Drei Wochen, nachdem ich hier ankam, hat mich Babaji verheiratet! Da fragte mich Babaji eines Tages: "Can you marry Dr. Martin tomorrow? You marry Dr. Martin. Possible?"13 waren seine genauen Worte. Ja, da saß ich nun. In mir war kein Gedanke, es war nur Freude, unbändige Freude. Ich hab nicht eigentlich gedacht: Oh, wie schön oder oh, wie schrecklich. Ich hab mich nur gefreut, dass er mich das gefragt hat."
Geheiratet hat Kamalata einen Schweizer, der sein Leben als Psychiater in Zürich abgebrochen hatte, als Schüler zu Babaji gekommen war, und von ihm den Namen Hari Govind erhielt. Während der heißen Monsunzeit im Sommer lebt Kamalata nun mit ihren zwei Söhnen in Deutschland. Sie hat eine Wohnung in Rieferath, einem kleinen Dorf in der Nähe von Bonn, in dem es auch heute einen Babaji Ashram gibt. Für ihren Unterhalt sorgen die Schwiegereltern. Hari Govind lebt jetzt schon seit acht Jahren in Haidakhan und ist einer der wenigen, die ständig im Ashram leben.
"1970 habe ich das Buch gelesen von Yogananda ‚Die Autobiographie eines Yogi’“ erzählt Hari Govind, „und da habe ich ja sehr viel über Babaji gehört und in dem Moment hat meine Seele gewusst, dass Baba mein Guru ist. Ich wusste nur, ich muss gehen. Es war absolut, hundertprozentig klar in einer Sekunde. Da gab es gar nichts dran zu rütteln."
Hari Govind hat daraufhin mit seinem bisherigen Leben gebrochen. Es hat ein Jahr gedauert, bis er alle seine Verpflichtungen gelöst hatte und zu Babaji nach Haidakhan kam.
"Ich habe alles abgebrochen. Ich habe nur gewusst, so kann ich nicht weiterleben, wie ich bisher gelebt hab. Und dann... dann hat er übernommen. Ich habe einfach realisiert, dass er der ist, den ich mein ganzes Leben lang gesucht hatte. 34 Jahre war ich damals. Und dann, als ich ihn dann sah, da wusste ich, es war richtig. Da hatte ich die Gewissheit. Ja, und dann gingen die Prüfungen los. Ich hab am Anfang viele Tränen geweint, es war hart, sein Training, die ersten Monate war er eher abweisend... äußerlich abweisend. Innerlich hatte ich sehr viel erfahren. Ich muss sagen, mein Leben hat erst angefangen dort. Das ist wirklich wahr. Es war die Dimension, die zu erleben ich eigentlich 34 Jahre vergeblich gesucht hatte. Die ging dann eben langsam auf, das kann man natürlich nicht an einem Tag machen. Man bekommt Krankheiten. Ich bin noch nie in meinem Leben so viel krank gewesen. Ich hab Malaria, Hepatitis, Amöben gehabt, zwanzig Monate war ich am Rande der Erschöpfung. Nach den zwanzig Monaten hat er mich dann weggeschickt."
Zurückgekehrt in den Westen war noch einiges zu erledigen. Ein Haus zu verkaufen, eine Wohnung aufzulösen, Klarheit zu schaffen.
Heute ist Hari Govind Feuer-Yogi am Dhuni, der heiligen Feuerstelle in Haidakhan. Babaji hat das vedische Feuerzeremoniell als Ausdruck der Gottesverehrung wieder eingeführt. Bei dieser Zeremonie werden am Feuer Mantren rezitiert und Reis, Butterschmalz, Früchte, Blumen und Weihrauch geopfert. Nach der Andacht werden Früchte oder Süßigkeiten, die an der Feuerstelle gesegnet wurden, an alle Versammelten verteilt. Zweimal am Tag, bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang zelebriert Hari Govind dieses Feueropfer. Mir wurde bei meinem Aufenthalt in Haidakhan immer wieder erzählt, dass sich der Segen, der davon ausgeht, auf die ganze Region erstrecke. Es habe seit der Wiedereinführung der Feueropfer keine Dürrekatastrophe mehr gegeben und die Ernten seien besser geworden.
Nach hinduistischer Auffassung leben wir derzeit im Kali Yuga, dem dunklen Zeitalter, was jetzt zu Ende gehen soll. In einem 2000 Jahre alten Schriftstück wird diese Zeit so charakterisiert: Eine Zeit, in der Besitz allein Vorrang hat, Reichtum als einzige Tugend gilt, nur Leidenschaft Mann und Frau verbindet, und nur Unwahrheit zum Erfolg führt, der Genuss der Sinne als höchste Glückseligkeit gilt und äußere Form mit wahrer Geistigkeit verwechselt wird.
Im Gegensatz dazu steht Babajis Lehre vom Leben in Einfachheit, Liebe und Wahrheit.
"Er hat durch Erfahrung gelehrt. Er hat keine Vorträge gehalten, sondern hat im praktischen Leben deine Erfahrung vermittelt, und zwar direkt durch das Herz oder durch den Geist. Er hat dich ständig wissen lassen, dass er genau weiß, was du denkst, in jedem Moment, dass er immer dabei ist. Auch, wenn er physisch nicht anwesend war, hat er dich wissen lassen, dass er genau wusste, was in deinem Geist los war und in deinem Herzen. Er hat keine philosophischen Vorträge gehalten, sondern durch das praktische Leben gelehrt, durch Karma Yoga, durch Gottesdienst und durch seine individuelle Schulung. Es ging ihm um Wahrheit, Einfachheit und Liebe."
Außer dieser Inspiration, von der auch die Gruppe "Super Tramp" in ihrem Lied "Babaji" singt, beschränkte sich die Lehrmethode Babajis auf das strikte Befolgen der Ashramregel. Frühes Aufstehen, morgens und abends ein Bad im Fluss, danach gemeinsames Singen und Arbeit für die Allgemeinheit wurden verlangt. Dasselbe wird auch heute von Besuchern praktiziert. Der Tag beginnt früh in Haidakhan, sehr früh. Beim ersten Lesen des Tagesplanes hielt ich noch alle verrückt, die aus freien Stücken um vier Uhr morgens im eisigen Fluss baden wollten. Es war noch ziemlich kalt nachts im Februar. Ich verweigerte am ersten Morgen so frühes Aufstehen, und zauderte auch, als ich dann um sechs Uhr aus meinem Schlafsack kroch, die 108 Stufen zum Fluss hinunterzusteigen, um im Fluss zu baden. Ich benutzte die Dusche im Tempelbereich, die eigentlich nur Alten und Kranken vorbehalten war. Durch das verspätete Aufstehen hatte ich allerdings auch die morgendliche Feuerzeremonie, das Havan, verpasst. Erst am Abend bei Sonnenuntergang konnte ich dabei sein, und da stand es dann für mich fest: keine einzige Feuerzeremonie wollte ich mehr versäumen. So sehr war ich von der Kraft und der Energie, die davon ausgingen, berührt. Das Aufstehen am nächsten Morgen war einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte. Auf dem Weg zum Fluss schützte mich eine Decke vor dem nächtlich kalten Wind und belohnt wurde ich durch die unübertroffene Pracht des Himalaya-Sternenhimmels und die unwirkliche Stille der Nacht in diesem weltfernen Tal. Dieser erste nächtliche Gang zum Fluss war ein Erlebnis und ebenso das angenehm prickelnde Gefühl auf der Haut nach dem Bad im kalten Wasser, dann die allmählich aufsteigende Wärme und das Sitzen am Feuer. Es war ein tiefes stilles Glück, das mich da zum ersten Mal erfasst hat. Und so erging es mir mit allem, wogegen ich mich vorerst innerlich gewehrt hatte. Jedes Mal, wenn ich meinen Widerstand aufgab, spürte ich den Segen, der daraus kam.
Allen, die zu ihm kamen, sagte Babaji immer wieder: Karma Yoga, also selbstlose Arbeit zum Wohle der Allgemeinheit, ist der beste, leichteste und schnellste Weg zu Gott. In Haidakhan ist Karma-Yoga ein paar Stunden am Morgen und ein paar am Nachmittag ein wichtiger Teil des Tagesplanes. Jeder tut, was er kann und wofür er sich am besten eignet... in der Küche, im Garten, im Hospital oder im Büro, beim Bauen oder Renovieren eines Gebäudes. Während Babaji hier wirkte, sind schier unglaubliche Arbeiten geleistet worden mit den primitivsten Hilfsmitteln. Ein halber Berg wurde abgetragen, ein Tempelbezirk gebaut, der Fluss reguliert, die Wohngebäude errichtet. Und all das ohne technische Hilfsmittel. Mit seiner Energie hat er ungeahnte Kräfte in jedem einzelnen mobilisiert. Babaji hatte nie eine sehr große persönliche Anhängerschaft gesucht. Sein kleiner Ashram, nur über das gewundene Flusstal des Gautama Ganges beschwerlich zu Fuß zu erreichen, und kilometerweit von der nächsten Landstraße entfernt, hätte nie die vielen Tausende anlocken können, die andere Gurus und Heilige anziehen. Verehrt wurde er von den Anhängern aller Religionen. Von Hindus, Christen, Buddhisten, Juden, Sikhs, Moslems, auch Atheisten fanden den Weg zu ihm und zu seiner Botschaft. "Folge der Religion, die in deinem Herzen ist. Geh deinen Weg in Liebe, Einfachheit und Wahrheit, das ist die Essenz aller Religionen." Jeder Weg, jede Religion führt letztlich zum Ziel, wenn WAHRHEIT, EINFACHHEIT und LIEBE drin leben.
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