„Theres, ihr seid jetzt schon so lange zusammen und vertragt euch doch gut. Warum heiratet ihr nicht?“
Theres ist von dieser überraschenden Frage unangenehm berührt. „Warum sollen wir denn heiraten? Bei meiner letzten Entbindung hat der Doktor gesagt, dass ich keine Kinder mehr bekomme. Denk auch daran, der Hans ist zehn Jahre jünger. Vielleicht findet er doch mal eine Jüngere interessanter, die er dann heiraten will.“
„Nein, das will Hans ganz gewiss nicht. Weibergeschichten hat er bestimmt nicht mehr im Kopf. Das hat er schon alles hinter sich. Außerdem, ihr seid beide katholisch und ihr lebt in Sünde! Was sollen denn die Leute denken!“
„Ach, die Leute sind mir egal. Auch Hans macht sich wegen der Sünde nicht viele Gedanken. Ich bin doch gut versorgt. Warum soll ich meine Unabhängigkeit aufgeben?“
Doch die Stockinger Mutter gibt nicht so schnell auf: „Denk an das sechste Gebot: Du sollst nicht Unkeuschheit treiben. Was sollen seine Schwestern denken? Die Leute im Dorf reden schon hinter meinem Rücken. Wir sind eine ehrenhafte Familie; so was gibt es bei uns einfach nicht. Übrigens Hans ist auch meiner Meinung; er will dich sofort heiraten. Denk auch an deine Kinder! Was sollen sie von ihrer Mutter halten?“
Es stimmt, Hans hat schon ein paar Mal Andeutungen gemacht, dass er gerne die Ehe eingehen möchte.
Doch Theres hat diese Andeutungen immer geflissentlich überhört. Wer hätte denn auch einen Vorteil? Die Töchter wachsen heran. Die werden eines Tages ihre Einstellung verstehen. Aber sie wird sie noch fragen. Natürlich will sie dem guten Ruf der christlichen Familie nicht schaden. Theres will im Moment nicht weiter über das Thema „Heirat“ diskutieren. So sitzen die vier noch recht angenehm beisammen und der Abend endet harmonisch.
Am nächsten Morgen verabschiedet sich die Stockinger Mutter. Theres begleitet sie noch zum Postbus.
Am Nachmittag bespricht Theres das „Heiratsthema“ mit den Mädchen.
Doch sie wollen, dass die Mutter heiratet. Dann sind sie wieder eine „amtliche“ Familie. Thereses Meinung wird schwankend, aber einige Restbedenken kann sie einfach nicht von sich weisen. Soll sie durch die Heirat, die den Verlust ihrer Pension bedeutet, wirklich ihre finanzielle Sicherheit, ihre Unabhängigkeit, ihre Tätigkeit auf der Waage und ihre Wohnung aufgeben? Sie hat bei diesen Gedanken kein gutes Gefühl. Aber wie soll sie es vermeiden, weiterhin mit Hans in „Sünde“ zu leben ohne „Schande“ über seine christkatholische Familie zu bringen?
Sie muss sich entscheiden, entweder für die gesetzliche Ehe oder das Ende der Beziehung. Hans kehrt nach einigen Tagen bestens gelaunt aus dem Manöver zurück. Theres berichtet vom Besuch seiner Mutter. Er freut sich, dass sie sich alle so gut verstanden haben. Den Wunsch seiner Mutter und Schwestern kennt er sowieso.
Am nächsten Tag kommt Hans mit Blumen nach Hause und macht Theres einen ganz offiziellen Heiratsantrag. Theres nimmt an! (1934)
Sechs Wochen später heiraten sie. Die Trauung findet in der Oberen Pfarr und die kleine Feier danach im Riedenburger Hof statt.
Das sündhafte Verhältnis ist beendet. Sie ist nun „Frau Weber“.
(Name geänd.)
FAMILIE WEBER (BAIERISCH WEWA) UND LENTING
Natürlich liebt Hans seine Theres von Herzen. Trotzdem, so schnell hätte die Hochzeit normal nicht sein müssen. Auch nicht wegen dem „in Sünde leben“. So eine starke Moral hat er auch wieder nicht. Aber er hatte ständig die Angst im Nacken, dass Theres doch mehr über seine nicht ganz so brave Vergangenheit erfahren würde.
Nein, er ist kein Krimineller, aber seine vorehelichen, ausschweifenden Weibergeschichten, seine gelegentliche Sauferei in den Wirtshäusern und nicht zuletzt die Kinder, die er unehelich gezeugt hat, wären für Theres Grund genug gewesen, nicht nur die Heirat abzulehnen, sondern auch die Beziehung sofort abzubrechen.
Aber nun ist sie seine Frau! Nun kann nichts mehr passieren!
In seiner Freizeit arbeitet Hans sogar fleißig mit Freunden und Verwandten am Hausbau. Der Keller ist schon ausgehoben und betoniert. Die Wände wachsen in die Höhe.
Theres ist über den Verlust ihrer Anstellung etwas traurig. So glänzend sind die Zeiten 1934 auch nicht. Gott sei Dank hat sie ein finanzielles Polster als Rückhalt.
Die Dienstwohnung am Nordbahnhof müssen sie in Kürze verlassen. Zwar ist das Haus noch nicht fertig, aber auf Grund seiner Heirat bekommt Hans eine Dienstwohnung im Lentinger Wallmeisterhaus gestellt. Die Wohnung ist zwar sehr schön, aber oh je, die Familie muss aufs Land.
Für Hans, den „Dörfler“, ist das kein Problem, aber Theres und die Töchter sind gegen den Umzug. Aber da hilft nichts, die „Schanzerinnen“ werden zu „Landfrauen“.
Obwohl Theres Wald, Wiesen, Blumen, Sträucher, Bäume und Gärten sehr mag, ist ihr die Mentalität der Landbewohner einfach fremd. Die erste Zeit hat sie Schwierigkeiten, sich damit zurechtzufinden.
Bald stellt sie fest, dass der Bürgermeister, der Pfarrer und der Hauptlehrer die wichtigsten Personen sind, die in ihrer Dorfhierarchie gleich hinter Gott stehen. Man geht hier in erster Linie nicht zur Sonntagsmesse, um zu Gott zu beten, sondern um vom Pfarrer gesehen zu werden. Theres besucht das Hochamt, wie sie es aus der Stadt gewohnt ist, in eleganter Aufmachung, mit Kostüm, Hut, Fuchspelz und modernen Pumps.
Schon hört sie die Frauen, die überwiegend noch die bäuerliche Tracht tragen, untereinander tuscheln: „Habts es die Weberin heit gsehn? So a neimodisches Kostüm hots oghabt und so an Hout hats aufghabt, und a no an Pöz und hohe Schouh!“ (Habt ihr die Weberin heute gesehen? So ein neumodisches Kostüm hat sie angehabt und so einen Hut hat sie aufgehabt, und auch noch einen Pelz und hohe Schuhe.)
In Zukunft werden ihre Kirchenbesuche weniger.
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