Alois: Das Bill-Ding! Der kann sich bestimmt ein paar Industriespione besorgen. Wo soll ich denn so etwas herbekommen?
Charles: Früher waren Sie immer sehr gut darin herauszufinden, wieviel etwas kostet! Da kennen Sie niemanden mehr? Dem Bill-Ding bin ich gegenüber vorsichtig.
Alois: Ich werde mich noch einmal umhören. Da muss doch nur irgendjemand den Müll von denen durchsuchen und ein paar Rechnungen wieder zusammenkleben! Das ist doch richtig?
Charles: Ja, ich brauche keine Detailzeichnungen von der Technik!
Alois: Na gut!
Den Müll durchsuchen und alte Rechnungen wieder zusammenkleben, war wirklich nichts für Bill. Er suchte den Kontakt zu seiner zweiten Zielperson, Gael. Es war auch gutes Training mit ihm durch den Wald zu laufen. Bill musste nicht nur Essen um sich seine Muskelberge zu bewahren, sondern auch zumindest etwas trainieren. Er lief dann das Stück von Sassnitz bis Hagen. Gael wäre anders doch nur wieder einkaufen gefahren. Es schien die Sonne und gegen einen Spaziergang war nichts zu sagen. Schon stand er vor der Pension, in der Gael wohnte.
Bill: Los, wir gehen ein Stück spazieren. Den ganzen Tag vor dem Computer hocken ist bestimmt nicht gesund.
Gael: Ich muss die Seite von dem Herrn Kahn organisieren! Ich habe gerade wieder einen Mann ins Boot geholt. Für mich arbeiten gerade etwa 40 Leute und da soll ich blau machen? Hast du sie noch alle?
Bill: Nur zwanzig Minuten!
Bill war Martins Einraumwohnung schon erfolgreich eine Stunde entkommen. Das musste man ausbauen. Es sollte ein Spaziergang bleiben. Gael blickte zum Himmel.
Gael: Gut, es bleibt sonnig!
Bill: Ja, keine Wolken zu sehen! Los geht’s!
Gael: Wer achtet beim Wetter den heutzutage noch auf die Wolken! Man muss nur sehen, ob sich die Abgasstrahlen der Linienmaschinen kreuzen!
Bill: Wer erzählt denn so einen Mist?
Das Internet!
Gael: Mit den Abgasstrahlen werden Wolken mit Regenpulver geimpft und immer, wenn die Strahlen sich im Himmel kreuzen, plant der betreffende Staat ein Unwetter. Damit werden die Zahlen bei Demonstrationen gesenkt.
Bill: Das ist ein Mist, den du faselst, das weißt du doch oder? Komm wir gehen! Ich habe von deinem Chef einen Sack voll Böller bekommen. Wenn du Silvester mit mir durch die Gegend läufst, kannst du auch ein paar abfackeln? Wir können unterwegs ja trotzdem an der Seite weiterarbeiten und der Applikation von dem Herrn Kahn. Was soll denn da alles rein?
Bill war wieder ein Spion. Sein erster Plan noch vor Charles Dunbar zu erfahren, was im Auritbericht stand, war gescheitert und er wollte dem bereits eingeweihten Ex-Agenten wenigstens nachziehen. Er war aber nur ein kleines Rad im Getriebe der Informationsbeschaffung. Das Charles Dunbar eigentlich aus dem Spiel um Aurit durch die Ermittlungen gegen ihn ausgestiegen war, hatte ihm niemand gesagt. Solche Quellen hatte er einfach nicht. Die einzige Quelle, auf die er Zugriff hatte, war Gael Peter Assimov und der war voller Desinformationen und hatte vom Aurit sowieso nur die Hälfte mitbekommen. Hätte Bill zum Beispiel direkt nach dem Verbleib von Sebastian Seneca und Kublai Kahn gefragt, hätte er ihm allerdings direkt geantwortet. Das vermied er, denn in seiner schon lange zurückliegenden Ausbildung hatte man ihm direkte Fragen ab- und wilde Spekulationen angewöhnt. Mit dem fehlenden Puzzleteil Horst war ihm ein beträchtliches Stück der Geschichte entgangen und mit dieser Methode würde es wohl noch ein Weilchen dauern, bis er auf Zeitreisen und Sternenzerstörer gekommen wäre. Und dann, wenn er daraufgekommen wäre, bliebe er für das erste auf dem Informationsstand von Charles Dunbar. Die Frage, wieviel das Raumschiff Horst denn einbringen konnte, war etwas für Hagen van de Volk in China. Er konnte mit so mächtigen Zahlen noch umgehen und hatte die Bretz Holding schon fast durch die Wirtschaftskrise gebracht. Für Tyler Stalko hatte er die Frage schon klären können. Es gab Ermittlungen gegen ihn. Der Verdacht war aufgekommen, dass er Informationen an China abtrat. Man brauchte die Unterlagen der Bretz Holding. Natürlich blieb Gael der einzige, der offiziell arbeiten durfte. Man verließ sich auf die Geheimdienste, um etwas inoffiziell gegen die Atommacht China in der Hand zu haben. Wieso auch sollte es eine offizielle Sache werden. Hagen van de Volk hätte von den Teilpatentverträgen ja nichts erzählen können. Das wäre ja Spionage gewesen. Wieder gab es nur ein Interesse an alten Rechnungen. Es war erstaunlich, dass es überhaupt noch Mitwisser gab, die den Namen von Aurit kannten. Es diente nur noch als Mittel um Spionage zu genehmigen. Es war ohne Kalten Krieg reichlich schwer geworden, Personal vom Krieg gegen den Terror oder Gegenspionage abzuziehen. Alles war mit anderen Dingen beschäftigt.
Sakura Alisa Chong: Tyler, wieso kommen Sie mit so etwas immer zu mir? Ich bin in der Gegenspionage!
Tyler: Sie meckern ja nur, weil es Arbeit ist. Die paar Sicherheitslücken können auch noch bis morgen warten. Geben Sie doch zu, dass Ihnen die Arbeit, bei der Sie keine endlosen Berichte schreiben müssen, besser gefällt.
Sakura: Wenn wir eine Sicherheitslücke ausgenutzt haben, müssen wir auch Berichte schreiben und zwar nicht wenige!
Tyler: Kommen Sie schon. Sie schaffen das doch nur alle zwei Jahre einmal! Was soll das auch werden, wenn man für so einen fingierten Angriff nur legale Software verwenden darf! Ihr Schattenkrieger seid doch erst glücklich, wenn ihr echte Kryptografie bearbeiten dürft.
Sakura blieb ruhig. Das Ausnutzen von eigenen Sicherheitslücken erforderte Monate von Vorbereitung. Tyler dachte wohl, man klickte hier und drückte dort und ein Hackerangriff beginnt. Es waren minutiös geplante Überfälle und zwar wirklich nur mit legalen Mitteln, wenn sie von den Schattenkriegern der Gegenspionage ausgeführt werden sollten. Richtige Codebrecher fielen immer noch unter die Gesetze des Arms Trading Tracking. Wenn Schattenkrieger in Eigenregie arbeiteten und - wie es Tyler richtig bemerkte - sie keiner dabei kontrollierte, durften sie keine echten Waffen besitzen. Sakura machte sich klein, um nichts von ihren Projekte zu verraten, von denen nur sie etwas wusste.
Sakura: Oh China? Und das ist legal?
Tyler: Ja, es ist eine internationale Unternehmung. Es geht um Industriespionage. Die Papiere, um die es geht, gehören eigentlich uns. Die Außenstelle sitzt nur in China. Das ist alles!
Sakura: In China ist jeder zweite mit einem Computer ein Hacker. Die Sicherheit bei Firmen ist dort hoch, gerade bei ausländischen.
Tyler: Machen Sie sich Sorgen, dass Sie erwischt werden?
Sakura: Nein, wenn ich erwischt werde, ist der Computer kaputt und mehr nicht. Das Problem sind die Geschütze, die ich hier auffahren muss. Ich habe lange nicht mehr mit chinesischen Protokollen gearbeitet. Die haben da drüben ein völlig anderes Internet. Eigentlich müsste man Countrynet dazu sagen. Man kommt nur über Satellit über die Grenze und die Verbindungen werden streng kontrolliert.
Sakura sprach eigentlich vom Tor-Netzwerk, dem Darknet oder Deep Web. Das wurde genau dafür programmiert. Es sollten sich Menschen wie Martin Bretz absprechen können, zum Beispiel mit der CIA, die dann etwa China befreit. Es war etwas vom Staat gewollt, das kein Staat kontrollieren konnte.
Tyler: Sie machen sich doch Sorgen, dass man Sie erwischt!
Sakura: Nein, bei dem Auftrag kann ich Fraps verwenden. Das Programm ändert alle paar Sekunden meine Identität. Selbst wenn alles schiefläuft, brauche ich nur 600 Euro für einen neuen PC. Im Schattenkrieg gibt es keinen Rückzug.
Fraps schützte schon einen erheblich langen Zeitraum erfolgreich Internetplattformen von Hackern. Frau Chong hätte sich also durch nichts von einem normalen Hacker unterschieden. Als Tyler die Tür hinter sich schloss, begann sie mit den Vorbereitungen für den Überfall und rief ein paar Freunde an.
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