Christine Lehmann - Totensteige

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Von Mentalterroristen und Medienhypes Launig und voller Skepsis steigt Lisa Nerz in das Thema Geisterjäger und Übernatürliche Vorfälle ein. Doch ehe sie sich's versieht, wird es ernst: Wer hat dem Parapsychologen auf Burg Kalteneck das Herz herausgeschnitten? Was hat es mit den Testreihen des Instituts auf sich? Lisa Nerz und Richard Weber wittern eine Verschwörung. Und der Einfluss der Gegner scheint bis nach Schottland zu reichen. Totensteige ist ein sinnlicher Actionthriller mit sehr dunklen Nuancen: ein Gänsehaut-spannender Roman über Dinge, die man nicht sehen, aber durchaus zu spüren bekommen kann.

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Verlagspic

Brief Hamburg im Januar 2011 Liebe Lisa seit wir uns auf der Buchmesse - фото 1

Brief

Hamburg, im Januar 2011

Liebe Lisa,

seit wir uns auf der Buchmesse kennengelernt haben, denke ich oft an dich. Die Art, wie du dich in alles einmischst, imponiert mir. Ich hab schon verstanden, dass du nicht furchtlos bist, sondern eher stur – aber gerade das gefällt mir. Ich finde, wir brauchen Menschen, die hartnäckig Lügen und Gemauschel aufdecken, inneren und äußeren Widerständen trotzen, sich ein Gefühl für Richtig und Falsch bewahren. Und dabei ihren Humor nicht verlieren. Wir haben in Frankfurt viel gelacht. Gelächter ist eine Waffe gegen Fremdbestimmung, Sarkasmus eine gegen Ohnmacht. Du, Lisa, kämpfst mit beiden und machst deine Sache gut. Weiter so.

Du hast damals erwähnt, dass du überlegst, dich mit Psi-Phänomenen zu befassen, wovon ich spontan nichts wissen wollte. Bei Ariadne haben wir ja eine Art Esoterik-Sperre, weil wir diesen Spiri-Kram für ab­lenkend und verblödend halten. Daran hat sich grundsätzlich auch nichts geändert. Aber in letzter Zeit fällt mir auf, wie das um sich greift. Der große Vampir-Hype, der vor ein paar Jahren aus den USA zu uns herübergeschwappt ist, war bloß eine Spielart des neuen Eskapismus in der trivialen Kultur. Aus dem Fernseher quellen immer mehr Serien und pseudowissenschaftliche Dokus über Geisterjäger, Botschaften aus dem Jenseits, Telepathie, Prophezeiungen – das alles hat gewaltig Konjunktur. Deshalb denke ich, du hattest vielleicht recht: Man muss sich damit doch mal auseinandersetzen. Wenn das Irrationale immer mehr kulturelle Macht gewinnt, ist irgendwas faul. Natürlich ist Aberglaube dem kapitalistischen Profitinteresse nützlicher als Ratio. Aber deshalb eine weltweite Verschwörung zu wittern wäre zu simpel: Die Realität ist nun mal kein James-Bond-Film, wo man nur einen Strippenzieher bezwingen muss.

Also halte uns bitte auf dem Laufenden über deine Recherchen. Schreib auf, was du so ausgräbst, was dir auffällt. Und wenn du nach Hamburg kommst, besuch uns mal.

Pass gut auf dich auf und sei herzlich gegrüßt

Else Laudan

Argument Verlag mit Ariadne

Titel

Christine Lehmann

Totensteige

Ariadne Krimi 1189

Argument Verlag

Copyright

Christine Lehmann bei Ariadne:

Vergeltung am Degerloch (Ariadne Krimi 1165)

Gaisburger Schlachthof (Ariadne Krimi 1167)

Pferdekuss (Ariadne Krimi 1171)

Harte Schule (Ariadne Krimi 1157)

Höhlenangst (Ariadne Krimi 1161)

Allmachtsdackel (Ariadne Krimi 1169)

Nachtkrater (Ariadne Krimi 1173)

Mit Teufelsg’walt (Ariadne Krimi 1179)

Notorisch Nerz – Storys (Ariadne Krimi 1181)

Malefizkrott (Ariadne Krimi 1185)

Totensteige (Ariadne Krimi 1189)

Zusammen mit Manfred Büttner:

Von Arsen bis Zielfahndung – Das aktuelle Handbuch für Krimiautorinnen und Neugierige

Christine Lehmann lebt in Stuttgart und Wangen (Allgäu), ist als Nachrichten- und Aktuellredakteurin beim SWR tätig und schreibt Romane, Kurzkrimis, Kriminalhörspiele (Radio Tatort) und Glossen.

Wolfgang Thiel (Coverfigur) ist ein Stuttgarter Bildhauer und ehemaliger Kunstlehrer der Autorin.

www.atelier-thiel.de

Deutsche Originalausgabe

Alle Rechte vorbehalten

© Argument Verlag 2012

Glashüttenstraße 28, 20357 Hamburg

Telefon 040/4018000 – Fax 040/40180020

www.argument.de

Umschlag: Martin Grundmann, unter Verwendung einer Skulptur von Wolfgang Thiel

Lektorat: Iris Konopik und Else Laudan

Satz: Iris Konopik

ISBN 978-3-86754-926-4

1. Digitale Auflage 2012

Digitale Veröffentlichung: Zeilenwert GmbH

Vorwort

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig, auch dann, wenn solche Personen unter Namen auftreten, die Ihnen bekannt vorkommen.

Christine Lehmann

Inhalt

Teil 1 - Das Kalteneck-Experiment Teil 1 Das Kalteneck-Experiment »If even a straw could be moved by will power my conception of the universe would be altered.« »Wenn durch Geisteskraft auch nur ein Strohhalm bewegt werden könnte, müsste meine Auffassung vom Weltall geändert werden.« Der Physiker Michael Faraday über das Tisch rücken, vermutlich 1853

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Teil 2 - Die Straße der Toten

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Teil 3 - Ja, liebe Zuschauer, das sind keine guten Aussichten

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Teil 4 - Die Wartegg-Verschwörung

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Teil 1

Das Kalteneck-Experiment

»If even a straw could be moved by will power my conception of the universe would be altered.«

»Wenn durch Geisteskraft auch nur ein Strohhalm bewegt werden könnte, müsste meine Auffassung vom Weltall geändert werden.«

Der Physiker Michael Faraday über das Tisch rücken, vermutlich 1853

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Der Planungsredakteur des Stuttgarter Anzeigers rief mich an und fragte, ob ich mit den Geisterjägern ins Schloss Ludwigsburg gehen könne. Die schwäbische Haunt Hunters Agency aus Sigmaringen hatte sich selbst den Auftrag gegeben, ein Gespenst aufzuspüren, und die Medien dazu eingeladen. Ich hatte keine Lust, einer Gruppe abgedrehter Geisterjäger Publicity zu verschaffen, aber es war sonst nichts los. Im Januar war noch nichts von dem passiert, was uns später in den kollektiven Wahnsinn trieb.

Es kamen drei Zeitungen und ein Filmteam des SWR. Kitty zu Salm-Kyrburg war sich ihrer Sache krachend sicher. Zu viel hatte sie schon erlebt, obgleich sie kaum die dreißig überschritten hatte: die tote Oma, der sie am Kirschbaum begegnet war, die früh ertrunkene Schwester, die am Todestag Gegenstände in der Wohnung verrückte. Und im Sigmaringer Schloss klapperte eine böse Landgräfin mit Geschirr, die dereinst ihren Gatten mit Kompott vergiftet hatte.

Kittys Augen blitzten im Scheinwerferlicht der SWR-Kamera im winterfinsteren Innenhof der Ludwigsburger Schlossanlage. Auf dem Kopf trug sie eine Schirmmütze, im schwäbischen Herzen hatte sie sich die Unerschrockenheit alten Adels ohne Besitz bewahrt, ihr Atem formierte Kältegeister. »Wir helfen nur«, erklärte sie. »Spukerscheinungen verunsichern die Menschen. Man belächelt sie, man glaubt ihnen nicht. Wir glauben ihnen und gehen der Sache nach. In der Hälfte der Fälle finden wir etwas. Geister lassen sich messen.«

»Mit dem Spuk auf Du und Du«, titelte ich im Kopf meinen Artikel.

Der Kamerascheinwerfer holte das Medium Janette ins Licht, eine schwermütige Hausfrau, deren Kinder ausgeflogen waren und die nun ihrer Bestimmung folgen konnte. »Ich spüre den Tod«, sagte sie, »das klingt seltsam, aber es ist so.« Zur Bande gehörten noch zwei Jungs mit Schirmmützen, Laptops, Mikros, Diktafon, Infrarotgeräten und Kameras. Für das Spektakel hatte die Schlossverwaltung nur die Schlosskirche und den Fasskeller öffnen wollen. Nebenan im Restaurant feierte eine Hochzeitsgesellschaft die in der Schlosskirche überstandene Trauung. Liebe lag in der Luft. Gerade war hier ein Segen gesprochen worden und zwar ein katholischer, also ein gültiger. Wird sich da ein Gespenst zeigen wollen?, fragte ich mich, während die Geisterjäger von der Bodenseeseite der Schwäbischen Alb Laptops verstöpselten und Messgeräte aufbauten.

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