1.4.1.1 Besondere Normen für die Bischofsweihe
Die Bischofsweihe ist dem Papst reserviert und ohne seinen Auftrag ist eine solche Weihe verboten (c. 953). Bei Nichteinhaltung dieser Vorschrift werden die beteiligten Bischöfe und der Empfänger ipso iure suspendiert, wobei der Erlass dieser Strafe dem Apostolischen Stuhl vorbehalten ist (c. 2370). Mit dem Dekret des Hl. Offiziums vom 9. April 1951 wurde diese Vorschrift noch verschärft: Wenn ein Bischof, egal welchem Ritus er angehört, jemanden auch aus schwerer Furcht ( metu gravi) zum Bischof ohne Zustimmung des Apostolischen Stuhls weiht, wird er ipso facto exkommuniziert und der Nachlass der Strafe ist specialissimo modo dem Apostolischen Stuhl reserviert. Dieselbe Strafe gilt auch für den Geweihten, auch wenn er sich aus schwerer Furcht weihen ließ. 43
Für eine erlaubte Weihespendung muss der Bischof - Hauptkonsekrator im Normalfall noch zwei weitere Bischöfe zur Assistenz hinzuziehen, sofern er davon vom Apostolischen Stuhl keine Dispens bekam (c. 954). In besonderen Fällen, wenn es sich z. B. um abgelegene Gegenden handelt, beauftragt der Apostolische Stuhl zwei Priester, die statt der zwei vorgeschriebenen Bischöfe bei der Bischofsweihe assistieren. 44
Bei der Bischofsweihe war bis in das 20. Jahrhundert die Rolle der zwei oder mehr Bischöfe neben dem Hauptkonsekrator nicht eindeutig geklärt, nämlich ob diese Bischöfe ebenfalls die Spender der Bischofsweihe sind oder ob sie nur als bloße Zeugen assistieren. Diese Frage entschied kraft seiner päpstlichen Vollmacht erst Papst Pius XII. mit seiner Apostolischen Konstitution Episcopalis Consecrationis vom 30. November 1944 45: die bischöflichen Assistenten sollen ‘Mitkonsekratoren’ (Conconsecratores) genannt werden, weil sie die Mitspender der Bischofskonsekration sind. 46Aus diesem Grund müssen die bischöflichen Mitkonsekratoren die entsprechende Intention zu weihen haben und bestimmte Gebete zusammen mit dem Hauptkonsekrator rezitieren. Die Motivation für das Festhalten an den mindestens drei Bischöfen-Spendern der Bischofsweihe war mehr die „ Rechtssicherheit zur Gewährleistung der apostolischen Sukzession “ als die sichtbare Eingliederung des neugeweihten Bischofs in das Bischofskollegium. 47
1.4.1.2 Diakonen- und Priesterweihe
Jeder soll vom eigenen Bischof (Episcopus proprius) oder mit dem Entlaßschreiben von diesem geweiht werden (c. 955 § 1), 48der eigene Bischof soll persönlich seine lateinisch-katholischen Untergebenen - Weihekandidaten weihen, wenn er daran nicht gehindert ist. Wenn es sich um seine Gläubigen orientalischen Ritus’ handelt, darf er sie erlaubterweise nur mit einem päpstlichen Indult weihen (c. 955 § 2). Der für die Weltkleriker zuständige eigene Bischof ist der Diözesanbischof, in dessen Diözese der Kandidat für den Klerikerstand seinen Wohnsitz (domicilium) 49und zugleich seinen Abstammungsort (locus originis ) 50hat oder in dessen Diözese der Kandidat nur seinen Wohnsitz, aber nicht seinen Abstammungsort hat 51- in diesem zweiten Fall muss jedoch der noch nicht inkardinierte Weihekandidat seine feste Absicht bestätigen, in der Diözese bleiben zu wollen. Wenn es sich bereits um einen Kleriker handelt, der die Diözese wechselt, muss er vor seiner Weihe dieses Versprechen abgeben. Befreit von diesem Eid sind diejenigen Kandidaten, welche für eine andere Diözese geweiht werden sowie Religiosen der nicht exemten Ordensgemeinschaften (c. 956). Wenn ein Bischof außerhalb seines eigenen Territoriums das Weihesakrament erteilen will, benötigt er dazu die Erlaubnis des dortigen Ortsordinarius nur, falls er bei der Zeremonie die Pontifikalien verwendet (c. 1008).
Damit der eigene Ordinarius (Ordinarius proprius) seinen Untergebenen erlaubterweise weiht, muss er sich vergewissern – bei der Erteilung der höheren Weihen muss der Bischof sogar aufgrund positiver Auskünfte die moralische Gewissheit ( moraliter certus ) gewinnen –, dass der Weihebewerber die vom Kirchenrecht vorgeschriebenen Eigenschaften besitzt und mit keiner Irregularität oder keinem Hindernis behaftet ist (c. 968 § 2 i. V. m c. 973 § 3). Im Allgemeinen darf der Bischof die Tonsur und die Weihe nur dann erteilen, wenn der Weihebewerber die Absicht hat, auch die Priesterweihe zu empfangen und wenn man voraussetzen kann, dass aus ihm ein guter, würdiger Priester werden wird (c. 973 § 1).
1.4.1.3 Weiheentlaßschreiben
Zum Bereich der Anforderungen an den Weihespender gehört ebenso das Verfassen des Weiheentlaßschreibens (litterae dimissoriae), auch Weihedimissorien genannt – ein Thema, welches im Codex sehr detailliert behandelt ist. Diese Weihedimissorien sind eine Bestätigung über die Eignung des Weihekandidaten zum Empfang der Weihe und zugleich Beauftragung eines konkreten katholischen, dem Kandidaten fremden Bischofs zur Durchführung der Weihe, weil nicht jeder Bischof für die Erteilung von Weihen zuständig ist und gleichzeitig nicht jeder Ordinarius zur Erteilung der Weihen befähigt ist. Zweck dieser Erlaubnis zur Spendung der Weihe ist es, „ die fehlende Zuständigkeit zu ersetzen .“ 52Die Zuständigkeit für die Ausstellung der Dimissorien für die weltlichen Weihebewerber ist in c. 958 § 1 näher bestimmt: der eigene Bischof, auch wenn er nach dem Ergreifen seiner Diözese noch nicht zum Bischof geweiht wurde (1°), der Generalvikar nur mit einem besonderen Auftrag des Bischofs (mandatum speciale, 2°), der Kapitelsvikar (Vicarius Capitularis) mit der Zustimmung des Kapitels nach einem Jahr des vakanten Bischofsstuhles; nur in einer Ausnahmesituation darf er es auch innerhalb des Trauerjahres tun (3°) 53. Der Kapitelsvikar darf die Dimissorien außerdem keinem Weihekandidaten ausstellen, der vom Bischof zurückgewiesen worden ist (§ 2).
Bei der Ordination von Weihekandidaten unter Ordensleuten gelten folgende Regeln: Zuständig für die Ausstellung der Dimissorien für exemte Religiosen 54ist ihr höherer Oberer (c. 964, 2°), d. h. der regierende Abt oder bei zentralistischen Orden der Generalobere und der Provinzial. Für die Weihekandidaten mit den zeitlichen Gelübden darf ihr Ordensoberer in Übereinstimmung mit c. 574 die Dimissorien nur zum Empfang der Tonsur und niederen Weihen erteilen (3°). Für die Weihekandidaten der nicht exemten Ordensgemeinschaften gelten dieselben Vorschriften wie für die weltlichen Bewerber, deswegen bekommen sie Dimissorien nicht von ihren Ordensoberen, sondern von ihren Diözesanbischöfen. Allerdings gab es Privilegien in einigen solchen Fällen. 55Aber CIC/1917 widerruft jedes Indult für die Erteilung des Entlaßschreibens durch den Oberen zum Empfang der höheren Weihen durch einen Kandidaten mit nur zeitlichen Gelübden (4°). Die Weihedimissorien zur Erteilung der (höheren) Weihen an die Religiosen werden an den Diözesanbischof gerichtet, in dessen Diözese das Kloster (domus religiosa) steht, zu dem der Weihekandidat gehört (c. 965). Auch in diesem Fall besaßen einige Ordensgemeinschaften Privilegien, entweder die Dimissorien an jeden beliebigen Bischof 56oder an den Bischof des Studienortes des Weihekandidaten ausstellen zu dürfen. 57Außer im Falle eines Privilegs darf sich der Ordensobere in folgenden Situationen an einen fremden Bischof wenden: Wenn es der Diözesanbischof erlaubt hat, wenn der Diözesanbischof einem anderen Ritus angehört, wenn er abwesend ist, wenn er in der nächsten Zeit (nach c. 1006 § 2) keine Weihen erteilt, wenn der Bischofssitz vakant ist oder der neue Ordinarius kein Bischof ist (c. 966 § 1)
1.4.2 Entwicklung zwischen 1917 und 1983
Apostolische Konstitution Sacramentum Ordinis vom 30. November 1947 fokussiert im Wesentlichen Materie und Form des Weihesakramentes. Als die einzige Materie der Diakonen-, Priester- und Bischofsweihe wurde die Handauflegung durch den Bischof (Episcopis manus impositio) bestimmt. 58
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