verkörperte sie die sokratische Weisheit, daß mit dem Wissen das Nichtwissen zunehme. Auch noch in Freiburg glaubte sie in Augenblicken der Niedergeschlagenheit, die »schlimmste Lehrerin der Welt« zu sein, was nun wirklich reiner Unsinn war.

Francesca hielt nichts von Halbheiten oder Schummellösungen. Bereits im ersten Studienjahr in Rom ging sie aufs Ganze. Seminare zur Theoretischen Philosophie mußten alle Studenten besuchen, sie aber schrieb eine Hausarbeit über Hegels Wissenschaft der Logik – sicherlich das ungenießbarste seiner Werke – und darin über das Kapitel des Grundes. Sie verkörperte das genaue Gegenteil einer gewissen populären Pädagogik, die glaubt, junge Menschen langsam an die Dinge heranführen zu müssen, um sie bloß nicht zu überfordern. Francesca, die dafür nur Spott übrig hatte, bevorzugte das Gegenmodell: ins kalte Wasser springen, sich dem Größten aussetzen, sich von den letzten Maßstäben herausfordern lassen.

Gewiß, ihre Intelligenz half dabei – oder umgekehrt, diese bedurfte der entsprechenden geistigen Nahrung. Francesca besaß ein phänomenales Gedächtnis, vor allem für Sprache und Geschichte. Sie konzentrierte sich beim Lesen so sehr, daß selbst ich, ihr Lebensgefährte, staunte: Betrat ich das Zimmer, in dem sie las, bemerkte sie das nicht und erschrak aufs Heftigste, wenn sie meiner, vor ihr stehend, gewahr wurde. Sie hatte eine extrem schnelle Auffassungsgabe. Man mußte nicht lange erklären. Wenn Francesca einmal etwas nicht verstand, dann weil sie es nicht wollte, weil sie ihren Kopf freizuhalten suchte. Deswegen hatten wir auch kaum längere Diskussionen, der Dissens, wenn er denn bestand, war in wenigen Schritten erkannt und benannt. Und sie besaß ein sicheres, zumindest für ihr eigenes Denken sicheres Urteilsvermögen, das ich nicht anders denn als Ausdruck einer äußerst starken Intuition erklären kann.

Francesca, das würde man von außen blickend sagen, war eine Workaholikerin. Eine Frau, die immer arbeiten mußte und dabei von einem Perfektionismus angetrieben wurde, der zuweilen dazu führte, daß dieser sie beherrschte. Dazu kam Francescas Ungeduld. Alles mußte rasch und möglichst sofort geschehen. Häufig mußte ich sie ermahnen, niemand könne erwarten, daß sie, die Frühaufsteherin, die nach acht Uhr abends zu größeren geistigen Anstrengungen kaum in der Lage war, am Samstag- oder Sonntagabend nach einem Besuch des Theaters oder eines Konzertes noch E-Mails beantworte. Aber so war sie nun einmal. Hatte sie erst einmal einen Blick in ihre Mailbox geworfen, konnte sie gar nicht anders, als die Briefe zu bearbeiten, sie hätte keinen Schlaf gefunden, obwohl sie todmüde war.

Workaholismus ist auch der Name für ein Krankheitsbild, eine Symptomatik, die bis zum Tode führen kann, weil Menschen zu Dauerhyperaktiven werden, zu kleinen Hamstern, die sich im Laufrad drehen, bis sie umfallen. In diesem Sinne war Francesca definitiv keine Workaholikerin. Sie konnte sehr wohl einen zweckfreien Fernsehabend verbringen, mit Freunden in Cafés und Restaurants Stunden geselligen Zusammenseins genießen oder zehn Tage am Strand des Lago Maggiore (und noch mehr im Whirlpool) faulenzen. Offen gesagt, eine Workaholikerin an meiner Seite hätte ich nicht ertragen. Nein, was Francesca tat, machte ihr Spaß. Sie sagte mit großem Ernst und aller sachlichen Richtigkeit, daß wir, die Professoren, das unbeschreibliche Glück hätten, für unsere »sinnlosen Hobbys« auch noch gut bezahlt zu werden. Francesca war somit durchaus der Ferien fähig. Allerdings mußte das Gehirn stetig gefüttert werden, wenn nicht mit Arbeit, dann mit Romanen oder Sightseeing, Museen, Ausstellungen, Veranstaltungen. Dolce far niente, »das süße Nichtstun«, war ihr fremd. Schließlich, und das macht Francesca in der Rückschau sehr menschlich, wurde sie auch von Depressionen, von Melancholie, ja Defätismus befallen. Dann litt sie, und sie litt auch darunter, nichts zu haben, worauf sie sich konzentrieren konnte. Dann fehlte ihr die Arbeit.

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