Heute unterscheiden wir zwischen traditioneller und rationaler Phytotherapie: In der traditionellen Pflanzenheilkunde setzt man weniger auf einzelne Wirkstoffe, sondern mehr auf das Zusammenspiel vieler Faktoren. So setzt man Bittermittel (Amara) viel breiter ein, zum Beispiel auch als Stärkungsmittel bei Erschöpfungszuständen, während die rationale Phytotherapie gezielt den Bitterwert einer Pflanze und seine Wirkung auf die Magensaftproduktion untersucht. Die rationale Phytotherapie ist kontrolliert und beruft sich auf klinische Studien.
Vielen Heilpflanzen schreibt man jedoch auch Wirkungen zu, die sich auf Körper, Geist und Seele beziehen. Denn offenbar stärken sie die Fähigkeit zur Selbstheilung und setzen über das Immunsystem die Abwehrkräfte in Gang. Weil sich nicht immer klären lässt, welcher Inhaltsstoff entscheidend ist, kann man vermuten, dass gemäß der traditionellen Phytotherapie das ganze Wirkstoffspektrum der Pflanze eine Rolle spielt. Am besten verbindet man also die Präzision der rationalen Phytotherapie mit Erfahrung und Intuition der traditionellen Phytotherapie. Und genau diese Kombination hat sich in der Frauenheilkunde bewährt.
FRAUENKRÄUTER BEI MYOMEN
Erstens wählt man Frauenkräuter, die den Hormonspiegel ausgleichen, z. B. Schafgarbe, Hirtentäschel und Rotklee. Sie enthalten hormonähnliche Substanzen, die das Wachstum von Myomen reduzieren oder ganz unterbinden. Diese Phytoöstrogene kommen nur in Pflanzen vor und gehören zu den Polyphenolen, einer wichtigen und großen Gruppe von Bioaktivstoffen. Sie besetzen einen Teil der Rezeptoren, an denen normalerweise das Östrogen andockt. So erhält die Hypophyse die Meldung, dass der Hormonspiegel im Lot ist. Doch weil Phytoöstrogene biochemisch keine Hormone sind, beeinflussen sie auch den Östrogenspiegel nicht negativ, sondern bringen ihn sogar in die richtige Balance. Modern gesprochen, handelt es sich um durchaus sinnvolle Fake News in Richtung Hypophyse, die eine zentrale Rolle bei der Regulation des Hormonsystems spielt.
Auch durch richtige Ernährung können Sie Eisenmangel ausgleichen, der durch Blutverlust verursacht wird.
Details finden Sie auf → Seite 8und in der Lebensmitteltabelle → Seite 36 ff. beim Kreuzchen zur Blutbildung.
Zweitens setzt man Heilpflanzen ein, die Blutungen verhindern oder sogar stillen, damit es nicht zur Folgeerkrankung Anämie kommt: Gerbstoffhaltige Pflanzen wie Frauenmantel, Blutwurz und Wiesenknopf verengen die Blutgefäße und helfen bei zu starker Blutung. Hirtentäschel wird wegen seiner blutungsregulierenden Eigenschaften auf die Gebärmutter ebenfalls bei starker Blutung empfohlen.
Drittens können Heilpflanzen Krämpfe und Schmerzen lindern: Salicylsäurever-
bindungen in Weidenrinde und Mädesüß sind Schmerzstiller, Cumarine in Gänsefingerkraut, Bitterstoffe in Frauenmantel und Schafgarbe helfen bei Krämpfen im Unterleib, Phenolsäuren und Flavonoide in Brennnesseln wirken ebenfalls schmerzstillend.
PFLANZENHEILMITTEL
Wenn nicht operiert werden muss, können Sie Myome mit natürlichen Heilmitteln bekämpfen oder sie zumindest am Wachsen hindern. Zur Vorbeugung eignet sich Phytotherapie generell, ebenso wie eine konsequente Umstellung der Ernährung (→ Seite 24 ff.).
TEEMISCHUNG BEI MYOM
Trinken Sie 4 bis 8 Wochen lang täglich 2 Portionen dieser Teemischung:
1Je 30 g Schafgarbe und Hirtentäschel sowie je 20 g Besenginster und Frauenmantelkraut in einem Schraubglas oder einer Teebüchse mischen.
2Pro Teeportion 1 TL dieser Mischung in eine normal große Tasse geben, mit heißem (nicht mehr kochendem) Wasser aufgießen und 7 Minuten zugedeckt ziehen lassen.
3Etwa drei Tage, bevor die nächste Menstruation einsetzt, die Portionen auf 4 Tassen pro Tag steigern und bis zum dritten Tag der Monatsblutung trinken.
Beachten Sie bitte:Hirtentäschelkraut nicht allein verwenden, denn dann wirkt es nicht zuverlässig. Und Schafgarbe keinesfalls stärker dosieren, weil sich der gewünschte Effekt dann ins Gegenteil verkehrt, die Blutung also stärker wird.
TEEKUR BEI BLUTUNGEN
145 g Weinlaubblätter, 30 g Brennnesselblätter, 15 g Schafgarbenkraut und 15 g Frauenmantelkraut mischen.
2Für die tägliche Dosis 2 bis 3 EL der Mischung mit 1 l heißem (nicht mehr kochendem) Wasser übergießen, knapp 15 Minuten zugedeckt ziehen lassen, dann abseihen.
3Den Tee nach den Mahlzeiten über einen Zeitraum von 6 bis 8 Wochen lang trinken.
TROPFEN BEI STARKER BLUTUNG
Lassen Sie sich in der Apotheke 25 ml Blutwurzeltinktur, 15 ml Hirtentäscheltinktur und 15 ml Wiesenknopftinktur mischen, und nehmen Sie davon 2- bis 4-mal täglich 15 bis 20 Tropfen mit etwas Wasser ein.
TEEMISCHUNGEN GEGEN KRÄMPFE
Beide Mischungen helfen. Wählen Sie einfach, was Ihnen besser schmeckt.
Mischung 1:
160 g Mädesüßblüten, 25 g Erdrauchkraut, 25 g Gänsefingerkraut, 15 g Frauenmantelkraut und 10 g Heidekrautblüten mischen.
2Pro Anwendung 1 gehäuften TL mit 1 großen Tasse heißem (nicht mehr kochendem) Wasser aufgießen und zugedeckt 10 bis 12 Minuten ziehen lassen, dann abseihen.
Davon können Sie 2 bis 4 Tassen täglich möglichst vor oder zu den Mahlzeiten trinken, und zwar 4 Wochen durchgehend, dann bei Besserung reduzieren.

Mischung 2:
140 g Fenchelsamen, 35 g Schafgarbenblüten, 25 g Kamillenblüten sowie 20 g Majorankraut mischen.
2Pro Anwendung 1 gehäuften TL der Mischung mit 1 großen Tasse heißem (nicht mehr kochendem) Wasser aufgießen und zugedeckt 10 bis 12 Minuten ziehen lassen, dann abseihen.
Zwischen den Mahlzeiten täglich 2 bis 4 Tassen trinken und den Tee ebenfalls 4 Wochen durchgehend anwenden und erst bei spürbarer Besserung reduzieren.
PRÄPARATE
Bei zu starken Blutungen: 3-mal täglich 1 bis 2 Dragees Styptysat plus (Bürger) mit Hirtentäschel und Vitamin K. Als ausgleichendes Basismittel wirkt Frauenmanteltinktur: 3-mal täglich 3 bis 5 Tropfen CERES Alchemilla Urtinktur (ALCEA) über einen längeren Zeitraum einnehmen.
KRÄUTER SELBST SAMMELN
Bei einer gezielten Phytotherapie ist es nicht sinnvoll, Kräuter selbst zu sammeln, denn gewöhnlich braucht man stark konzentrierte Präparate als Tinkturen, Extrakte, Kapseln oder Dragees, die Sie in der Apotheke bekommen. Auch für Teemischungen geht man besser in die Apotheke oder in ein Kräutergeschäft, das sich auf Phytopharmaka spezialisiert hat. Kräuterwanderungen sind zeitaufwendig, und selbst wenn Sie sich gut auskennen, müssen Sie die richtigen Plätze finden. Sammeln ist nicht immer möglich: Hirtentäschel wächst zwar das ganze Jahr über, doch für Schafgarbe, Frauenmantel und andere Heilpflanzen trifft das nicht zu. Und damit Kräuter optimal wirken, müssen sie fachgerecht getrocknet und aufbereitet werden.
Selbst gesammelte und frisch gepflückte Garten- und Wildkräuter sind jedoch sehr hilfreich zur Unterstützung der Phytotherapie, weil man sie zum Beispiel in Salat, Smoothies oder Rohkost mischen kann. Dazu finden Sie Tipps und Rezepte → ab Seite 132.
SCHUTZ DURCH PFLANZEN
Vor allem die Inhaltsstoffe von Artischockenblättern und Mariendistelsamen unterstützen die Leber in ihrer Funktion. Bitterstoffe, Phenole und Flavonoide in Artischocken fördern die Fettverdauung, wirken entkrampfend und tragen so zur Entlastung der Leber bei. Silymarin in Mariendistelsamen macht lebergiftige Substanzen unschädlich, fördert den Gallenfluss und hilft bei der Regeneration von Leberzellen. Außerdem entschärft Silymarin aggressive Sauerstoffverbindungen und dient damit auch dem Immunsystem.
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